Apple, das spassbefreite Unternehmen

OldOS ist eine App, die detailgetreu iOS 4 simuliert, das bald zwölf­jährige iPhone-Betriebs­system. Die zum Laufen zu bringen, ist knifflig – genau­so wie andere Nos­tal­gie­pro­jek­te, z.B. zur Wieder­bele­bung des iPods.

Ich verstehe Apple nicht. Da gibt es diesen Typen, Zane bzw. @zzanehip auf Twitter, der etwas gemacht hat, das ich gleichzeitig toll und fragwürdig finde. Er hat nämlich iOS 4 als iPhone-App nachgebaut.

Die App OldOS simuliert das Betriebssystem, das im Juni 2010 herausgekommen ist und auf dem iPhone 3G lief, später dann auch auf dem 3GS. Doch natürlich ist diese App nicht im Store zu finden. Wenn man sie verwenden möchte, muss man entweder so viel Glück haben, via Testflight an eine Test-Installation heranzukommen – die Kontingente sind aber, so weit ich sehen kann, restlos aufgebraucht. Es lohnt sich aber, Zane auf Twitter zu folgen, weil er ab und zu neue Links postet, auch von Leuten, die OldOS über einen eigenen Testflight-Account zur Verfügung stellen.

Zweite Möglichkeit: Man kompiliert die App selbst, indem man den Quellcode von Github herunterlädt und über Apples Entwicklerumgebung XCode in ausführbarer Form aufs Telefon verfrachtet. Dazu benötigt man einen Entwickler-Account. Ich habe diesen Weg einmal ausprobiert und verrate, wie weit ich gekommen bin.

Eine Liebeserklärung ans iPhone

Warum ist eine solche App nicht im Store zu finden? Man wird nicht falsch liegen, wenn man Apple legalistische Gründe unterstellt, die App aus dem Store fernzuhalten: Vermutlich verletzt die Simulation des alten Systems eine Unzahl an Lizenzen und Urheberrechten. Aber warum nicht einfach darüber hinwegsehen? Schliesslich ist OldOS eine Liebeserklärung an die Anfänge von iPhone und iPad. Es weckt Erinnerungen und treibt die nostalgische Verklärung voran. Und gleichzeitig führt es vor Augen, wie gross die Entwicklung in den letzten gut zehn Jahren war: Das könnte Grund genug sein, die App im Store prominent anzupreisen.

Das iPhone mit iOS 7, das leider schon nicht mehr den klassischen Look von iOS4 zu bieten hat.

Zane jedenfalls ist erstaunlich jung für derartige nostalgische Anwandlungen. Gemäss seinem Blog ist er 18 Jahre als – was zur Vermutung führt, dass er noch kein Smartphone-Besitzer war, als iOS 4 offiziell veröffentlicht worden ist. Doch bei ihm ist das Programm: Er sei der 18. Anführer der NAAS-Bewegung; das Kürzel steht für Nostalgia as a Service. Er hat noch andere Pfeile im Köcher, unter anderem eine App, die einen voll funktionsfähigen iPod als App nachbildet. Und ja, ich würde zu den Leuten gehören, die dafür zwanzig Franken zahlen würden – obwohl ich selbst nie einen «normalen» iPod, sondern nur einen iPod Shuffle und später einen iPod Touch besessen habe.

Auch der iPod würde sich gern wie Phönix aus der Asche erheben

Projekte wie das gibt es einige: Eines heisst Rewound und wird von Entwickler Louis Anslow vorangetrieben. Ein anderes stammt Elvin Hu und ist natürlich auch nicht im App-Store angelandet. Der Fall von Rewound wird im Blogpost Apple Banned Rewound aufgerollt:

Rewound wurde speziell entwickelt, um die Markenrechte von Apple nicht zu verletzen, und das haben wir auch nicht getan. Rewound konnte vielerlei Gestalt annehmen. Erst als die Nutzer anfingen, Clickwheel-Skins zu teilen und zu verwenden, flog die App aus dem Store.

Immerhin das funktioniert: Spotify mit iPod-Look im Browser nutzen.

