Wie man Internetadressen richtig teilt

URLs erhalten oft viel mehr, als nötig wäre: Informationen über die Herkunft eines Links und Tracking-Methoden. Darum lohnt es sich, Links vor dem Teilen von jeglichem Ballast zu befreien.

Der Titel dieses Blogposts sorgt womöglich für Stirnrunzeln: Die Frage liegt auf der Hand: Wo sollte beim Teilen von Internetadressen überhaupt ein Problem liegen? Man nimmt die Adresse und teilt sie. Ende der Geschichte.

Leider ist es – wie häufiger im Leben – nicht ganz so einfach. Denn viele Internetadressen beinhalten nicht nur die Angabe, wo eine bestimmte Information im World Wide Web aufzufinden ist. Nein, es werden auch Tracking-Informationen hinzugefügt. Die haben den Zweck, dem Betreiber einer Website aufzuzeigen, woher ein Link stammt und wie er sich (allenfalls) viral durchs Netz verbreitet.

Ob das legitim ist oder nicht, darauf werde ich am Ende des Beitrags eingehen. Hier geht es erst einmal um die Selbstbestimmung von uns Nutzern: Wir sollten wissen, dass es diese Form des Trackings gibt und dass wir die Möglichkeit haben, ihm uns zu verweigern.

Wissen, was zu einer URL gehört – und was nicht

Damit wir das tun können, braucht es eine Voraussetzung: Wir müssen auf die Internetadressen achten, die wir teilen. Und wir brauchen ein gewisses Verständnis dafür, wie sie aufgebaut sind.

Das ist eine nicht ganz einfache Angelegenheit. Es gibt zwar gewisse Vorgaben, wie eine Adresse – bzw. eine URL, d.h. eine «Anzeige auf eine Ressource» – aufgebaut sein muss. Es gibt am Anfang ein Protokoll wie https für die verschlüsselte Verbindung und dann folgt die Domain und eine Top-Level-Domain wie .com oder .ch. Nach einem Schrägstrich (Slash) erfolgt die Angabe, die uns zu einem spezifischen Inhalt auf der angegebenen Domain führt, also zu einer bestimmten Seite oder einem Artikel. Man spricht auch von einem Deep Link, weil er in die Tiefe einer Website führt.

Wie diese Angabe hinter der Domain gestaltet sein kann, variiert. Bei Blogs ist meistens das Datum Teil der Adresse, gefolgt vom Titel oder einem Stichwort zum Artikel. Es gibt jedoch weitere Möglichkeiten: Man kann einen Artikel z.B. auch über eine kryptische Identifikationsnummer zugänglich machen. Die Regel ist allerdings, dass gute Adressen einfach und auch für Menschen leicht lesbar sind – so empfiehlt es auch Google (siehe Da geht es lang im Internet).

Nebst dieser Angabe lassen sich einer Adresse weitere Bestandteile hinzufügen. Die sogenannten Parameter können etwa die Darstellung einer Website beeinflussen.

Sinnvolle Parameter …

Ein typisches Beispiel wäre ein Internet-Shop, bei dem der Parameter angibt, wie die Produkte aus einer Kategorie sortiert werden sollen. Solche Parameter werden durch Fragezeichen angehängt und enthalten einen Schlüssel und den dazugehörigen Wert. Im Fall des Beispiels könnte der Schlüssel sortierung und der Wert preis-aufsteigend lauten: Dann wäre klar, dass zuerst das günstigste Produkt angezeigt werden soll:

grossmutterswebshop.com/schokocookies?sortierung=preis-aufsteigend

In dem Fall ist der Parameter sinnvoll – ebenso bei einer Google-Suche, bei der man die Möglichkeit hat, direkt auf eine bestimmte Resultatseite zu springen (siehe dazu Was auf der letzten Seite der Google-Suchresultate steht).

Doch die Parameter sind nicht immer sprechend. In solchen Fällen ist nicht klar, wozu sie dienen. Wenn ich eine Internetadresse mit einem Parameter teile, dessen Sinn und Zweck mir nicht klar ist, dann steht die Möglichkeit des Trackings im Raum. Es könnte sein, dass er dem Betreiber verrät, dass ich den Link geteilt habe – und auf welchem Weg ich das getan habe.

