Apple entbündeln? So gehts

Es gibt einige Beispiele, bei denen Apple die eigenen Produkte mit Absicht verschlechtert, nur um Eigeninteressen durchzudrücken. Das ist Grund genug, über eine Aufspaltung nachzudenken – im Interesse der Kund- und Nutzerschaft.

Wir haben neulich Apple mit guten Tipps versorgt, wie der Konzern sein Geschäft besser erledigen könnte. Unser Ziel ist dabei natürlich weder die Gewinnmaximierung noch die Steueroptimierung bei der berühmten Computerklitsche aus Cupertino. Wir hätten gerne eine Qualitäts- und Innovationsmaximierung von Tim Cook und seiner Mannschaft. Und schon eine Frustreduktion auf unserer Seite (z.B. in dem Fall) wäre ein Teilerfolg.

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In der Apple-Musik-App ist geniusmässig das Licht ausgegangen. (Bild: niekverlaan/Pixabay.com, CC0)

Besonders umstritten war unter den guten Ratschlägen die Entbündelung. Wie weit die gehen soll, ist eine eigene Diskussion wert: Die Maximalvariante wäre, Apple in drei Teile aufzuspalten: Hardware, Software, Dienste wie die iCloud. So weit muss man nicht gehen. Auch die Apple-Klone müssen nicht unbedingt zurückkommen, wie manche Kritiker der Idee befürchtet haben. Würden sie aber auch nicht, da Apple inzwischen Intel-CPUs verwendet. Man kann auf seinem Mac problemlos Windows oder Linux laufen lassen.

Der Hackintosh lebe hoch!

Umgekehrt klappt es auch, Mac OS anstelle von Windows auf seinen PC zu bekommen, Stichwort Hackintosh. Offiziell ist das (bis jetzt) nicht vorgesehen. Dabei könnte die Entkoppelung von Hardware und Mac OS und der separate Vertrieb von Mac OS X bei Apples desolater Modellpflege helfen: MacBook Air, Mac Mini und Mac Pro sind alle mehr als angestaubt. Im Desktop-Bereich ist der iMac nicht allein seligmachend. Die riesige Auswahl an PC-Hardware für Mac OS zu öffnen, wäre ein echter Dienst am Konsumenten.

Apple dritteln?

Aber nach wie vor ist die Zerschlagung in drei Teile nicht mein vordringliches Ziel, obwohl natürlich längst Gerichte über diese Frage befinden würden, wenn Apple einen ähnlichen Marktanteil hätte wie damals Microsoft, als es im Februar 2001 um die Frage ging, wie sehr der Konzern seine Marktstellung missbraucht. Der bei Windows mitgelieferte Internet Explorer ist im Vergleich zu der Sonderstellung der Apple-Dienste bei iOS und Mac OS eine harmlose Angelegenheit. Spotify beispielsweise hat sich im letzten Jahr ein wenig darüber beklagt, aber das war’s dann auch.

Die enge Verzahnung der eigenen Produkte untereinander ist nicht per se schlecht. Störend ist sie dann, wenn die Konkurrenz dadurch explizit schlechter gestellt wird – und entsprechend auch diejenigen Kunden Nachteile in Kauf nehmen müssen, die gerne ein Konkurrenzprodukt nutzen. Apple Music kann direkt in der vorinstallierten Musik-App gebucht werden. Bei Spotify ist das nicht einmal in der App selbst möglich, da Apple dann darauf bestehen würde, seinen Schnitt von 30 Prozent zu nehmen.

Die Wegelagerei bleibt bestehen

Dass diese Wegelagerei Bestand hat, verstehe ich nicht. Die ist so offensichtlich wettbewerbsfeindlich, dass jeder Verfechter des freien Marktes eigentlich sofort tot umfallen müsste. Ähnlich verhält es sich auch mit Audible. Bücher können nicht in der App gekauft werden, weil Amazon logischerweise nicht will, dass Apple bei jedem Verkauf die hohle Hand macht. Deswegen muss man als Kunde den umständlichen Weg gehen, und seine Bücher über die mobile Website kaufen, bevor man sie in der App herunterladen kann. Reine Schikane, nichts anderes.

Die enge Verzahnung der Produkte führt auch dazu, dass manche Produkte schlechter werden. Ein anschauliches Beispiel ist die bereits erwähnte Musik-App von iPhone und iPad. Die ist seit Einführung von Apple Music annähernd unbrauchbar, wenn man sie weiterhin nur für die eigene gekaufte Musiksammlung nutzt. Die Bedienung ist im Vergleich zu früher massiv schlechter. Und was mich wirklich ärgert, ist, dass Genius sang- und klanglos aus der App verschwunden ist.

Genius musste über die Klinge springen

Erinnert ihr euch noch? Apple Genius hat im Musikkontext nichts mit der Bar im Laden zu tun. Es handelt sich um die Möglichkeit, aufgrund eines Titels oder eines Musikgenres automatische Wiedergabelisten zusammenstellen zu lassen. Diese Funktion gibt es bei iTunes noch. Aus der Musik-App ist sie mit iOS 10 entfernt worden. Ich hatte damals den Verdacht, dass Apple Music schuld daran ist, und ich bin nicht der einzige mit dieser Vermutung:

My guess is that Apple wants everyone to use Apple Music, and creating a station offers a feature similar to a genius playlist. Except it doesn’t. A genius playlist from my library plays my music, whereas a radio station plays music selected from the vast Apple Music library. I want to hear my music, grouped by the genius algorithm, not a selection of music from everywhere.

Ein Produkt absichtlich derart zu verschlechtern, um den Nutzern einen neuen Dienst aufzudrängen, ist schon ein starkes Stück. Und das zeigt, dass Apple in dieser Frage dringend über die Bücher müsste.

Es hätte beispielsweise schon gereicht, statt die Musik-App mit Apple Music zu verseuchen, eine separate Apple-Music-App bereitzustellen. Eine Alternative dazu wäre eine Schnittstelle für die anderen Musikdienste in der Musik-App, die es Spotify, Deezer und Co. erlauben würden, sich auf ähnliche Weise zu integrieren – wie auch immer. Da sind mehrere Varianten denkbar.

Fazit: Es muss bei Apple nicht plötzlich die totale Offenheit einkehren. Es ist mir klar, dass das der Firmenkultur widerspricht. Aber die übelsten Auswüchse, was Gängelei der Kundschaft angeht, die müssen aufhören. Sonst habe ich irgendwann mal keine Lust mehr, mich gängeln zu lassen.

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