Heute ist es so weit: Die Wahlberechtigten in den USA haben die Chance, keinen Autokraten und Faschisten zu wählen.
… und nein, ich werde aus meinem Herzen keine Mördergrube machen. Ich halte es für unverzeihlich, dass Donald Trump nach dem Sturm aufs Kapitol nicht in der politischen Versenkung verschwunden ist. Ich kann mir das nur so erklären, dass die Demokratie weniger Freundinnen und Freunde hat, als ich es für möglich gehalten hätte. Natürlich gibt es viele dumme Leute. Aber mit Dummheit allein ist nicht zu erklären, dass Trump trotz seines menschenfeindlichen Wesens wieder zur Wahl steht. Nein: Diese Tatsache beweist, dass der Humanismus kein allgemeingültiger Wert ist. Im Gegenteil nimmt ein gewichtiger Teil der Bevölkerung für das eigene Wohl die Benachteiligung anderer Menschen billigend in Kauf. Und wiederum ein Teil von denen befürwortet und bejubelt das Leid dieser anderen sogar.
Nachdem dies klargestellt ist, dürft ihr hier eine – ich gelobe! – zu hundert Prozent nüchterne und unparteiische Analyse zur Frage erwarten, welche der beiden Kandidatinnen (generisches Femininum) aus Sicht der Tech-Branche zu bevorzugen ist.
Die Tech-Bosse sind auf ihre Vorteile bedacht
Fangen wir mit der Sicht der Konzerne und der Tech-Moguln an. Es gibt einige, die aus ihrer Präferenz keinen Hehl machen: Elon Musk, der bei Donald Trump auf der Bühne herumhüpft und Trump-Wähler mit Geld lockt. Oder Jeff Bezos, der bei der «Washington Post» verhinderte, dass sich die Zeitung offiziell für Kamala Harris ausspricht. Auf Trumps Seite stellen sich auch die Risikokapitalgeber Marc Andreessen und Ben Horowitz, wie «Capital» berichtete.
Auf der anderen Seite existieren Aktionen wie tech4kamala.com, bei denen sich Leute aus dem Silicon Valley auf die Seite der Demokratin stellen. Netflix-Gründer Reed Hastings unterstützte sie mit sieben Millionen US-Dollar. In Kalifornien stehen die meisten Wählerinnen und Wähler auf ihrer Seite, was auch etwas über die Gesinnung der Angestellten der dort angesiedelten Technologie-Unternehmen aussagt.
Dieser Feststellung zum Trotz gehe ich davon aus, dass der Chef manches Unternehmens sich insgeheim grössere Vorteile von einem Sieg Trumps verspricht: weniger strenge Kontrollen beim Kartellrecht, mehr Freiheiten für Übernahmen und Fusionen, weniger Reglementierung für die künstliche Intelligenz, weniger störende Vorgaben bezüglich Daten- und Verbraucherschutz. Und da viele Gründerinnen und Gründer die Absicht haben, mit ihren Unternehmen steinreich zu werden, liegt der Gedanke nahe, für diesen Fall präventiv den Republikaner zu wählen, der in einer zweiten Amtszeit die Superreichen erneut entlasten würde.
Die Trump-Bewunderung eines Mark Zuckerbergs
Ein Beispiel für einen solchen Tech-Boss scheint mir Mark Zuckerberg zu sein – mit der Einschränkung, dass er schon steinreich ist. Er hat sich zwar nicht offen für Trump ausgesprochen, aber aus seiner Bewunderung keinen Hehl gemacht. So berichtete «Business Insider» (via MSN):
«Für mich persönlich ist es eine der krassesten Sachen, die ich je in meinem Leben gesehen habe, zu sehen, wie Donald Trump aufsteht, nachdem ihm ins Gesicht geschossen wurde, und seine Faust mit der amerikanischen Flagge in die Luft streckt. Und ich denke, als Amerikaner ist es schwer, bei diesem Geist und diesem Kampf nicht emotional zu werden, und ich denke, deshalb mögen ihn viele Leute.»
Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass Trump seinerseits gedroht hat, «Zuckerbucks», wie er ihn nennt, ins Gefängnis zu stecken.
Aber wer wäre aus Sicht von Anwenderinnen und Anwendern besser? Die Themen Datenschutz, Wahrung von Verbraucherinteressen, Sicherheit bei der künstlichen Intelligenz und kamen bereits zur Sprache. In diesen Belangen dürfen wir von den Demokraten mehr erwarten als von den Republikanern. Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sich Trump nur im mindesten für Probleme wie Rassen- und Geschlechter-Stereotypen bei den KI-Modellen interessiert. Kamala sicherlich schon.
Wir müssen uns auch fragen, wie sich Twitter weiterentwickeln würde, wenn sich Elon Musk zusammen mit Trump zu den Siegern zählen dürfte. Ich halte eine weitere Radikalisierung für unvermeidlich. Die Community Notes könnten verschwinden – wobei ich mich jetzt schon wundere, warum Musk sie nicht abgeschafft hat.
Schnelles Internet gibt es mit den Demokraten
Einige interessante Punkte habe ich im Kommentar der Washingtoner Denkfabrik Brookings Institution gefunden:
Unter der Biden-Harris-Regierung wurden die meisten Mittel für die nationale Breitbandinfrastruktur bereitgestellt, die es je gab.
Die Geschichte lehre, dass Trump derlei Programme wohl stoppen und vielleicht sogar das Geld zurückfordern würde. Das lässt sich auf die Parole ummünzen, dass jeder, der in den USA einigermassen zügig surfen möchte, Harris-Walz die Stimme geben muss.
Aus Sicht von uns Usern in Europa scheint mir das Pendel ebenfalls klar zu den Demokraten auszuschlagen. Mit Trump scheint mir die Wahrscheinlichkeit höher, dass die USA ihre Regeln in all den erwähnten Bereichen durchdrücken wollen. Mit Harris haben international anerkannte Standards grössere Chancen. Den Fortschritt und die Weiterentwicklung würde das mutmasslich eher verzögern. Aber wenn wir sehen, wie gross die Herausforderungen durch das enorme Tempo bei der KI sind, muss das nicht per se ein Nachteil sein.
Beitragsbild: Das, was die Dame findet (Cottonbro Studio, Pexels-Lizenz).