Da ist noch viel Luft nach oben

Wie gut pflegen Apple Music und Spotify bei ihrem Repertoire die Metadaten? Ich habe die Probe aufs Exempel gemacht und viel Blamables entdeckt.

Mein Vergleich von Apple Music und Spotify ist seinerzeit in eine Miniserie ausgeartet. Drei Teile gab es: Ein knallharter Vergleich von Spotify und Apple Music, Apple Music ist ein bisschen wie TKKG und Wo bekommen die Künstler mehr?

Jetzt ist es Zeit für einen vierten Teil. In dem geht es um die Metadaten, also die beschreibenden Informationen, die den Musikdateien zugeordnet sind.

Nun könnte man der Ansicht sein, dass es sich nicht lohnt, wegen dieser Metadaten ein Aufhebens zu machen. Natürlich: Sie müssen soweit korrekt sein, dass man einen Song, ein Album oder einen Interpreten über die Suchfunktion findet. Aber abgesehen davon haben diese Daten keinen Einfluss auf den Hörgenuss – könnte man jedenfalls meinen.

Ich war aber schon immer ein Fan von gepflegten Metadaten. Im Beitrag Weil eine richtige MP3-Datei gute Metadaten braucht habe ich das seinerzeit auch erklärt: «Gepflegte Musikdateien machen mehr Spass. Sie sind leichter zu handhaben, weil sie korrekte Informationen zum Interpret und zum Album beinhalten. Und sie sind einfach hübscher, weil in iTunes oder am iPod nicht bloss Apples Standard-Icon mit der Musiknote zu sehen ist, sondern das Cover-Bild – so, wie beim physischen Musikträger.»

Erinnern wir uns mal an CDDB!

Bei einer eigenen, lokalen Musiksammlung kann man einiges an Aufwand in die Qualität der Metadaten investieren. Und man muss es auch tun, weil die Informationen ohne eigenes Zutun lückenhaft oder sogar falsch sind. Denn wir erinnern uns: Als wir unsere Musik-CDs noch selbst gerippt haben, kamen die Daten aus dem Internet, zum Beispiel von CDDB oder freedb. Die dort eingetragenen Informationen haben es uns zwar erspart, die Informationen von Hand einzutippen. Aber sie waren meist nicht das Gelbe vom Ei.

Dieser Various Artists muss Unmengen an Tantiemen einfahren!

Im Downloadzeitalter, als wir angefangen haben, uns aus dem iTunes Music Store zu versorgen, hat sich das nicht wesentlich verbessert. Im Gegenteil: Die Musik, die man als Downloads gekauft hat, waren oft so lieblos beschriftet, dass man unbedingt selbst nachbessern musste. Typischerweise habe ich folgende Dinge getan:

  • Ich habe dafür gesorgt, dass die Genres konsistent zugeordnet sind.
  • Es war und ist mir wichtig, dass im Feld «Jahr» das Jahr der Aufnahme drinsteht und nicht das Jahr der Veröffentlichung. Denn bei Neuauflagen oder Kompilationen steht drin, wann Musikträger hergestellt wurde: «Abbey Road (Remastered)» von The Beatles stammt von 2009? WTF!
  • Ich habe den Interpreten richtig angegeben. Bei Kompilationen steht im Feld des Künstlernamens meist nur «Various Artists», weil es bei CDDB gar nicht möglich war, pro Titel einen Namen zu erfassen. Aber wer will schon Musik von Various Artists hören?
  • Wenn ich genügend Geduld dafür hatte, habe ich den Namen des Komponisten nachgetragen. Er ist bei Rock- oder Popproduktionen oft nicht angegeben. Dabei wäre das eine wertvolle Angabe – man ist nämlich oft erstaunt, wie viele Songs in der eigenen Musiksammlung, obwohl sie von verschiedenen Leuten interpretiert werden, von einer Person geschrieben worden sind.

Es stellt sich daher die Frage, wie gut die Metadaten bei den beiden Streamingdiensten sind. Zugegeben, ein direkter Vergleich ist schwierig und eine quantitative Aussage unmöglich – ich kann leider nicht Millionen von Songs miteinander vergleichen. Meine Beurteilung muss daher anhand von Stichproben und allgemeinen Beobachtungen erfolgen.

Weder Spotify noch Apple pflegen ihre Metadaten mit Sorgfalt

Erstens fällt auf, dass sowohl bei Spotify als auch bei Apple Music mit der Suche «Various Artists» diverse Songs zum Vorschein kommen. Das deutet darauf hin, dass zumindest ein Teil der Musikbestände aus gerippten CDs besteht und sich niemand die Mühe gemacht hat, die fehlenden Informationen nachzutragen.

Zweitens darf ich vermelden, dass keiner der beiden Streamingdienste in die Abbey-Road-Falle tappt.

Das Beatles-Album wird auch in der Remastered-Variante mit der Jahreszahl 1969 ausgewiesen.

