Wie man von einem Streamingdienst zu einem anderen wechselt

Datenaustausch zwischen Spotify, Apple Music, Tidal und Co: Zwei Apps, mit denen man seine Daten von einem Musikstreamingdienst zu einem anderen überträgt.

Ist man seinem Musikstreamingdienst ausgeliefert – oder hat man die Chance, Wiedergabelisten, -Historie und Lieblingsmusik abzuziehen und selbst lokal zu verwenden oder bei einem anderen Dienst einzuspeisen?

Das ist eine entscheidende Frage, die man sich stellen sollte, bevor man sich dazu entschliesst, die eigene Plattensammlung – egal ob auf Vinyl, CD, Kassette oder Festplatte – zu Gunsten von Spotify, Apple Music, Google Music oder Tidal aufzugeben. Und da wären auch noch Amazon Music Unlimited, Pandora und Soundcloud.

Ich habe neulich die Möglichkeiten des Daten-Exports durchgespielt und analysiert. Im Beitrag Spotify, gib mal meine Daten her finden sich meine Erkenntnisse. Am Ende des Beitrags findet sich ausserdem eine Kurzfassung in Videoform. Fazit des Experiments: Der Datenexport funktioniert und ist, mit einigen Einschränkungen, nützlich. Aber sonderlich viel lässt sich direkt mit den exportierten Daten nicht anstellen.

Aber es gibt Apps, die Daten ohne Umweg über eine Exportdatei direkt von einem Dienst zum anderen transferieren. Das ist zum einen Freeyourmusic für Android, das iPhone und den Desktop¹. Zum anderen Song Shift, nur fürs für iPhone.

Ich habe beide Apps getestet, und das Fazit ist eindeutig:

Freeyourmusic versus Song Shift

Für Freeyourmusic spricht lediglich, dass es diese App nicht nur fürs iPhone, sondern auch für Android und Windows gibt.

Abgesehen davon ist Song Shift komfortabler, hübscher anzusehen und viel leistungsfähiger. Freeyourmusic transferiert nur Wiedergabelisten und ist auf eine fixe Kombination von Quell- und Zieldienst ausgelegt. Shong Shift kann flexibel Transfer-Partnerschaften verwalten und nebst Wiedergabelisten auch Alben und Songs übertragen.

Beide Apps sind kostenlos, doch für eine ernsthafte Nutzung braucht es einen In-App-Kauf. Bei Freeyourmusic wurde mir in der App ein Preis von 8.90 Franken angeboten. Auf der Website wird für Freeyourmusic Premium 10 Franken verlangt. Was nun gilt, hängt mutmasslich von den Umständen und dem Zeitpunkt ab, bei dem man den In-App-Kauf tätigt.

Bei ShongShift kostet das Pro-Upgrade 5 Franken – und das ist es allemal wert. Wie die App funktioniert, zeige ich im Detail im Patentrezept-Video.


Gegen die Geiselhaft bei Spotify (Leider sind die Videos seit dem Umstieg auf das neue CMS nicht mehr extern einbettbar, sondern müssen über die Website angeschaut werden.)

Fazit: Es ist möglich, den Dienst zu wechseln. Aber es macht ein bisschen Arbeit. Insbesondere das Zuordnen der Songs, für die kein automatischer Match gefunden wurde, kann je nach Musikgeschmack aufwändig und zeitintensiv sein. Da könnte eine eindeutige Song-ID helfen – eine Art ISBN-Nummer für Musik.

Das Problem, Song eindeutig zu identifizieren

Es existieren Dienstleister wie Arc Cloud, die auf Musik-Fingerprinting spezialisiert sind. Und es gibt den ISRC , der Songs eindeutig identifizieren würde. Er scheint bei Streaming-Medien nicht zum Einsatz zu kommen, weswegen SongShift und Freeyourmusic offenbar nur auf die Metadaten zurückgreifen. (Und die sind auch bei Spotify oft eher dürftig, wie ich im Beitrag Da ist noch viel Luft nach oben aufzeige.)

Eine Transfer-App, die davon Gebrauch macht, ist mir jedenfalls nicht bekannt.

Sinnvoll wäre jedenfalls eine Funktion, mit der man nicht Wiedergabeliste für Wiedergabeliste transferieren müsste, was bei Shong Shift immerhin in einem Rutsch möglich ist. Stattdessen sollte es den «Shift everything»-Knopf gegeben. Noch eleganter wäre natürlich eine Live-Synchronisation, mit der man die gleichen Inhalte z.B. in Spotify und Apple Music gleichzeitig zur Verfügung hätte.

Es bräuchte Schnittstellen und  mehr Interoperabilität

An dieser Stelle lässt sich auch diskutieren, ob die Betreiber nicht Schnittstellen für den Datenaustausch und sogar die Interoperabilität anbieten müssten. Als Nutzer finde ich natürlich: Selbstverständlich sollten sie das. Warum die Betreiber diese Idee nicht so toll finden wie ich, liegt allerdings auch auf der Hand: Es ist der gute alte Lock-In-Effekt, der auch Unzufriedene bei der Stange hält. Wer findet, der Markt sei in der Lage, die Sache zu regeln, der sollte von dieser protektionistischen Massnahme Abstand nehmen.

Hier noch wie versprochen das Video zum Export und der Analyse der Spotify-Daten:

Fussnoten

1) Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Beitrags hiess die App Freeyourmusic (Free Your Music) noch Stamp. Ich habe den Text entsprechend angepasst, um die Namensänderung zu reflektieren, aber ansonsten keine Änderungen vorgenommen.

Beitragsbild: Wer sie fürs Musikhören benutzt, hat das hier beschriebene Problem nicht – dafür ein anderes (Stas Knop, Pexels-Lizenz).

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