Da spickt mir doch die Nippelklammer aus dem Fenster!

Eine Ge­schich­te, in der es um Früchte, Genitalien, Bild­lizen­zen und einen Mann geht, der seine Sexspielzeug-Reviews bei Google Lieb­kind machen will.

Wer sich mit Gratis-Bildern für Websites, Drucksachen, Mails oder andere Publikationen eindecken will, wird im Internet fündig. Im Beitrag Bilder zum freien Gebrauch habe ich diverse Quellen für digitale Ressourcen vorgestellt und hier gibt es eine Sammlung weiterer Anlaufstellen für Videos, Musik und Audiodateien – plus handfeste Hinweise zur rechtlichen Situation, wenn man gedenkt, mit solchem Material zu arbeiten.

Ich verwende hier im Blog routinemässig Bilder von Pexels und Unsplash, manchmal auch Pixabay. Die haben sich bewährt, weil sie einerseits eine grosse Auswahl haben und andererseits unkompliziert in der Nutzung sind: Man darf die Bilder beliebig nutzen, auch für kommerzielle Zwecke und ohne dass eine Quellenangabe nötig ist. Ursprünglich verwendeten die Plattformen die CC0 1.0 Universal Public Domain Dedication, mit der die Urheber jegliche Ansprüche an ihren Werken aufgeben.

Wie Rechtsanwalt Martin Steiger hier schreibt, hatte dieser Idealzustand ein Ende: Pixabay hat diese Lizenzierung aufgegeben und auch die anderen Plattformen sind gefolgt: Es gibt keine CC0-Lizenz mehr, sondern eine eigene Regelung, die dem Nutzer gewisse Einschränkungen auferlegen: Insbesondere darf er keine eigene Bilder-Plattform starten und dort alle Fotos der Konkurrenz hochladen und anbieten. Das scheint eine Folge davon zu sein, dass die Betreiber schamlos die Bestände der Konkurrenten geplündert haben, was bei einer CC0-Lizenz völlig in Ordnung ist.

War ich tatsächlich so schusselig beim Bildcredit?

Nun ist mir ein anderer Fall begegnet. Neulich schrieb mir Herr Benjamin Jørgensen ein E-Mail, in dem er Bezug das (inzwischen ausgetauschte) Bild in diesem Beitrag hier nahm:

Ich habe festgestellt, dass Sie eines unserer Bilder auf Ihrer Seite verwenden. Zunächst vielen Dank dafür. Aber ich muss Sie bitten, den korrekten Credit einzufügen.

Benjamin Jørgensen ist Mitbegründer einer Website, die nach eigenen Angaben «die besten Besprechungen von Sexspielzeug» anbietet. Fünfzig Experten und Freelancer haben dort über 500 Besprechungen abgeliefert. Hier zum Beispiel kann man alles über Nippelklammern (Nipple Clamps) für Männer nachlesen – wenn man denn möchte. Und er betreibt eine eigene Bildersammlung, in der es Fotos gibt, die menschliche Genitalien in jugendfreier Form darstellen.

Viva la banana! Das ist die Bildkollektion von Benjamin Jørgensen

Ich konnte mich nicht erinnern, dort jemals nach Bildern für mein Blog gesucht zu haben. Und ich hätte mich daran erinnert, denn ich achte tunlichst darauf, welche Quellen ich nutze und wie ich die Bilder mit Lizenzangaben beschrifte. Ansonsten ist das Risiko einer Abmahnung hoch – und wie unerfreulich die sind, kann man wiederum bei Martin Steiger nachlesen. Ich bin der Sache darum nachgegangen, um herauszufinden, ob mir ein Lapsus unterlaufen ist.

Das war einfach, weil ich auch Bilder von Pixabay, Pexels und Unsplash mit einer Quellenangabe versehe, obwohl das eigentlich nicht nötig wäre. Meine Empfehlung an dieser Stelle: Tut das unbedingt auch und setzt einen direkten Link auf die Seite, wo ihr das Bild heruntergeladen habt: Das erleichtert solche Nachforschungen ungemein.

Die Webarchive beweisen: Alles hat seine Richtigkeit

Ich habe über meinen Link festgestellt, dass das Bild bei der Originalquelle, Pexels, verschwunden ist. Aber über den Google-Webcache war es noch abrufbar. Inzwischen ist es auch bei Google weg, aber via Archive.org ist die archivierte Seite zum Glück nach wie vor zugänglich: Anhand dieser Kopie lässt sich schlüssig beweisen, dass das Bild mit einer Pexels-Lizenz zur Verfügung gestellt worden war und die Behauptung von Benjamin Jørgensen, das Bild sei falsch lizenziert, nicht zutreffend ist. Darum nochmals der Tipp: Es lohnt sich zu wissen, wie man tote Websites ausgräbt.

Archive.org lässt keinen Zweifel daran, dass dieses Bild ursprünglich mit einer Pexels-Lizenz zu haben war.

