In meiner kleinen Reihe zu Ressourcen für Internet-Publizisten (Zusammenfassung der Beiträge: Ein paar Links und viel Blabla zum Urheberrecht) ist heute die Audio-Bibliothek von Youtube dran. Ich bin zwar nach wie vor sauer auf Youtube und wollte diesen Laden mit Nichtbeachtung strafen. Handkehrum¹ kann man es als kleine Protestaktion werten, wenn man sich bei Youtubes Audiobibliothek bedient und das resultierende Video anschliessend nicht bei Youtube hochlädt.
Also, Youtube scheint gemerkt zu haben, dass es für einen Videoproduzenten mühsam ist, wenn sein Video am Content-ID-Prüfalgorithmus hängen bleibt, weil nicht lizenzierte Musik enthalten ist. Darum bieten sie eine Sammlung von audiophonen Versatzstücken an, die man gefahrlos verwenden darf. Diese Sammlung ist in die Kategorie Musik und Soundeffekte gegliedert. Bei der Musik gibt es eine Einordnung nach Genre (z.B. Pop, R&B, Klassisch, Country) und Stimmung (Fröhlich, ruhig, funky, düster, traurig). Man kann nach beiden Merkmalen filtern, sodass man zum Beispiel nur den fröhlichen Pop, den düsteren Country und die funkige Klassik angezeigt bekommt – auf diese Weise sollte man die Auswahl einigermassen zügig auf passende Tracks eingrenzen können.
Lücken im Katalog
Und bevor ihr fragt: Nein, es gibt kein einziges Stück, das zu der Filterung «Klassik, funky» passen würde.
Bei den Soundeffekten gibt zwanzig Kategorien von Alarm bis Zeichentrickfilme, mit den üblichen Verdächtigen wie Menschenmenge, Tiergeräusche, Werkzeuge und Aufprall. Ausserdem eine Kategorie namens «Foley», die mich vor Rätsel stellt. Es gibt hier Clips wie «Aluminium Can Open» und oder «Bottle Cork», und wenn man bei Wikipedia nachschaut, ist ein Foley artist eben ein Geräuschemacher. Diese Kategorie enthält also typische kleine Alltagssounds, die bei einer richtigen Produktion vom Geräuschemacher nachvertont würden. Unsereins, die produktionstechnisch von der Hand in den Mund leben, würden dann halt Foley-Clips zusammenramisieren.
Musik fürs Muttertagsvideo
Man findet die Audiobibliothek in seinem Creator Studio und kann Clips auch als Favoriten bestimmen, um eine eigene Kollektion anzulegen. Und es gibt bei den Videotools auch den interessanten Punkt Musikrichtlinien. Da wird für viele bekannte Musikstücke der Status für die Verwendung in eigenen Videos angegeben. «Personal Jesus» von Depeche Mode? Darf verwendet werden, doch das Video wird dann in neun Ländern nicht gezeigt (Amerikanisch-Samoa, Amerikanische Jungferninseln, Guam, Kanada, Kleinere Amerikanische Überseeinseln, Mexiko, Nördliche Marianen, Puerto Rico, USA). Coverversionen darf man weltweit veröffentlichen.
«Mutter» von Rammstein, passend für das nächste Muttertagsvideo? Leider in 247 Ländern gesperrt, auch in der Schweiz. «Där Sohn vom Pfarrär» von Sina? Weltweit abspielbar, auch wenn ich nicht genau weiss, in welchem Video man den verwenden wollen würde.
Das bedeutet, dass man durchaus kommerzielle Musik in Youtube-Videos verwenden darf. Man muss dann allerdings damit rechnen, dass ein anderer Geld mit dem eigenen Clip macht. Im Beitrag hier wird das erklärt:
Es kann also sein, dass Werbeanzeigen in deinem Video erscheinen. Ausserdem kann der Rechteinhaber auch beschliessen, die Werbeumsätze mit dir zu teilen.
Nette Formulierung. Sie bedeutet in der Praxis, dass die sog. Rechteinhaber in den allermeisten Fällen die ganzen Werbeeinnahmen für sich behalten. Das heisst, dass man die kommerzielle Musikverwendung teuer erkauft. Und man hat auch das Problem, dass die sog. Rechteinhaber es sich jederzeit anders überlegen können:
Gelegentlich können Rechteinhaber auch ihre Richtlinien ändern und eine Deaktivierungsanfrage übermitteln, weil ihre Urheberrechte verletzt wurden.
Dann hat man halt Pech gehabt. Youtube macht daher abschliessend einen gut gemeinten Ratschlag:
Grundsätzlich musst du zuerst eine Genehmigung einholen, falls du urheberrechtlich geschütztes Material in deinem Video verwenden möchtest. (…) Falls du Fragen zur Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke hast, empfehlen wir, dass du einen qualifizierten Rechtsanwalt zu Rate ziehst.
Dann bleibt man für seine wirklich wichtigen Produktionen besser bei unbedenklichem Material.
Ja, aber!
Fazit: Die Audiobibliothek ist eine gute Ergänzung zu den Tipps in den Beiträgen Musik und Soundeffekte zur freien Verwendung und Das Internet als Soundfundgrube. Was die Lizenz angeht, ist es allerdings komplizierter als anderswo. Statt mit einer Creative-Commons-Lizenz zu operieren, unterliegt die Nutzung den äusserst umfangreichen Youtube-Nutzungsbedingungen, und die werden von tosdr.org – dem Experten für Lizenzbestimmungen und End User License Agreements (Eula) schlechthin – als mies eingestuft. Und man darf die Musiktitel nicht in der Originalform weitergeben, d.h. ohne sie in ein Video eingebettet zu haben. Ich nehme an, das zielt gegen andere Portale, die Audio-Ressourcen aggregieren möchten.
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Abschliessend zu Madonna.
Fussnoten
1) Sagt man heute eigentlich noch Handkehrum? ↩