… und weniger sinnvolle

Ein Beispiel für ein solches Tracking sind die UTM-Parameter, denen man im Web häufig begegnet. Sie stammen von Googles Tracking-Tool Google Analytics, bzw. dem Urchin Tracking Module und haben den Zweck, die Wirksamkeit von Online-Marketing-Kampagnen zu ermitteln. Details beschreibt der englischsprachige Wikipedia-Beitrag und die diversen Parameter wie utm_source zur Angabe des Ursprungs-Mediums.

Damit sind wir bei der entscheidende Frage: Wie erkennt man die überflüssigen Bestandteile einer Internetadresse?

Ich mache das über einen einfachen, pragmatischen Test: Wenn ein Bestandteil so aussieht, als ob er überflüssig wäre, dann lösche ich ihn. Wenn die Adresse danach ordnungsgemäss funktioniert, dann war der Bestandteil überflüssig und ich gebe die verkürzte Adresse weiter. Wenn nicht, dann nicht.

Was bei Migros am hinteren Ende noch so dranhängt

Ein reales Beispiel, das auf ein Smartphone-Abo der Migros verweist, und zwar mit folgender Adresse:

https://shop.m-budget.migros.ch/de/mobile-abos/mini?utm_source=src.social_nw.facebook+&utm_medium=md.image&utm_campaign=cn.m-budget-mobile-mini-price-off-aktion-2022-32_prd.mini&utm_id=&utm_term=typ.performance&utm_content=aft.linkad

Hier besteht die Vermutung, dass alles, was nach dem ersten Fragezeichen kommt, überflüssig ist. Ich teste also folgenden Link:

https://shop.m-budget.migros.ch/de/mobile-abos/mini

Und in der Tat: Er führt ohne Fehlermeldung und ohne Probleme zur Seite mit dem «Mobile-Abo Mini» der Migros. Unterschlagen wird die Information, dass der Link ursprünglich von einer Werbekampagne auf Facebook stammt. Dafür ist der Link 51 statt 233 Zeichen lang.

Diese Webanwendung liefert eine saubere Adresse zurück – ohne die Tracking-Informationen von Google, Facebook oder anderen.

Ein Extratipp: Es gibt auch Hilfsmittel, um Adressen zu «reinigen», namentlich den Link Cleaner unter linkcleaner.app¹. Das ist eine Webanwendung, bei der man die lange URL einfügt, woraufhin sie automatisch von «Junk» befreit wird. Es ist auch möglich, Link Cleaner ins Teilen-Menü einzufügen, sodass man mit seiner Hilfe «saubere» URLs weitergibt. Details beschreibt der Autor Corbin Davenport hier.

Lohnt es sich, Links zu reinigen?

Bleibt die Frage: Ist es legitim oder «anständig», Internetadressen zu bereinigen – und lohnt sich der Aufwand?

Die Antwort ist natürlich individuell, aber ich gebe ein klares Ja. Wenn ich hier im Blog einen Link setze, dann geht es niemanden etwas an, woher ich ihn habe. Desgleichen in den sozialen Medien: Auch viele Newsportale statten ihre Links mit Parametern aus, damit sie nachvollziehen können, ob die URLs aus der App, von der Website oder aus einem Newsletter stammen, via Teilen-Knopf weitergegeben wurden – oder wie auch immer.

Und ja, ich verstehe das Interesse an diesen Informationen. Aber ich sehe mich deswegen nicht in der Pflicht, diese Informationen zu liefern. Erstens fürchte ich, dass der Schutz meiner persönlichen Daten in diesem Kontext eine untergeordnete Rolle spielt. Zweitens habe ich Vorbehalte gegenüber von Google Analytics, die ich im Beitrag Schmeisst Google Analytics über Bord ausgeführt habe und die in analogem Sinn auch für andere Tracking-Werkzeuge gelten.

