Bei iOS 10 hat Apple ein «Feature» eingebaut, die mich damals empörte und bis heute nervt: die Neuerung verunmöglicht es, Bildschirmfotos von kopiergeschützten Videoinhalten zu nehmen.
Konkret äussert sich das so, dass in einem Screenshot von einem Fenster der Netflix-App oder einem anderen Streamingdienst vom Video nichts zu sehen ist. Stattdessen erscheint nur eine schwarze Fläche. Schuld ist HDCP, ein Verschlüsselungsverfahren, das audiovisuelle Inhalte vor «Diebstahl» schützt.
Früher liess sich die Beschränkung komfortabel via Windows umgehen. Doch inzwischen schwärzt auch das Snipping Tool von Microsoft Videobereiche. Und es stellt sich die Frage: Müssen wir uns dem beugen? Oder kommen wir auch heute noch an unsere Screenshots heran?
Mit Firefox klappt es einfach
Zum Glück ist letzteres der Fall. Es geht sogar einfach, über die Screenshot-Funktion von Firefox. Es gibt die seit längerer Zeit. Sie wurde immer mal wieder umplatziert und ist inzwischen am einfachsten über die Tastenkombination Ctrl
Shift
s
zugänglich.
Sie lässt sich auch unkompliziert über das Kontextmenü aktivieren: Wir klicken mit der rechten Maustaste auf die zu fotografierende Website (aber nicht auf einen Link) und wählen Bildschirmfoto aufnehmen aus dem Kontextmenü.
Die Funktion ist auch über das Menü Mehr Werkzeuge ansteuerbar, das beim Klick auf den Knopf in der Symbolleiste mit den beiden nach rechts zeigenden Winkeln erscheint. Über den hier verfügbaren Knopf Symbolleisten anpassen lässt sie sich auch aus diesem sogenannten Überhangmenü in die Symbolleiste ziehen, sodass sie ohne Umwege angeklickt werden kann.
Beim Klick erscheint ein Menü mit den beiden Knöpfen Gesamte Seite speichern und Sichtbaren Bereich speichern. Der erste Knopf ist wirklich praktisch zur vollständigen Dokumentation langer Websites. Fürs Netflix-Bildschirmfoto reicht aber der zweite Knopf.
Es gilt einiges zu bedenken
Zwei Nachteile hat die Methode:
- Wir müssen warten, bis die eingeblendeten Steuerelemente verschwunden sind, weil die sonst mit auf dem Screenshot sind.
- Das Standbild wird nicht in der Originalauflösung gespeichert, sondern skaliert.
Es lohnt sich daher, das Fenster grosszuziehen, damit die Auflösung ungefähr der des Videos entspricht. Da moderne Bildschirme meist mehr Auflösung als Full-HD haben (1920 × 1080 Pixel), halten sich die Verluste in Grenzen – auch wenn es mich als Puritaner natürlich nervt, dass ich die Pixel nicht eins zu eins abgreifen kann.
Der Trick für Chrome und Microsoft Edge
In den meisten anderen Browsern funktioniert diese Methode nicht. Sie machen das HDCP-Spielchen mit, sodass es über die eingebaute Screenshot-Funktion ebenfalls ein schwarzes Foto einfängt. Es gibt Erweiterungen wie hier Video Screenshot für Chrome, die damit wirbt, Standbilder nicht nur von Netflix, sondern auch von Disney+, Vimeo, Hulu und Youtube zu ziehen – und zwar in nativer Auflösung und ohne die eingeblendeten Steuerelemente.
Ich habe das für Youtube und Netflix ausprobiert, und es funktioniert tatsächlich. Damit wir die optimale Auflösung erhalten, müssen wir das Browser-Fenster aber trotzdem auf die passende Grösse bringen, denn auch Netflix scheint bei einem kleinen Fenster bloss eine heruntergerechnete Variante auszuspielen. Nettes Detail am Rand: Die Erweiterung benennt die Screenshots aussagekräftig mit Quelle, Film- oder Seriennamen und Titel der Episode.
Übers Ziel hinausgeschossen
Mir bleibt an dieser Stelle festzuhalten, dass das hier ein typischer Fall ist, bei dem die Interessen der Industrie stärker gewichtet werden als die der Konsumenten. Natürlich gibt es Leute, die Schwarzkopien von Filmen und Serien in Umlauf bringen. Das tun sie allerdings trotz des HDCP-Kopierschutzes, weil der sich anscheinend auch beim Bewegtbild umgehen lässt.
Gleichzeitig erschwert es allen Nutzerinnen und Nutzern, die keine Piraterie betreiben, ihre Rechte wahrzunehmen. In den USA erlaubt es die Fair-Use-Regelung, solche Screenshots für Besprechungen, Kommentare, Berichterstattung, Lehre, Wissenschaft und Forschung zu nehmen. In der Schweiz und in Deutschland ist die Sache etwas weniger klar. Mein Hausjurist (ChatGPT) verweist auf Artikel 25 aus dem Bundesgesetz über das Urheberrecht, in dem es heisst, dass veröffentlichte Werke zitiert werden dürfen, «wenn das Zitat zur Erläuterung, als Hinweis oder zur Veranschaulichung dient und der Umfang des Zitats durch diesen Zweck gerechtfertigt ist».
Für mich als Nichtjurist klingt das so, als ob ich meine Netflix-Besprechungen mit den passenden Screenshots illustrieren dürfte. Denn was sollte der Streamingdienst auch dagegen haben? Schliesslich helfen Blogs dabei, die Produktionen bekannt zu machen und tragen zum Umsatz bei – und es steht ausser Frage, dass eine solche Berichterstattung in Zeiten sozialer Medien nicht ohne Bilder auskommt.
Also, warum keine grosszügige Screenshot-Regelung? Und wenn man – aus welchen Gründen auch immer – findet, auf HDCP beharren zu müssen, dann könnte man wenigstens einen grosszügigen Fundus an offiziellen Screenshots bereitstellen, aus dem sich Blogger und Journalistinnen bedienen können. Das ist den Damen und Herren bei den Streamingdiensten aber auch zu viel Arbeit: Ich habe notorisch Mühe, gutes Material zu finden, sodass ich keine Wahl habe, als die Print-Screen-Taste in Aktion zu versetzen.
Beitragsbild: Geschossen wird bei Netflix ständig, aber die Screenshot-Taste ist tabu (Karolina Kaboompics, Pexels-Lizenz).