Ich habe ein Flair für spielerische GPS-Apps. Man nennt dieses Genre auch Mixed Reality Game. «Gbanga Familia» ist ein prominenter Schweizer Vertreter, der vor zehn Jahren zu einer gewissen Popularität kam. Seinen bisherigen Höhepunkt hat diese Spielart, bei dem man an realen Standorten in der Welt virtuelle Dinge tut 2016 mit dem Hype um «Pokémon Go» erreicht.
Seitdem ist es ruhiger geworden. Das verwundert auch nicht wirklich, denn die Methoden, wie man ein digitales Spiel in der realen Welt verankern kann, sind bekannt und überschaubar: Man kann Leute Dinge suchen und sammeln lassen, Orte erobern und verteidigen und mit Leuten in der Nähe interagieren. Oder man verbindet Sport und Unterhaltung, wie es «Zombies, Run!» tut – wenngleich dieses Konzept nicht wirklich auf die reale Umgebung Bezug nimmt.
Einem weiteren Spiel aus dieser Kategorie bin ich vor ein paar Tagen begegnet – obwohl es schon seit zehn Jahren existiert: Munzee. Es ist eine Art digitale Schnitzeljagd, die man für sich oder mit anderen betreiben kann: Weniger elaboriert als Geocaching und nicht ganz so nervenaufreibend wie «Pokémon Go» – aber trotzdem eine interessante Sache, wenn man in seiner bekannten Umgebung neue Fleckchen entdecken möchte oder mit Kindern unterwegs ist.
Der gute, alte Sammeltrieb, digital wiederbelebt
Es gibt Munzee als App fürs iPhone und für Android. Die Idee ist simpel: Man sucht nach versteckten Gegenständen, einem sogenannten Munzee (das Wort geht gemäss Wikipedia auf die Münze zurück).
Ein Munzee ist nicht wie bei einem Geocache ein Behälter wie eine Dose oder Kiste, in der weitere Rätsel, Aufgaben, Hinterlassenschaften früherer Finder oder Belohnungen enthalten sind.
Nein, es handelt sich um simple QR-Codes: Die scannt man über die Kamera des Smartphones, um den Munzee als gefunden zu registrieren. Nebst den QR-Codes gibt es auch virtuelle Munzees, die als gefunden gelten, wenn man sich in ihre Nähe begeben hat.
In der App werden die Munzees der Umgebung aufgeführt. Man kann sie entweder als Markierung in der Kartendarstellung oder in Form einer nach Entfernung sortierte Liste anzeigen lassen. Tippt man einen Munzee an, dann erscheint eine Kompassnadel, die anzeigt, in welcher Richtung man suchen muss und wie weit man noch entfernt ist. In den Details findet sich eine Beschreibung und oft auch ein Hinweis, wonach man suchen muss.
In den Städten, in denen ich nachgesehen habe, ist das Angebot an Munzees gross genug für einen Versuch, der einem nicht gleich einen Tagesmarsch abverlangt. In kleineren Gemeinden oder auf freier Flur oder im Wald herrscht überwiegend Flaute.
Doch fast schon monsterhaft: Taschenkreaturen
So weit, so simpel. Um die Sache interessanter zu machen und den Jagd- und Sammlertrieb zu wecken, gibt es eine ganze Reihe von Munzee-Typen, die unterschiedliche Eigenschaften haben und dem Finder mehr oder weniger Punkte einbringen. Hier gibt es unter anderem die Pouch Creatures, die an die gleichen Instinkte appellieren wie «Pokémon Go».
Mit den gesammelten Punkten erhöht man seinen Spielerlevel und rutscht in der globalen Rangliste nach oben. Es gibt auch Abzeichen zu erringen und viele weitere Finessen, die das Spiel auf Dauer interessant halten sollen. Das seltsame Z-Symbol in der linken unteren Ecke führt zu den ZeeOps. Das sind vom Betreiber vorgegebene Missionen. Für Anfänger wie mich beinhalten Sie Aufgaben wie die Absolvierung des Tutorials und die Platzierung eines eigenen physikalischen Munzees. Über das Schwert-Symbol in Orange beteiligt man sich an den sogenannten Clan-Kriegen, wofür man sich einem Clan anschliessen muss.
Ach ja, wenn jemand einen guten Clan weiss, der mich aufnehmen würde oder sich im Spiel mit mir befreunden will: Ich bin als MrClicko unterwegs.