Und klar, dass die Leute genau das getan haben. Es liegt auf der Hand – und dass Apple kein Auge zudrückt, ist einfach nur kleinlich. Ein weiterer Vorwurf: «Die Leute würden es mit einem Apple-Produkt verwechseln.»

Und wenn schon – Apple ist einfach ein total spassbefreites Unternehmen. Immerhin; wer mag, kann ein iPod-Interface im Browser nutzen. Die App verbindet sich mit Spotify oder Apple Music und spielt dann Musik von dort: tannerv.com/ipod.

Also, zurück zu OldOS und zur Frage, ob ich es geschafft habe, die App auf meinem iPhone zum Laufen zu bringen. Ich habe mir als erstes Xcode aus dem Mac-App-Store besorgt, was mit 12,7 GB ein ziemlicher Download-Brocken darstellt. Und es zeigt sich auch gleich, dass die Arbeit mit Xcode auf meinem sechs Jahre alten Macbook Pro kein Spass ist: Die Umgebung ist so träge, dass man seine Zeit primär mit Warten zubringt.

Xcode ist auf dem sechs Jahren alten Macbook eine mehr als träge Angelegenheit.

Als ich probehalber ein leeres Projekt (natürlich «Clickomania» benannt) anlege, dauert das Kompilieren ein paar Sekunden, aber das Starten der App im iPhone-Simulator eine gefühlte Ewigkeit. Immerhin, wenn der Simulator einmal läuft, ist die Ausführungsgeschwindigkeit erträglich.

Build failed

Was nun OldOS angeht, bin ich gescheitert. Es erschien die Meldung «Build failed» mit einer Latte von Fehlermeldungen bezüglich fehlender Packages. Das Problem scheint bei der Xcode-Version zu liegen.

Leider hebt das OldOS-Projekt mit Xcode 13 nicht ab.

Ich habe über den Store Version 13.3 installiert, aber die Kompatibilität scheint nur bis und mit Version 12.5 gewährleistet: «Please do not build with Xcode 13», schreibt Zane auf Github. Nun, damit ist meine Leidensfähigkeit erst einmal ausgeschöpft. Ich werde Xcode aber nicht sogleich löschen, sondern sehen, ob ich dieser Entwicklungsumgebung ein eigenes Projekt entlocken kann.

Beitragsbild: Auch wenn ich iOS 4 nicht zum Laufen bekommen habe – iOS 7.1.2 läuft auf meinem iPhone 4 von 2010 noch einwandfrei. Bedauerlicherweise hat es bereits den neuen, flachen Look, was der Nostalgie daher wahrscheinlich ein wenig abträglich sein könnte.

One thought on “Apple, das spassbefreite Unternehmen

  1. Das erste Problem ist, dass Apple keine Apps ausserhalb des Stores erlaubt (von Eigenkompilaten mal abgesehen). Das ist an und für sich schon speziell: wenn Dell vor 20 Jahren einen PC herausgebracht hätte, auf dem man nur von Dell freigegebene Anwendungen hätte installieren können, wären sie ausgelacht und der PC nicht verkauft worden. Da wurden wir langsam und schleichend in die Falle gelockt und finden es weder seltsam, Geld für virtuelle Münzen auszugeben noch als Entwickler 30 % an Apple oder Google zu bezahlen.

    Das zweite Problem ist, dass Apple nicht nur die Sicherheit prüft vor der Aufnahme einer App in den Store, sondern auch die „Qualität“ der App. Apps ohne „erkennbaren Nutzen“ werden abgelehnt, so auch Büro-Anwendungen, die auf interne Systeme zugreifen oder ein Quiz für eine Gewerbeausstellung. Dass die nicht sichtbar im Store erscheinen, erscheint mir logisch, aber freigegeben und per Suche auffindbar sollten sie sein. Besonders wenn man bedenkt, dass penetrante Werbeeinblendungen und zweifelhafte Spielsysteme, welche Kindern das Geld aus der Tasche ziehen, kein Problem für die Qualitätskriterien sind.

    Wer „Spass am Gerät“ haben will, muss also bei Android bleiben. Was ich persönlich schade finde, denn Hard- und Software von Apple sind sehr fortschrittlich. Man stelle sich vor, was man auf einem iPad mit M1-Chip alles installieren könnte, wenn man denn dürfte…

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