Schon ewig ein Teil des Internets

Es fühlt sich manch­mal an wie eine Ehe – die Be­zie­hung zwi­schen dieser Web­site hier und mir. Und wenn es eine Ehe wäre, stünde die Silber­hoch­zeit an.

Ich habe (mal wieder) ein Jubiläum verpasst. Und zwar nicht irgendeines, sondern eines von Bedeutung. Würde es sich um einen Hochzeitstag handeln, wäre es der silberne.

In gewisser Weise ist der Vergleich mit einer Ehe nicht verkehrt. Es geht in der Tat um eine intensive Beziehung. Sie wurde zwar nicht im Standesamt besiegelt, aber das ändert nichts dran, dass ich mit dem Jubilar verheiratet bin. Er verlangt mir einiges ab – aber er gibt mir auch sehr viel.

Damit ist die Analogie ausgereizt und ich spreche endlich Klartext: Es geht um diese Website hier. Ich habe vor 25½ Jahren, am 7. Mai 1999, Clickomania.ch registriert. Wie sie damals aussah, lässt sich auf Archive.org nachsehen. Die älteste dort erhaltene Fassung stammt vom 17. August 2000 und zeigt das ursprüngliche Layout, das ich im Schweisse meines Angesichts von Hand gebastelt habe.

Noch aus dem letzten Jahrhundert

Clickomania hatte einen Vorläufer, der auf dem Server meines damaligen Arbeitgebers untergebracht war. Ein Archive.org-Snapshot vom 2. Dezember 1998 ist erhalten geblieben. Meine allererste Homepage ist zwei Jahre älter: Sie ging am 10. Juli 1996 bei Geocities ans Netz und wurde zum Glück vom Cyberwind verweht.

Wenn ich darüber nachdenke, finde ich es überraschend, wie lange mich dieses Internet schon fasziniert. Das tut es inzwischen genau die Hälfte meines Lebens – und auch wenn ich ihm erst vor ein paar Tagen den Tod gewünscht habe, so finde ich es nach wie vor toll, mit einer eigenen Website etwas dazu beisteuern zu können.

Natürlich lässt sich die Sache auch aus der gegenläufigen Blickrichtung betrachten, quasi von meiner Geburt her. Sie zeigt mich als digitalen Immigranten, der die Hälfte seines Lebens ohne das Internet zugebracht hat.

Als die meisten Gedanken nur in meinen Kopf gewohnt haben

Wenn ich es aus Perspektive betrachte, packt mich das von Mani Matter besungene metaphysische Gruseln: Es gab tatsächlich eine Zeit in meinem Leben, in der ich nicht jeden Gedanken in die Welt hinausposaunen konnte. Ich bin irgendwie damit klargekommen, dass er nur in meinem Kopf existiert. Die Gedanken, die unbedingt rausmussten, habe ich in mein Tagebuch geschrieben. Eine (für einen introvertierten Menschen eher abwegige) Möglichkeit bestand natürlich auch darin, ihn in Gegenwart einer Freundin, eines Bekannten oder Familienmitglieds laut auszusprechen.

An dieser Stelle gibt es zwei mögliche Abzweigungen für diesen Blogpost: Der eine Weg führt direkt in die Melancholie und zur bitteren Einsicht, dass meine Website nach 25. Jahren ein Relikt der Vergangenheit ist. Leute von heute tummeln sich bei Linkedin, Instagram, Tiktok oder gar bei Threads. Den anderen Pfad habe ich beschritten, als ich vor ein paar Tagen dem Internet den Tod gewünscht und mich trotzig für das unabhängige Web ausgesprochen habe.

Das hier ist die erste Garde

Beides wäre der feierlichen Stimmung, die ich hier verbreiten möchte, nicht angemessen. Also, darum schamlose Beweihräucherung des Jubilars und seines Ehepartners. Und wie ginge das besser als durch den Nachweis, dass Clickomania zum absoluten Kernbestand des Webs zählt – zur ersten Garde, quasi. Also: Wie viele Domains gab es damals und wie viele existieren heute? Daraus liesse sich ableiten, wie gross der «Schwanz» an Domains ist, der altersmässig hinter meiner Website angesiedelt ist.

Bei der Uni Augsburg habe ich die Information gefunden, dass es im Juni 1999 genau 8’766’072 Domains mit .com, .org, .net und .edu gab, mitgerechnet auch die Länderkennungen wie .ch. Ende 2023 waren es 359,8 Millionen. Clickomania gehört altersmässig damit zu den oberen 2,44 Prozent – nicht eingerechnet all die Domains, die nach 1999 gekommen und vor 2024 gegangen sind …

Beitragsbild: So haben wir damals gesurft … (@coldbeer, Pexels-Lizenz)

2 Kommentare zu «Schon ewig ein Teil des Internets»

  1. Schön! Auch wenn dieses Jubiläum uns nicht jünger macht 😉

    Ich habe meine URL naege.li im Herbst 1999 registrieren lassen (naegeli.ch war schon besetzt, naegeli.com auch, und Liechtenstein war über SWITCH registrierbar), es finden sich auch noch irgendwelche Schnappschüsse davon in archive.org, denn die Index-Seite ist nicht mehr aktiv. Ich brauche eigentlich nur noch das Email davon (und ein paar Fotoalben nach dem Schrägstrich für Verwandte und Bekannte). Aber ich konnte damals Unterrichtsmaterialien usw. bereit stellen, bis wir dann in der Hochschule Kooperationsplattformen erhielten.

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