Selbst Munzees auslegen
Wer mag, kann auch eigene Munzees ausbringen: Physische Munzees kann man selbst ausdrucken und laminieren oder als Sticker kaufen. Um sie auszuwildern, benutzt man die App. Nun hat man die Chance, Punkte durch Nichtstun zu bekommen – nämlich, indem jemand diesen Munzee findet.
Was mir an Munzee gefällt, ist die unkomplizierte Spielweise. Man kann auch zwischendurch bei einem Spaziergang ein paar Munzees aufsammeln, ohne dass es gleich in eine Obsession à la «Pokémon Go» oder in eine zeitraubende Expedition à la Geocaching ausarten würde. Allerdings ist das Spielprinzip des Objekte-Einsammelns halt schon ziemlich in die Jahre gekommen – es könnte einen modernen, neuen Dreh vertragen. Aber klar, wenn ich wüsste, was das wäre, würde ich die App selbst lancieren und die Idee nicht hier im Blog ausplaudern.
Es gibt ein paar Details, die mich stören: Erstens könnte die App eine optische Auffrischung vertragen. Zweitens macht sie einen trägen Eindruck. Insbesondere reagiert der Kompass mit der Abstandsangabe so langsam, dass ich mitunter schon am Zielpunkt vorbeigelaufen bin, während noch eine Distanz von sechs oder neun Metern angezeigt wird.
Die App hat einige Mankos
Ausserdem haben viele der Munzees nur eine nichtssagende Beschreibung und keinen Hinweis. Da die GPS-Lokalisierung immer nur auf ein paar Meter genau erfolgt und auch die Kartendarstellung nicht maximal präzise ist, bleibt einem nichts anderes übrig, als in alle Richtungen zu blicken, bis man irgendwann fündig wird – oder auch nicht. Denn es kann immer sein, dass ein Munzee entfernt wurde oder von selbst abgefallen ist.
Das birgt Frustpotenzial. Immerhin: Im Verlauf lässt sich nachsehen, wann ein Munzee das letzte Mal gefunden worden ist. Wenn das schon Jahre her ist, scheint mir die Wahrscheinlichkeit hoch, dass er nicht mehr existiert. Es wäre sinnvoll, wenn man schon länger nicht mehr entdeckte Munzees auf der Karte ausblenden oder besonders markieren lassen könnte.
Als Gegenmittel in solchen Frust-Momenten hält die App über das Bomben-Symbol rechts unten die sogenannten Blast Captures bereit. Wenn man einen Blast zündet, werden die Munzees in einem gewissen Umkreis eingesammelt. Ein Mini Blast erfasst bis zu fünfzig Munzees im Umkreis einer Meile. Ein Blast sammelt im gleichen Radius hundert Munzees ein und der Mega Blast erweitert das auf 500 Munzees.
Wers auf die gemütliche Tour haben will, muss zahlen
Und wenn wir in den letzten zehn Jahren irgendetwas über die Monetarisierung digitaler Apps gelernt haben, dann ist uns an dieser Stelle völlig klar, dass es diese Blasts nicht kostenlos gibt, sondern nur gegen echtes Geld. Man bezahlt für die Blasts in sogenannten Zeds (ein Mini Blast kostet 225 Zeds, ein Blast 445 Zeds und ein Mega Blast 2110 Zeds).
Diese Zeds werden im Store erworben, wobei es in dem eine erschlagende Auswahl an Produkten gibt. Die Zeds gibt es oft in Bundles mit vielen anderen Produkten; aber wenn man sie einzeln kauft, zahlt man vier US-Dollar für 500 Zeds. Es gibt schliesslich eine Premium-Mitgliedschaft, mit der man in der App auch Extra-Funktionen wie zusätzliche Filtermöglichkeiten in der Karte freischaltet. Diese Premium-Mitgliedschaft kostet drei US-Dollar im Monat oder dreissg US-Dollar im Jahr.
Zwei Tipps zum Ende
Zwei Tipps zum Abschluss (dieses Blogposts) und zum Einstieg (in Munzee):
- Die App lässt sich über das Menü links oben via Settings (Einstellungen) auf Deutsch umschalten. An gleicher Stelle wechselt man bei Units (Einheiten) von Meilen auf Kilometer.
- Nützliche Hinweise und Erklärungen in Deutsch gibt es auf munzeewiki.de. (Das, wenn mich nicht alles täuscht, mit Dokuwiki betrieben wird.)
Beitragsbild: Ein heisser Tipp: Mit Smartphone fällt die Suche nach den Munzees in der Umgebung leichter (Katerina Kerdi, Unsplash-Lizenz).