Heute ist der Tag, um Adieu zu sagen: Ein alter Kommunikationsbegleiter verlässt uns. Nicht freiwillig, sondern weil ihn Microsoft aufs Altenteil schickt. Oder, wenn ihr eine dramatischere, aber nicht unzutreffende Metapher mögt: Ihm den Stecker zieht.
Es geht natürlich um Skype. Dieses Programm begleitete viele von uns gute zwanzig Jahre lang. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass es Internet-Geschichte schrieb: Es ebnete der IP-Telefonie den Weg. Ich habe seinerzeit auch andere Varianten ausprobiert, doch Skype war unschlagbar einfach. Und das Programm ist bis heute im Einsatz, weil ich Familienmitglieder im Ausland, die bisher nicht App-Zeitalter angekommen sind, günstig auf dem Festnetzapparat anrufen kann.
Skype zu ersetzen, ist kein Zuckerschlecken
Als Vorbereitung für den heutigen Tag habe ich ein Smartphone durch die Welt geschmuggelt und erklärt, wie man es ins WLAN bringt, mit Apps wie Threema und Signal bestückt und sich dort einloggt. Ob es funktioniert, ist derzeit offen.
Von mir aus hätte dieser Veteran sein Fähnchen noch ein paar Jahre länger im Wind flattern lassen können. Aber es ist nicht zu bestreiten, dass er nicht mehr zeitgemäss ist: Telefongespräche sind heute keine isolierte Kommunikationsform mehr, sondern bloss ein Kanal unter vielen. Wir schreiben Kurzbotschaften in Messengern und manche von uns können Sprachnachrichten etwas abgewinnen. Für grössere Absprachen starten wir eine Videokonferenz und wenn ad-hoc etwas diskutiert werden muss, was den Rahmen eines Chats sprengt oder wenn wir in Plauderlaune sind, dann starten wir einen Anruf. Apps wie Threema und Slack erfüllen diese Ansprüche besser. (Auch wenn Microsoft zum Skype-Nachfolger Teams erkoren hat.)
Eine bittersüsse Skype-Geschichte aus Reddit
Darum schliesst sich hier zwar ein Kapitel in der Historie des Internets, auch wenn sich die Trauer in Grenzen hält. Das drückt auch dieser Reddit-Post aus, der diese Gefühls-Mischung aus Wehmut und Aufbruchstimmung auf eine persönliche Ebene hebt.
Bevor ich sie hier erzähle, der Hinweis, dass mich diese Anekdote an die Netflix-Serie Pørni erinnert. Pernille, die Hauptfigur, tut das gleiche mit ihrer Schwester. Es gehört zu den Lebensbewältigungsstrategien; ebenso wie das Sitzen im ultrahässlichen Landrover in der Garage, der ihr persönlicher Rückzugsort ist.
Sprachnachrichten in den Weiten des Äthers
Sie sei ausgewandert, schreibt Lea. Sie habe angefangen, einmal pro Woche mit ihrem Vater zu telefonieren und über ihr und sein Leben zu plaudern, über das Leben im fremden Land und sein Enkelkind. Das ging lange gut, bis er an Prostatakrebs starb. Weil sie seine Anrufe vermisste, hat sie ihn weiterhin angerufen und ihm Sprachnachrichten hinterlassen: «Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass er sie empfangen würde, egal wo er ist.»
Inzwischen gibt es diese Funktion nicht mehr und mit dem Ende von Skype geht auch das Konto ihres Vaters dahin:
Mit dem Verschwinden von Skype sind auch diese Nachrichten verschwunden, also ist es vielleicht an der Zeit, sich zu verabschieden. Möge er in Frieden ruhen.
Beitragsbild: Bald kein Empfang mehr unter dieser App (Tirza van Dijk, Unsplash-Lizenz).