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Der Rückblick der Woche 29: Der Twitter-Promi-Hack; Fragwürdige Werbung bei Facebook für gefährliche Krebstherapien; wie jüdische Twitter-Nutzer den #JewishPrivilege-Hashtag von Antisemiten kapern. Und: «Zurück zum Mac» – wie ein Mac-Fan nach einer Woche mit dem iPad Pro reumütig zum Macbook zurückkehrt.

Der grosse Twitter-Promi-Hack

Die bewegendste Geschichte aus der Tech-Welt diese Woche ist zweifellos der gelungene Coup der Bitcoin-Verkäufer auf Twitter. Der Angriff hat seine eigene Wikipedia-Seite und bei Motherboard kann man nachlesen, wie er stattgefunden hat.

«Wir haben einen Repräsentanten des Unternehmens benutzt, der buchstäblich die ganze Arbeit für uns gemacht hat», sagte eine der Quellen gegenüber «Motherboard». Die zweite Quelle fügte hinzu, sie hätten den Twitter-Insider bezahlt.

Screenshots, die dem Medium vorliegen, zeigen offenbar, dass der Angriff über ein internes Administrationswerkzeug ausgeführt worden sind:

Einer der Screenshots zeigt das Panel und das Konto von Binance; das von den Hackern übernommen worden ist. Den Screenshots zufolge scheinen zumindest einige der Konten kompromittiert worden zu sein, indem die zugehörigen E-Mail-Adressen geändert worden sind.

Unter diesen Umständen kann die Software noch so sicher sein – da hilft alles nichts. Denn Sabotage von Innen lässt sich nicht vermeiden, sondern höchstens erschweren; beispielsweise durch das Vier-Augen-Prinzip. Es bewahrheitet sich die alte Erkenntnis, dass das grösste Sicherheitsrisiko in einem Unternehmen die Mitarbeiter sind.

Es ist aber auch klar, dass so ein Angriff kostspielig ist. Denn es ist davon auszugehen, dass Twitter problemlos nachvollziehen kann, welcher Mitarbeiter hier Hand geboten hat – falls solche Zugriffe nicht geloggt werden, wäre das ein fahrlässiges Versäumnis.

Wer sich als Mitarbeiter an einem solchen Coup beteiligt, der muss mit Jobverlust und Anklage rechnen – und damit, nie wieder in dieser Branche zu arbeiten. Somit muss es der Person genügend Geld einbringen, damit sie untertauchen und sich eine neue Existenz unter anderem Namen aufbauen kann. Das macht man nicht für ein Taschengeld, sondern erst ab einem zweistelligen Millionenbetrag.

Allerdings klingt es so, als ob man obendrein auch die Filmrechte für die Geschichte verkaufen könnte. Wenn man das geschickt macht, muss man überhaupt nie wieder arbeiten. Wir können also gespannt sein, was noch ans Tageslicht kommt.

Politiker fordern bereits Massnahmen, nämlich Aufklärung und Verschlüsselung. Was das bringen soll, bleibt mir unklar – wo ich doch gerade ausgeführt habe, dass sich Sabotage von Innen nicht verhindern lässt. Das einzige, was hilft, ist Mündigkeit: Die Benutzer von sozialen Medien dürfen einfach nicht alles glauben, egal welcher Promi es auf Twitter oder sonstwo abgesondert hat.


Werbung für gefährliche Krebstherapien bei Facebook

Facebook und Google reissen das Geschäft mit der Werbung an sich, sodass für die traditionellen Medien immer weniger vom Kuchen bleibt – das ist eine bekannte Tatsache. Die Internetkonzerne betreiben ein «Targeting», also eine Ausrichtung auf Zielgruppen, die ihre ganz eigenen Probleme mit sich bringt.

Ein eindrückliches Beispiel dafür fand sich in dieser Woche in der «New York Times»: Die Kolumnistin Anne Borden King beschreibt, was passiert ist, nachdem sie auf Facebook über ihre Brustkrebs-Diagnose geschrieben hat:

Seitdem erscheinen in meinem Facebook-Feed Anzeigen für «alternative Krebsbehandlungen»: Die Anzeigen sind neu in meiner Timeline. Sie werben für alles von Kreuzkümmel-Samen bis hin zu kolloidalem Silber. Einige Anzeigen preisen Luxuskliniken oder sogar «ungiftige Krebstherapien» an einem Strand in Mexiko an.

Das stösst der Kämpferin gegen Pseudowissenschaften sauer auf; sie empfindet es als Schlag ins Gesicht. Die Anzeigen würden alle Kriterien erfüllen, auf die sie inzwischen geeicht ist: Unerprobte und manchmal gefährliche Behandlungen, die übersimplifizierte Lösungen versprechen.

