Diese Woche gab es gleich zwei Bussen für Apple – und zwar in einem Land, das äusserst gern Bussen gegen Apple verhängt. Sosehr, dass mindestens ein Platz in Rom nach Tim Cook benannt werden sollte.
Busse 1 für Apple und Amazon
Damit habe ich verraten, dass das bussfreudige Land Italien heisst. Erstens wurden dort diese Woche Apple und Amazon gebüsst. Sie müssen wegen einer Marktabsprache 225 Millionen US-Dollar zahlen. Im Bericht von Reuters wird das so erklärt:
Eine Vereinbarung zwischen den Unternehmen aus dem Jahr 2018 hatten zur Folge, dass nur ausgewählte Wiederverkäufer Apple- und Beats-Produkte auf Amazon.it verkaufen durften, so die Aufsichtsbehörde.
Von der Geldstrafe muss Amazon 68,7 Millionen Euro und Apple 134,5 Millionen Euro übernehmen. Ausserdem seien die Beschränkungen aufzuheben.
Busse 2 für Apple und Google
Im zweiten Fall ist auch Google mit an Bord. Beide Tech-Unternehmen werden mit je zehn Millionen zur Kasse gebeten, weil sie die Nutzer nicht ordnungsgemäss um ihre Zustimmung gebeten haben, bevor sie deren Daten für geschäftliche Zwecke verwendet haben.
Die Begründung der italienischen Wettbewerbsbehörde ist absolut lesenswert:
Als Erstes wird erklärt, wie Google Geld verdient. Zweitens kommt Apple an die Reihe. Und ja, dass auch Apple sehr viele Informationen über uns sammelt, ist ein offenes Geheimnis. Apple verwertet diese Daten nicht direkt, indem sie etwa an Dritte verkauft würden. Doch Apple profitiert selbst sehr, um die eigenen Produkte den Kunden zu präsentieren und ins richtige Licht zu rücken. In der Begründung werden die «Handelsplattformen App Store, iTunes Store und Apple Books» erwähnt, aber genauso gut könnte von Apple Music oder AppleTV+ die Rede sein:
In diesem Zusammenhang stellte die Behörde fest, dass zwischen den Nutzern und den jeweiligen Betreibern eine Verbraucherbeziehung besteht, auch wenn kein Geld ausgezahlt wird, deren Gegenleistung in den Daten besteht, die sie bei der Nutzung der Dienste von Google und Apple preisgeben.
Apple und Google haben es demnach versäumt, den Nutzer:innen dieses Eigeninteresse ausreichend zu erklären. Seitens Apple sieht das Versäumnis wie folgt aus:
Sowohl bei der Erstellung der Apple-ID als auch beim Zugang zu den Apple Stores informiert Apple den Nutzer nicht unmittelbar und ausdrücklich über die Erhebung und Verwendung seiner Daten zu kommerziellen Zwecken, sondern betont lediglich, dass die Datenerhebung notwendig ist, um das Kundenerlebnis und die Nutzung der Dienste zu verbessern.
Als Zyniker könnte man sagen, dass das völlig klar ist und nur jemand, der in den letzten Jahren unter einem Stein gelebt hat, davon überrascht ist, dass Konzerne Nutzerdaten für eigene Zwecke bewirtschaften. Ich würde auch argumentieren, dass das oft auch im Sinn der Kunden ist, weil es das Kundenerlebnis tatsächlich verbessert.
Aber die italienischen Wettbewerbshüter haben einen Punkt, wenn sie darauf hinweisen, dass die enge Verquickung all dieser Dienste aus Sicht des Datenschutzes problematisch ist und allerlei Interessenskonflikte hervorruft – auch wenn meines Erachtens das grössere Problem tatsächlich in der Benachteiligung der direkten Konkurrenz, namentlich Spotify und Co. besteht.
Busse 3 und 4 für Apple
Wie eingangs angedeutet, sind das aber längst nicht alle Bussen, die Apple in Italien kassiert hat. Schon Ende 2020 waren zehn Millionen Euro fällig geworden, damals wegen irreführender Werbung: «Die Wettbewerbshüter bezeichnen das Werbeversprechen, wonach neue iPhones wasserdicht seien, als irreführend und aggressiv», hiess es in der «Netzwoche». Und 2011 kostete es den Konzern 900’000 Euro, weil er nicht klar genug darauf hingewiesen hatte, dass Händler den Kunden eine zweijährige, kostenlose Garantie gewähren müssten.
… und eine Kartellklage für Microsoft
Es war nur eine Frage der Zeit, bis Microsoft eine neue Kartellklage an den Hals bekommen würde. Der Konzern ist nämlich dabei, seine Produkte immer enger zu verzahnen – und zwar auf eine Weise, die man absolut als wettbewerbswidrig ansehen kann.
Ich habe im Beitrag Wie Microsoft uns Nutzern seinen Browser aufnötigt analysiert, wie Windows immer stärker und teils auf fragwürdige Weise mit dem Edge-Browser und der Suchmaschine Bing verbandelt wird. Bei Windows 11 erhält auch die Chat- und Kollaborationssoftware Teams einen prominenten Auftritt in der Taskleiste. Schon länger ist die Clouddateiablage Onedrive direkt ins Betriebssystem integriert.
«Der Spiegel» berichtet von einer Klage des Stuttgarter Softwareherstellers Nextcloud, der vom Bundeskartellamt verlangt, man möge überprüfen, ob Microsoft eine marktbeherrschende Stellung habe und selbige ausnütze. Es geht um Teams und um Onedrive, denn in dem Bereich steht Nextcloud in direkter Konkurrenz zu Microsoft. Ich habe Nextcloud vor zwei Jahren ausführlich getestet und vorgestellt (Ein grosses Plus an Sicherheit und Privatsphäre) und würde sofort bestätigen, dass die tiefe Integration der Microsoft-Dienste der Konkurrenz schadet.
Noch viel weiter geht die Integration des eigenen Clouddienstes jedoch bei Apple: So praktisch es ist, wenn die iCloud nahtlos mit den Geräten verzahnt ist, hielte ich es für wünschenswert, wenn der Nutzer beispielsweise für die Sicherung seiner Geräte den Clouddienst frei wählen könnte und auch eine selbst gehostete Lösung wie Nextcloud einsetzen könnte.
Beitragsbild: Italien zeigt Techkonzernen wie Apple und deren Geschäftspraktiken die kalte Schulter bzw. den heissen Hintern (Heinz Klier, Pexels-Lizenz).