Um das zu untermauern, nochmals zurück zum Beispiel mit der Migros-Werbung. Auf Facebook ist der Link noch viel länger, nämlich 758 Zeichen lang:

https://l.facebook.com/l.php?u=https%3A%2F%2Fshop.m-budget.migros.ch%2Fde%2Fmobile-abos%2Fmini%3Futm_source%3Dsrc.social_nw.facebook%2520%26utm_medium%3Dmd.image%26utm_campaign%3Dcn.m-budget-mobile-mini-price-off-aktion-2022-32_prd.mini%26utm_id%26utm_term%3Dtyp.performance%26utm_content%3Daft.linkad%26fbclid%3DIwAR2asVcbLWikzuGp6eswbCyRzQGGRUJy-9SqXtoyLWYz-P9TlLltKxQughI&h=AT3RJIVlEdFNYJSm8Gz1Vnxyd7qhTswGR7ueOGpecy8_D8LbKfc1LgIeRlZUKyeMznf8S9DAIKdXMTdNWvuW93lcjhmpPQTNn4d3NyKyARGJJi9qYd4nrC_CJpMAsqz3mT9TX04UvXveBsu2j-Y&__tn__=*I&c[0]=AT10hW8-HtTNVihdCdjNO0iXYXHIuaJxnxAL--s1jmLJts7zet2wKp7t0-5u_8hWlI4bFdyk35rBImJI_Da8LWYIgjeCHzTKKkpAsmbElDlR_gcc0Y6S8tyQ7htVLzV0ozzIyzDdI42QbUUm3AsuzFJZdE7I99g7YmO1egiVf3flC1_JXJt0BvzloaBAelbDKHO69E-sRIGqRM3B54z3Tm2QHQ

Es fällt auf, dass der Link so eingepackt ist, dass beim Klick darauf erst einmal Facebook aufgerufen wird und erst dann die eigentliche Adresse zum Zug kommt, die im Parameter u steckt. Schaut man genauer hin, erkennt man, dass Facebook die Angabe noch um einen eigenen Parameter namens fbclid ergänzt hat.

Ein Trick von Facebook, Mechanismen zum Schutz der Privatsphäre zu umgehen

Hier kann man nachlesen, wozu er gut ist:

Fbclid steht für Facebook Click Identifier. Dieser Parameter wird automatisch von Facebook einer URL angefügt, wenn eine Person auf eine Werbeanzeige oder einen ausgehenden Link in Facebook selbst klickt. Der Parameter enthält eine eindeutige Kennzeichnung und ermöglicht sowohl Facebook als auch dem Werbetreibenden, Handlungen auf der Webseite trotz Massnahmen zur Eindämmung von Third-Party-Cookies oder Ad-Blockern zu messen und somit einem Profil bzw. einem Gerät zuzuordnen.

Mit anderen Worten: Wer von Facebook nicht getrackt werden will, der muss jegliche fbclid-Bestandteile unbedingt aus seinen URLs entfernen. Man sollte so weit gehen, solche Links auch im eigenen Gebrauch nicht anzuklicken, sondern erst zu bereinigen und dann zu verwenden.

Klar – das manuell zu machen, ist zu aufwändig. Es wäre jedoch ein ideales Tummelfeld für eine Browser-Erweiterung. Eine Erweiterung für Chrome, die in diese Richtung geht, ist Outgoing Link Cleaner. Für Firefox steht Link Cleaner zur Verfügung².

Fussnoten

1) Der Tipp eines Lesers ist die Android-App Clean Share.

2) Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ich den von Mozilla gelieferten Link für diesen Blogpost bereinigen musste. Denn in der Original-Adresse liefert Mozilla eine fette Dosis Google Analytics mit:

https://addons.mozilla.org/de/firefox/addon/link-cleaner/?utm_source=addons.mozilla.org&utm_medium=referral&utm_content=search

Beitragsbild: Manche Internetadressen sind wie Eichhörnchen: Sie haben einen langen Schwanz, der – im Gegensatz zur Tierwelt – nicht notwendig ist (Rod Dion, Pexels-Lizenz).

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