So läuft man auf Youtube ins Messer

Da achtet man tunlichst darauf, in Videos nur Streaming-taugliche Musik zu verwenden – und muss sich von Youtube trotzdem einen Urheberrechtsverstoss vorwerfen lassen. Das nervt massiv.

Ich war neulich im Zoo Zürich und habe während des Besuchs ein Video gebastelt und bei Youtube hochgeladen. Hier kann man es sich ansehen.

Nun passierte das, was häufig passiert, wenn man ein Video bei Youtube hochlädt. Es gab nämlich einen Urheberrechtsanspruch:

Ein Urheberrechtsinhaber hat mit Content ID einen Anspruch auf Inhalte in deinem Video erhoben. Dies ist keine Urheberrechtsverwarnung [und kein Copyright strike, Anmerkung des Autors]. Dieser Anspruch hat keinerlei Auswirkungen auf deinen Kontostatus. Der Urheberrechtsinhaber erhält entweder Einnahmen aus Werbeanzeigen in deinen Videos oder statistische Daten rund um die Aufrufzahlen für deine Videos.

Hinweis: Dein Video wurde vom Urheberrechtsinhaber oder von einem Vertreter des Urheberrechtsinhabers manuell geprüft.

Ein Urheberrechtsanspruch?

Das fand ich nun einigermassen überraschend.

Ich bin mir des Problems natürlich bewusst. Für Videos, die bei Youtube oder sonstwie offen im Netz landen, verwende ich nicht irgendwelche Musik. Ich setze natürlich auf passend lizenzierte Musik. Ich habe deswegen hier die Audiobibliothek von Youtube und hier andere Quellen für Musik vorgestellt.

Die Gopro-App liefert auch Musik mit

In der Splice-App gibt es keinen Hinweis darauf, dass man bei der Verwendung der Musikstücke Vorsicht walten lassen sollte.

Mein Zoo-Video habe ich mit der (hier vorgestellten) Splice-App von Gopro fabriziert. Es gibt dort den Knopf Musik, der zu einer Auswahl an Stücken aus 17 Kategorien führt.

Ich hatte angenommen, dass man die hier vorzufindende Musik frei verwenden darf. Die App gibt einem jedenfalls keinerlei Hinweise auf Einschränkungen – weder beim Platzieren eines Musikstücks noch beim Export des fertigen Clips. Es gibt auch keine Möglichkeit, zu einem Musikstück weitere Informationen in Erfahrung zu bringen.

Da fragt man sich schon: Lässt Gopro seine Nutzer ins offene Messer laufen? Oder war ich umgekehrt naiv, einfach anzunehmen, ich dürfe die Musik verwenden?

«Wir haben die Musik für deine Projekte lizenziert»

Es gibt bei Gopro das Supportdokument Does The Music and Effects in Splice Have Copyrights? Hier steht nun Folgendes:

Es ist alles gut! (Ausser, wenn es nicht gut ist.)

All of our music and effects have copyrights, but we have licensed them for our customer’s use. You can use the songs and effects in your videos as long as it is not for commercial use.

If YouTube or Facebook state that the songs have a copyright, choose to dispute. Sometimes other companies claim to own the copyrights to the same or very similar music.

If you would like to use the music or effects for commercial use, please contact 5 Alarm Music to validate that the song is still licensed with Splice. If the song is no longer licensed with Splice, unfortunately, we no longer [sic] may not [sic] be able to acquire the rights to the song.

Selbstverständlich wäre es nützlich, wenn man diese Information direkt in der App zur Verfügung hätte – und die Überprüfung direkt beim Platzieren des Songs im Videoprojekt durchführen könnte. Ich habe dort nach dem Stück gesucht und es nicht gefunden. Heisst das nun, dass es nicht mehr lizenziert ist?

Das ist wohl der Fall. (Andere im Video verwendete Stücke konnte ich aufstöbern, zum Beispiel «Funky Fun».) Die Details zum beanstandeten Musiktitel hat mir jedenfalls erst die Meldung von Youtube verraten: Es heisst Elephant Tile von Justnormal und ist bei Epidemic Sound zu finden. Auf der Website findet man auch die Details zur Lizenzierung: Es gibt die zwei Modelle Personal für 120 Euro im Jahr und Commercial für 1238 Euro im Jahr (momentan reduziert auf 299 Euro).

Schacherei mit Verwertungsrechten

Daraus ergibt sich die Vermutung, dass dieses Stück früher für Splice-Nutzer zur Verfügung stand, dann aber irgendwann in den kommerziell bewirtschafteten Katalog von Epidemic Sound gewandert ist.

Vergiss die Monetarisierung deines Videos!

Das ist unbefriedigend – selbst wenn die Konsequenzen verschmerzbar sind. Mein Zoo-Video lässt sich nun nicht mehr monetarisieren. Aber das gestattet mir Youtube sowieso nicht, darum ist es eigentlich egal.

Mich ärgert es trotzdem. Und zwar aus prinzipiellen Gründen, weil es in diesem Urheberrechtsdi­ckicht offenbar gar nicht möglich ist, sich richtig zu verhalten. Im Fall des Zoo-Videos wäre es mit vernünftigem Aufwand nicht machbar gewesen, das Problem vor Veröffentlichung zu erkennen und zu vermeiden. Und da Youtube kein Austausch von Videos zulässt, steht einem noch nicht einmal der Weg offen, das Musikstück zu ersetzen. (Ausser via Youtube, wo man die Passage stummschalten könnte. Was man natürlich nicht will.)

Die Nutzer sitzen am kürzeren Hebel

Es wird einem auf Schritt und Tritt zu verstehen gegeben, dass man am kürzeren Hebel sitzt.

Da braucht es wirklich eine Elefantenhaut! Pixabay/Pexels, Pexels-Lizenz

Es kommt eine Unwägbarkeit hinzu: Die Urheberrechtssituation kann sich offensichtlich jederzeit ändern. Das bedeutet, dass man selbst bei sorgfältigen Abklärungen Monate oder Jahre später mit einem solchen Urheberrechtsanspruch konfrontiert werden kann. Und das ist keine Rechtssicherheit.

Ich als kleiner Youtuber habe umgekehrt nicht die Mittel zu überprüfen, ob jemand meine Clips irgendwie zweckentfremdet. Das mindeste wäre, dass Youtube – wenn hier schon für solche Spielchen Hand geboten wird – allen Nutzern die Möglichkeit einräumt zu überprüfen, wo ihre Videos oder Teile daraus allenfalls sonst noch aufgetaucht sind.

Beitragsbild: Jimmy Chang/Unsplash, Unsplash-Lizenz

Kommentar verfassen