Es ist schon länger her, dass ich hier im Blog ein Online-Werkzeug für gestalterische Zwecke vorgestellt habe. Dabei habe ich das phasenweise recht intensiv getan: Hier und hier ging es darum, wie man sich möglichst billig ein Logo aus dem Boden, pardon: dem Internet stampft. In diesem Beitrag habe ich die Online-Layout-Software Canva vorgestelt, hier Piktochart und hier Venngage. Mit den letzten beiden Webdiensten bastelt man aus grösseren oder kleineren Datenmengen mehr oder minder ansprechende Infografiken.
Um diese schöne Tradition nach längerer Zeit aufzugreifen und endlich wieder einem kreativen Webdienst zu huldigen, beschäftige ich mich heute mit designwizard.com: Das ist eine Website, die behauptet, man könne mit ihrer Hilfe innert Minuten eindrückliche Gestaltungsarbeit leisten – und das selbst dann, wenn man selbst nur eine mässige Begabung oder überhaupt kein entsprechendes Talent mitbringt.
Der Trick, wie das erreicht werden soll, ist immer der gleiche: Man bekommt ansprechend gestaltete Vorlagen vorgesetzt, die man für seine Zwecke anpasst: Man fügt hier ein Element hinzu, lässt da etwas weg und tauscht dort drüben ein Bild gegen ein anderes aus.
Und ja, diese Methode setzt der Kreativität enge Grenzen. Sie bringt nichts überraschend Neues hervor, sondern reproduziert bewährte Muster. Aber das ist okay, wenn man die Dienste richtig einsetzt. Das heisst: Sie kommen für die Alltagsgestaltung zum Zug. Und wenn es etwas Spezielles sein soll, dann heuert man auch weiterhin einen Menschen an, der erstens mit gestalterischem Geschmack ausgestattet ist und zweitens über die handwerklichen Fähigkeiten verfügt, diesem auch Ausdruck zu verleihen.
Wenn immer alles gleich gut ausschaut
Im Übrigen ist es so, dass auch die professionellen Gestalter immer seltener aus den Grenzen der Konformität ausbrechen; das wird zum Beispiel im Podcast When Everything Looks Like Good Design thematisiert. Das aber nur als Randbemerkung.
Bei Design Wizard wird nach der Anmeldung sofort klar, was die Stossrichtung ist: Man fabriziert Werke für die sozialen Medien, Karten und Einladungen, Marketingmaterialien, Bildelemente für Blogs und E-Mails, sowie Werbeanzeigen. Als Besonderheit sind nicht nur statische Produkte möglich, sondern auch Videos.
Die Vorlagen in der Rubrik Social Media teilen sich in die Kategorien Facebook Post, Facebook Cover, Facebook Ad, Instagram Image und Youtube Cover auf. Und ja, das ist nicht sonderlich originell – aber mutmasslich das, was die meisten Anwender benötigen.
Wählt man zum Beispiel das Instagram Image hat, hat man entweder eine leere Leinwand mit quadratischem Zuschnitt oder aber diverse vorgefertigte Bilder zur Auswahl. Diese haben keine explizite Sortierung, bedienen aber gewisse Themen. Da sind die saisonalen Vorlagen (Neujahr, Weihnachten, Halloween), Sternzeichen, allgemeine Motive mit unterschiedlichen Stimmungen und Stilen und mehr oder weniger originelle Vorgaben für Werbeaktionen jeglicher Art.
Elemente manipulieren
Hat man sich für eine Vorlage entschieden, wird die im Editor geöffnet. Dieses Bearbeitungsmodul funktioniert, wie man es von einfachen Layoutprogrammen her kennt: Die einzelnen Elemente liegen als separate Elemente vor und einzeln markiert, verschoben, verändert oder gelöscht werden. Dazu erscheinen im Bearbeitungsbereich Anfasser für die Skalierung und am rechten Rand in einer Palette hat man Befehle zur Verfügung, die von der Art des ausgewählten Elements abhängen: Bei Fotos lässt sich die Transparenz und der Zuschnitt verändern. Man kann Bearbeitungsfilter hinzufügen, das Element sperren, spiegeln oder löschen.
