Für die Kreativen unter den Foto-Hipstern

Wie Instagram, nur besser: Afterlight 2 ist eine App für die Foto-Nachbearbeitung, die einen nicht mit einem riesigen Funktionsumfang erschlägt, aber genügend Möglichkeiten bietet, um Aufnahmen effektvoll aufzuhübschen.

Afterlight 2 ist eine App zur Foto-Bearbeitung, die ich nebst dem Allzeit-Klassiker Snapseed (Mobile Bildbearbeitung für Fortgeschrittene) und Polarr (Photoshop kann einpacken) inzwischen zu meinen Lieblingen zähle.

Die Gradationskurve.

Die App bietet für 3 Franken erstens klassische Bildbearbeitungsbefehle. Es gibt Module fürs Zuschneiden, Drehen, Spiegeln, Begradigen und Verzerren. Zweitens kann sie Helligkeit, Kontrast und Dynamik korrigieren und stellt auch eine Gradationskurve zur Verfügung, die sich auch mit dem Finger recht gut bedient. Die Oberfläche ist schnörkellos und funktionell. Am oberen Rand findet sich eine einfach zu benutzende Bearbeitungshistorie, mit der man Schritte zurücknehmen und den ganzen Bearbeitungsverlauf ansehen kann. Der heiss, leicht fehlerhaft übersetzt, Geschichte.

Apropos Übersetzungen: 

Die sind auch andernorts gewöhnungsbedürftig. Unter der Bezeichnung Aufklärung findet sich nicht etwa ein Modul, das bei Sexting-Bildern Hilfestellung zu den abgebildeten primären Geschlechtsmerkmalen bietet. Nein, vielmehr ist hier ein Regler für die lokalen Kontraste zu finden. Bei Lightroom heisst das Klarheit.

Vielfältige Filter und Effekte

Effektfilter, die etwas mehr hergeben als Instagram.

Drittens hält die App viele Effektfilter bereit. Die Sache wird nicht ganz so weit getrieben wie bei Vsco (Die Illusion von echtem Film), dafür muss man auch keine teuren Filterpakete extra kaufen. Die Filter sind in die Kategorien Original und Legacy sortiert, was aus Nutzersicht keinen Sinn ergibt. Man muss sie somit durchsehen und -probieren, was durch die (winzige) Vorschau etwas vereinfacht wird.

In der Rubrik Collection kann man sich Filter von anderen Nutzern hinzufügen und bei Fusion selbst welche Anlegen – indem man Bearbeitungsschritte aufzeichnet und dann abspeichert. Ähnlich funktioniert das übrigens auch bei Polarr.

Viertens gibt es eine Effektabteilung mit den folgenden fünf Bereichen:

  • Staub: Da gibt es diverse Overlays, die das Bild staubig und etwas antik erscheinen lassen. Das ist natürlich ein Bildbearbeitungstrick, mit dem man sich sofort als Foto-Hipster zu erkennen gibt. Aber immerhin, er ist nicht so schlimm und abgenudelt wie die Sepia-Tonung.
  • Licht: Hier findet man eine recht grosse Auswahl von Overlays, die Lichtlecks simulieren. Auch das ist bekanntlich des Photoshop-Hipsters liebster Effekt. Man kann dem Licht unterschiedliche Farbtonungen geben und, wie bei allen Effekten, die Stärke (Deckkraft) bestimmen.
  • Farbverschiebung: Damit werden chromatische Aberrationen simuliert. Als Brillenträger mit relativ starker Korrektur steht man womöglich nicht sehr auf diesen Look – aber für alle anderen hat er einen authentischen Low-Tech-Charme.
  • Chroma fügt Verzerrungen ein, wie sie durch ein sehr schlechtes Objektiv enststanden sein könnten.
  • Doppelbelichtung ist der kreativste Effekt. Natürlich, man kann den in jeder guten Bildbearbeitung manuell bauen, indem man zwei Fotos stimmig übereinanderlegt, vielleicht etwas maskiert und den passenden Ebenenmischmodus wählt. Doch am iPhone möchte man nicht mit einer komplexen Bildbearbeitungssoftware operieren, sondern schnell auf den Punkt kommen – darum ist dieses Modul absolut gerechtfertigt. Auch in Afterlight 2 hat man die üblichen Mischoptionen (Aufhellen, Verdunkeln, Multiplizieren, farbig nachbelichten, weiches Licht, Unterschied) zur Verfügung.
Lichtleck-Overlays.

Fünftens gibt es die Möglichkeit, Text und Grafikelemente ins Bild einzufügen. Es gibt einigermassen ansprechende typografische Elemente aus kurzen Worten wie Coffee, Enjoy oder Hello. Das ist natürlich ein Zugeständnis an die Snapchat-Generation, die bekanntlich gerne Sticker, Emojis und weiss der Geier was alles in Fotos hineinkopiert. Immerhin sind diese Elemente hier weniger aufdringlich und marktschreierisch – und manchmal sogar ansatzweise geschmackvoll.

Man kann diese eingefügten Elemente drehen, skalieren, herumschieben, einfärben, mit Schatten versehen, in der Deckkraft verändern und auch wieder löschen. Und via Schichten (gemeint sind wohl Ebenen) sogar mit einem Radiergummi bearbeiten.

Das fertige Werk lässt sich in unterschiedlichen Grössen exportieren und mit einem Rahmen versehen. Man kann es nicht nur speichern, sondern auch direkt bei Facebook, Twitter, Instagram oder einem Messenger platzieren.

Nicht zu viel – und nicht zu wenig

Fazit: Afterlight 2 ist eine hübsche Bildbearbeitungs-App, die in Sachen Funktionsumfang einen Mittelweg geht: Nicht spartanisch, aber auch nicht komplett überladen. Wie erwähnt setzt man sich mit manchen Effekten dem Verdacht aus, ein Foto-Hipster zu sein – zu gut für die normalen Instagram-Filter, aber auch nicht einfallsreich genug für echte Foto-Kunst. Doch man bekommt mit dieser App auch wirklich eigenständige Resultate hin – und verpasst seinen Fotos einen zusätzlichen, kreativen Touch.

Kommentar verfassen