Das ist die Kamera, die ich heute nicht gekauft habe

Die Nikon Z5 hat mich in ein Dilemma gestürzt. Soll ich eine Kamera kaufen – oder kann ich es genausogut bleiben lassen?

Eine neue Kamera zu kaufen, ist derzeit ein schwieriges bis unmögliches Unterfangen. Und ja, es ist gut möglich, dass es nur mir so geht. Aber ich tue mich schwer mit diesem Entscheid.

Für mich selbst ist das im Grund kein Problem. Ich bin technisch gut ausgestattet: Meine D7000 ist zwar bald zehn Jahre alt, aber sie verrichtet ihren Dienst klaglos. Fürs Video habe ich die Sony AX100e im Einsatz und mit dem iPhone 11 lässt es sich auch hervorragend fotografieren. Es ist darum mehr eine theoretische Überlegung, was ich tun würde, wenn ich die D7000 zur Zweitkamera würde degradieren wollen.

Doch das fehlende Bedürfnis ist für uns Technik-Freak natürlich kein Grund, nicht über Neuanschaffungen nachzudenken. Solcherlei Überlegungen wurden bei mir durch die Nikon Z5 (Amazon Affiliate) ausgelöst, die zu testen ich derzeit das Vergnügen habe. Der Bericht dazu ist gestern erschienen: Eine tolle Kamera mit einem dicken Ja, aber.

Und damit sind wir bei der Ursache für meine Unentschlossenheit: Wenn  ich die D7000 würde ablösen wollen, dann nicht mit dem direkten Nachfolgemodell – was mutmasslich die D7500 wäre (Amazon Affiliate).

Die grosse Kamera muss deutlich mehr bieten als das Smartphone

Nein: Da die Smartphone-Kameras in den letzten zehn Jahren massive Fortschritte gemacht haben, müsste auch die «richtige» Kamera zulegen. Damit ich Lust habe, die grosse Kamera mitzuschleppen, muss die mir einen deutlichen Mehrwert bieten.

Die besseren Objektive und die grössere Bandbreite bei den Brennweiten sind und bleiben ein grosser Vorteil – zumindest in manchen Situationen. Doch ein Trumpf, der bei den grossen Kameras immer sticht, ist die Anmutung der Aufnahmen. Wenn an dieser Stelle eine Analogie aus dem Kulinarik-Bereich erlaubt ist: Die Bilder der grossen Kamera sind ein Gourmet-Gericht, während die Smartphone-Schnappschüsse mehr nach Kantine schmecken.

Das liegt vor allem am Sensor und dessen Grösse. Er ermöglicht es, mit der Schärfentiefe zu spielen und gibt den Fotos ihre eindringlichere Wirkung. Und ja, man kann die Tiefenschärfe inzwischen künstlich verringern – und ich lehne diese Methode auch nicht mehr kategorisch ab, wie ich das anfänglich getan habe (Ist das noch Fotografie?). Aber echt ist und bleibt besser – das schleckt keine Geiss weg.

Mit anderen Worten: Wenn ich mir eine neue Kamera anlachen würde, dann müsste es eine mit Vollformat-Sensor sein – und wegen der Grösse und des Gewichts würde ich wohl oder übel zu einer Systemkamera (ohne Spiegel) wechseln.

Nach Sonnenuntergang mit der Z5 aus der Hand fotografiert.

Womit wir wieder bei der Z5 und dem Preis von deutlich über 2000 Franken sind. Er ist für meine fotografischen Gewohnheiten zu hoch. Ich möchte preislich in der Liga der D7000 bleiben. Ich weiss nicht mehr genau, was ich damals für die bezahlt habe. Der offizielle Preis belief sich auf 1600 Franken. Aber ich glaube mich zu erinnern, dass ich günstiger weggekommen bin.

Geht es auch günstiger, wenn man eine Vollformat-Systemkamera möchte?

Darum die Frage: Geht es nicht etwas günstiger in der Kategorie der spiegellosen Vollformat-Kameras?

Nikon fährt eine offensichtliche Strategie: Die Z-Serie ist vorerst eine Art Königsklasse für technologische Avantgardisten. Wenn man mit einem Vollformatmodell einigermassen günstig wegkommen möchte, muss man zu einer herkömmlichen Spiegelreflexkamera greifen.

Die günstigste Wahl mit Vollformat-Sensor ist bei Nikon, falls ich das richtig sehe, die D610 (Amazon Affiliate): Für sie legt man weniger als 1000 Franken auf den Tisch. Doch sie ist noch ein deutliches Stück grösser als meine D7000 (113 × 141 × 82 Millimeter statt 105 × 132 × 77 Millimeter) – und die bewegt sich schon am oberen Ende dessen, was ich herumschleppen möchte.

Noch ein Skateboarder, mit der Z5 eingefangen. Beide Beispielbilder sind unbearbeitet.

Mit anderen Worten: Die Kamera, die ich im Moment haben möchte, gibt es  nicht. Das wäre eine noch etwas weiter abgespeckte Z5. Man darf gespannt sein, ob und wann es die geben wird.

Nikon untreu werden?

Tja, und natürlich könnte man an dieser Stelle noch ein ganz anderes Fass aufmachen. Man könnte die Frage nach einem Herstellerwechsel stellen – und sich umschauen, welches denn die günstigsten Vollformatkameras sind. Hier habe ich eine Übersicht von Modellen mit und ohne Spiegel gefunden; sinnloserweise ohne Preisangaben.

Wenn man das tut, stösst man unweigerlich auf die Sony A7 II (Amazon Affiliate). Und ja – das wäre ungefähr das, was mir vorschweben würde. Aber lasst es ja nicht mein Tagi-Gspändli Rafael Zeier wissen, dass ich ernsthaft über diese Kamera nachdenke: Er ist bekennender Sony-Fotograf und würde so schnell nicht vom Haken lassen.

Mit Low-ISO und einer Fünftelsekunde belichtet – da wird jeder zum Tour-de-France-Sieger.

Aber nein – ich besitze zu viele Objektive, um leichtfertig umzusatteln. Das gilt auch angesichts der Überlegung, dass diese alten Objektive am neuen Z-Bajonett der spiegellosen Kameras nur mit Adapter nutzbar sind. Aber das ist besser als gar nicht. (Und ja, ich weiss, dass es Adapter gibt, mit denen man Nikon-Objektive an Sony-Kameras bekommt. Aber diesen Weg würde ich nur ausgemachten Masochisten empfehlen.)

Fazit: Ich bin nicht so ganz mit Nikons Produktstrategie einverstanden. Aber mir leuchtet auch ein, dass gerade auch dieser Hersteller sehen muss, wo er bleibt. Wir erinnern uns: Olympus hat vor Kurzem die Waffen gestreckt (Die Smartphone-Fotografie fordert ein prominentes Opfer). Ich denke, dass aus Nikons Sicht die Hochpreisstrategie vermutlich gar nicht so dumm ist.

Und ich kann warten. Drückt mir einfach die Daumen, dass ich die D7000 nicht versehentlich in einen See oder in eine Schlucht fallen lasse.

Beitragsbild: Die D7000 und die Z5 – mit dem Portraitmodus des iPhone fotografiert.

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