Das ist das Jahr, in dem diese Platte auch tatsächlich aufgenommen wurde. Die Remastered-Version ist 2009 erschienen, was aber einen Musikfan nicht weiter kümmern dürfte. Trotzdem ist das die Angabe, die man zum Beispiel bei bei Cede.ch vorfindet.

Trotzdem geht der Punkt an Apple Music: Dieser Streamingdienst liefert nämlich eine Beschreibung zum Album und zum Cover:

Das Cover von «Abbey Road» zählt zu den berühmtesten der Musikgeschichte. Chronologisch ist es das letzte gemeinsame Album der Beatles. «Let it Be» erschien zwar später, wurde schon zuvor aufgenommen. So entwickelte sich das Werk der britischen Rockpioniere bereits in den 70ern zum Klassiker.

Und ja, solche Trivia erhöhen den Musikgenuss nicht unmittelbar – aber sie machen die Nutzung des Streamingdienstes runder.

Inbrünstig mitsingen

Die synchronisierten Liedtexte bei Apple Music sind ein Highlight.

Das gilt auch für die Songtexte, die man bei Apple Music bei manchen Stücken anzeigen kann. Zum Beispiel bei «Lady in Black» von Uriah Heep erscheinen die Lyrics in synchronisierter Form, d.h. dann, wenn sie gesungen werden. Das ist eine hervorragende Funktion, weil sie einem erstens die Texte näherbringt und es einem zweitens erlaubt, mit Inbrunst mitzusingen. (Zugegeben, das wird die Umwelt vielleicht nicht ganz so positiv sehen.)

Trotzdem: Das gibt noch einen Extrapunkt für Apple Music.

Drittens: die Suche nach dem Komponisten. Mein Versuchskaninchen für diesen Test ist Max Martin. Das ist eine One-Man-Hitfabrik mit einem unglaublichen Ausstoss. Davon zeugt diese Liste mit seinen Werken bei hitparade.ch, aber auch dieses Zitat aus einem Portrait über ihn:

Er sei ein Meister im Kreieren von Ohrwürmern – selbst in müdem Zustand, mitten in der Nacht vollbringt er Wunder. Was er noch völlig schlaftrunken auf Band verewigte, war ein dumpfes «Hit me baby one more time».

Mit anderen Worten: Eine Suche nach Max Martin sollte einem die Möglichkeit geben, Songs anzuzeigen, die er komponiert hat. Das klappt aber weder bei Spotify noch bei Apple Music. Es gibt keine Möglichkeit, die Resultate entsprechend einzugrenzen. Beide Plattformen bieten einem eine Wiedergabeliste mit seinen grössten Hits an – aber das macht das Manko keinesfalls wett, dass man nicht nach dem Komponisten suchen kann.

Immerhin: Spotify erlaubt in der Suche auch einige Tags, zum Beispiel year: (z.B. year:1978-1984), genre: (z.B. genre:rock) und label: (z.B. label:domino); siehe auch hier. Bei Apple Music scheint das nicht möglich zu sein, daher geht dieser Punkt an Spotify.

Das überzeugt nicht

Fazit: Die Qualität der Metadaten überzeugt mich weder bei Spotify noch bei Apple – da ist noch viel Luft nach oben. Alles in allem macht es Apple etwas besser: Die Songtexte und die eingestreuten Informationshäppchen zu Alben, Wiedergabelisten und Songs erwecken den Eindruck, dass Apple mit seinem Streamingangebot auch die echten Musikliebhaber überzeugen möchte. Die Suche ist indes bei Spotify besser.

Bleibt die Frage: Kann man wenigstens fehlerhafte Metadaten korrigieren oder melden? Mich stört, seit ich im Beitrag Spotify macht den Kasperli über die Kinderhörspiele geschrieben habe, dass der eine der drei Interpreten als Jorg Schneider angezeigt wird – er heisst nun einmal Jörg zum Vornamen, mit einem Umlaut, ob das Spotify nun passt oder nicht.

Hey Spotify, schon mal was von Umlauten gehört?

Man kann in der Windows-   App von Spotify auf der Künstler-Seite auf Melden klicken und gelangt dann zu diesem Formular: Hier könnte man beleidigende oder unangemessene Musik- oder Podcast-Inhalte, Urheberrechtsverletzungen, sexuelle Inhalte, Gewaltverherrlichendes, Hassrede oder Beleidigungen oder täuschende Inhalte anprangern oder angeben, dass man den Inhalt einfach nicht mag. Aber die Möglichkeit, auf einen Tippfehler hinzuweisen, gibt es leider nicht.

Tja, dann bleibt uns an dieser Stelle nur abzuwarten, bis Spotify von allein draufkommt.

Beitragsbild: Mal sehen, was es heute von Various Artists zu hören gibt (Ivan Samkov, Pexels-Lizenz).

Kommentar verfassen