Es ist allzu menschlich, dass jemand, der eine Krebsdiagnose erhalten hat, anfällig ist für solche Botschaften. In einem solchen Gefühlszustand ist es schwierig, die kritische Betrachtung aufrecht zu erhalten, was Facebook gnadenlos ausnutzt.

Borden King hat eine weitere interessante Beobachtung gemacht: Facebook hat in ihrem Newsfeed nur pseudowissenschaftliche Therapien beworben. Es gab keine einzige Anzeige zu einer schulmedizinischen Krebsbehandlung gesehen:

Das mag daran liegen, dass sich Pseudowissenschaftsunternehmen in einer Weise auf soziale Medien verlassen, wie dies bei anderen Formen der Gesundheitsfürsorge nicht der Fall ist.

Das finde ich einigermassen erschreckend. Wir sprechen darüber, wie Facebook die freie politische Meinungsbildung beeinträchtigt – und wie Fehlinformationen zum Coronavirus von den Nutzern bedenkenlos geteilt werden. Aber das ist noch gefährlicher, weil Facebook mit solcher Werbung Geld verdient und darum kein Interesse hat, sie zu stoppen.

Und wie Borden King schreibt:

Die Evidenz ist eindeutig: Die Sterblichkeitsraten sind viel höher bei Menschen mit Krebs, die alternative Therapien anstelle der Standardbehandlung wählen.


Den Antisemiten ein Stinkefinger

Sehr gefreut habe ich mich über den Beitrag User kapern rechten Hashtag, um über Antisemitismus zu berichten von «The Best Social Media». Antisemiten haben ihren Hass auf Juden in den sozialen Medien mit #JewishPrivilege getaggt.

Nach einem Aufruf sind jüdische Nutzer dieser Medien dazu übergegangen, mit diesem Hashtag über Angriffe, Ächtungen und Herabsetzungen zu berichten, die sie selbst erlebt haben.

Etwas zur Geschichte des diffamierenden Begriffs zu lesen gibt es bei der «Chicago Tribune» – mit dem Zentrum ist eine Informationsstelle über Extremismus der Anti-Defamation League, einer US-amerikanischen Bürgerrechtsorganisation gemeint.

Das Zentrum habe den Begriff 2017 bemerkt, als er in Flugblätter erschien, die an der University of Illinois in Chicago verteilt wurden, sagte Segal. Auf dem Flugblatt hieß es, dass «das Ende der Privilegien für Weisse sich mit dem Ende der jüdischen Privilegien überschneidet» und stellte die Behauptung auf, dass jüdische Amerikaner an führenden Universitäten bevorzugt würden.

Der Beitrag stellt klar, dass das Flugblatt trotz der irreführenden Formulierung nicht aus Kreisen von Black Lives Matter kam, sondern von weissen Suprematisten.


«Zurück zum Mac»

Und abschliessend noch ein vergleichsweise lockeres Thema. Das hat zwar auch das Potenzial für erbitterte Debatten in den sozialen Medien – aber immerhin geht es nicht um Leben und Tod.

Es geht nämlich um die alte Frage, ob das iPad einen klassischen Computer ersetzen kann. Ich habe eine klare Meinung dazu: Nein, das iPad ist nicht der bessere PC. Trotz der verbesserten Maussteuerung, der inzwischen brauchbaren Dateien-App und dem Magic Keyboard fürs iPad Pro, das von den iPad-Fans richtiggehend abgefeiert wurde.

Bei Macwelt.de habe ich über ein ausführliches Experiment gelesen, bei dem der Autor Michael Simon eine Woche lang nur mit dem iPad gearbeitet hat. Und ja, mir ist klar, dass der Ausgang dieses Experiments sehr von der Erwartungshaltung abhängt: Als iPad-Skeptiker wird man viele Haare in der Suppe finden, während der iPad-Fan geneigt ist, Schwächen zu verzeihen.

Doch vieles, was Simon schreibt, hat mich so oder ähnlich auch gestört – zum Beispiel der mühsame Umgang mit Text, die fehlenden angehefteten Reiter im Browser (ich würde meine Lieblings-Browser-Erweiterungen ergänzen), das komplizierte Multitasking oder die rudimentäre Unterstützung für den z weiten Bildschirm. Darum ist sein Fazit für mich einleuchtend:

Meine Hauptprobleme hier – Multitasking, Display-Spanning und der Cursor – werden vielleicht nie an den Punkt gelangen, an dem sich langjährige Mac-Benutzer mit ihnen wohlfühlen. (…)

Beitragsbild: Moose Photos, Pexels-Lizenz

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