Bei Textelementen darf man die Schriftart, -auszeichnung, -grösse und -farbe anpassen, die Abstände zwischen Buchstaben und Zeilen modifizieren und die Ausrichtung wählen.
Oberhalb der Zeichenfläche gibt es fünf Befehle für ein Gestaltungsraster, Rückgängigmachen, Wiederholen, Leeren der Zeichenfläche und für die Hintergrundfarbe. Und am rechten Rand kann man die Schichtung der einzelnen Elemente verändern.
Wenn man fertig ist, darf man sein Werk teilen bzw. herunterladen: Als Formate stehen JPG oder PNG zur Verfügung. Allerdings ist der Download bei der kostenlosen Nutzung nicht möglich: Entweder bezahlt man zwei US-Dollar pro Werk oder man wählt einen bezahlten Plan. Der kostet 10 US-Dollar pro Monat in der Pro-Variante oder 50 US-Dollar für Business-Kunden. Dafür darf man bis zu 60 Designs pro Monate herunterladen und eigene Bilder und Schriften auf dem Server platzieren.
Für Downloads bezahlen? Sinnvoll
Damit sind wir in der Lage, ein erstes Urteil über Design Wizard zu fällen:
Die Möglichkeit, pro Download zu bezahlen, habe ich noch bei keinem anderen vergleichbaren Dienst gesehen. Ich halte sie aber für sinnvoll: Wenn man eine passende Vorlage entdeckt hat und die auf die Schnelle mit eigenen Texten versehen möchte, dann ist der Preis allemal gerechtfertigt.
Im Gegensatz dazu halte ich die monatlichen Kosten für deutlich zu hoch. Denn Design Wizard hält nur die absolut grundlegenden Werkzeuge bereit. Jedes Desktop-Programm hat um Welten mehr zu bieten: Gimp (Gimp ist noch immer keine Schönheit – aber ein echter Schwerarbeiter) hat als kostenloses Open-Source-Produkt einen unendlich viel grösseren Funktionsumfang. Auch mit Affinity Publisher (Eine vielversprechende InDesign-Alternative) oder Affinity Designer (Diese App sollte Adobe Angst einjagen) weisen im Vergleich einen enormen Leistungsumfang aus.
Gute Gründe für Design Wizard
Damit bleiben drei Gründe, die für Design Wizard sprechen:
- Der Dienst ist praktisch für Leute, die keine Desktop- oder Tablet-Apps verwenden können oder wollen.
- Und da sind die Vorlagen: Wenn die einem gefallen und sie zu den eigenen Aktivitäten beim Marketing und in den sozialen Medien passen, dann ersparen Sie es einem, selbst kreativ werden zu müssen. Man kann zwar Desktop- und Tablet-Apps mit Vorlagen füttern – doch naturgemäss ist das bei einem auf diese Verwendungsart ausgelegten Webdienst einfacher.
Der dritte Grund ist die Videofunktion. Man kann mit Design Wizard auch kurze Vorspänne zum Beispiel für Youtube basteln. Die bestehen zum Beispiel aus einem animierten Hintergrund mit einigen Texttafeln, die man wie statische Objekte formatieren kann. Zusätzlich gibt es am unteren Rand eine Zeitleiste, über die man die Dauer der einzelnen Elemente bestimmt.
Für mich zu eingeschränkt
Doch auch da gilt: Die Funktionen sind im Vergleich zum Beispiel zu Adobe Motion oder auch einer simplen Videoschnitt-App mit Titel- und Einblendmöglichkeiten bescheiden. Keyframes scheint es nicht zu geben; man kann Elemente daher auf der Zeitleiste nicht verändern. Auch das wäre mir zu eingeschränkt – aber wer ansprechende Vorlagen aufspürt, kommt mit Design Wizard schnell zum Ziel.
Beitragsbild: Diese Zauber-Lady hat sicher mehr drauf (Murat Esibatir, Pexels-Lizenz).