Ich habe Benjamin Jørgensen genau das zurückgeschrieben und ihn darauf hingewiesen, dass das Bild, das er mir zum Beleg per Mail zugeschickt hatte, in den Metadaten jene Informationen enthält, die ich in meinem Blogpost angegeben habe. Ich wollte von ihm wissen, wie er mir das erklären könne. Er hat daraufhin Folgendes zurückgeschrieben:

Wir besitzen die Rechte an dem Bild, er ist nur der Fotograf. Ich verstehe die Verwirrung vollkommen.

Die Formulierung, er sei «nur der Fotograf», ist mir an dieser Stelle sauer aufgestossen. Das ist genau die arrogante Haltung der Rechteinhaber, die die Diskussion ums Urheberrecht so oft vergiftet: Der kreative Kopf hinter einem Werk ist den Rechteinhabern schnurzegal, Hauptsache, sie ziehen ihren Profit aus seiner Arbeit. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den Verlagsvertrag, den ich seinerzeit nicht unterschrieben habe.

«Ja, der hat das Foto gekauft»

Ich habe daraufhin mitgeteilt, ich würde beim Fotografen nachfragen und bis zu seiner Bestätigung das Bild entfernen. Ich habe den Fotografen via Pexels angeschrieben, woraufhin er mir den Sachverhalt bestätigt hat:

Ja, der hat das Foto gekauft, weil er es unter seinem Profil anbieten oder etwas in der Art.

Er hat mir grosszügigerweise eine Alternative zugeschickt, die ich gratis verwenden dürfe. An dieser Stelle hatte ich das Foto bereits ausgetauscht – aber trotzdem fand ich das nett.

An dieser Stelle ist klar, wie die Masche des Benjamin Jørgensen funktioniert. Es handelt sich im Grund um eine SEO-Massnahme: Es geht darum, seine Plattform und insbesondere seine Bilddatenbank bei Google höher zu gewichten, indem er Leute dazu bringt, einen Rückverweis (Backlink) auf sie zu setzen. Das tun sie, wenn sie den Credit zum fraglichen Bild so anpassen, wie Benjamin Jørgensen sich das wünscht.

Die Backlink-Methode ist gängige Praxis, und als Blogbetreiber erhalte ich wöchentlich diverse Mails von Leuten, die mich aus mehr oder weniger fadenscheinigen Gründen dazu bringen wollen, einen Link auf ihre Website zu setzen. Es gibt auch jene Figuren, die mir Geld für gesponsorte Links oder Gastbeiträge anbieten. Auch die haben den hauptsächlichen Zweck, Position ihrer Website bei den Suchmaschinen zu verbessern.

Nichts als ein SEO-Tricklein

Zugegeben: Die Methode von Benjamin Jørgensen ist clever: Auf Pexels ist das Bild wahnsinnig oft angesehen worden; es hatte um die 17,5 Millionen Views. Und Googles Bildersuchmaschine beweist, dass es in grosser Zahl Verwendung gefunden hat. Hier zum Beispiel (PDF) in einer Broschüre der Universität Wien, die über das österreichische Bundeskanzleramt abrufbar ist. Sollte Benjamin Jørgensen es hinbekommen, dass dessen Webmaster einen Link auf seine Früchte-Sexbilder setzt, wäre das dem Pagerank seiner Site sicherlich sehr zuträglich.

Hunderte von Fundstellen für dieses Symbolbild.

Ich werde allerdings nicht zu dieser SEO-Massnahme beitragen. Der Grund ist ganz einfach: Ich lasse mich nicht gern instrumentalisieren. Ich verlinke jede Website, die ich als interessant erachte und die mir ein Thema für diesen Blog hier hergibt. Aber diese Entscheidung treffe ich und nicht jemand, der einen kleinen Zaubertrick mit einer Bildlizenz aufführt.

Und ja, hier hat mir Benjamin Jørgensen ein Thema für einen Blogpost geliefert. Trotzdem habe ich den Link oben auf seine Website mit dem Nofollow-Attribut ausgestattet.

👉 Teil zwei der Saga im Beitrag Ein scheinheiliger Robin Hood.


Nachtrag vom 16. Mai 2022

Das nächste Bild, das zu SEO-Zwecken in der Bilddatenbank des Herrn Benjamin Jorgensen gelandet ist.

Oh hey, Benjamin Jorgensen hat wieder geschrieben, und zwar mit der gleichen Masche, aber einem anderen Bild (nämlich von Andrea Piacquadio, ursprünglich von Pexels) und einem anderen Unternehmen, das sich in deutscher Sprache mit Sex-Spielzeug beschäftigt und «Lovefreund» heisst. Ich freue mich schon darauf, dass ich nun von Herrn Jorgensen im Monatstakt solche Mails kriegen werde und Bilder austauschen darf!

Nachtrag vom 6. Juni

Es ging noch nicht mal einen Monat, und Benjamin Jorgensen hat wieder zugeschlagen. Langsam geht er mir auf jenes Körperteil, an das man keine Nippelklammern, sondern den «Balldo» befestigt. (Googeln auf eigene Gefahr!)

Der nächste, der sein Bild dem Nippelklammern-Spacko verkauft hat: Andrea Piacquadio.

Eric San Juan bezeichnet hier Benjamin Jørgensen sogar als Scammer.

Beitragsbild: Hier war sie noch dran (Laker, Pexels-Lizenz).

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