Was Ärztinnen so anstellen, wenn sie betrunken sind

Selbst ist die Frau: Das ist für Frucht­bar­keits­ärz­tin Nana nicht bloss eine Flos­kel, sondern die Me­thode, mit der sie sich in der Net­flix-Serie «Skruk» ohne direkte männ­liche Mit­wir­kung spontan ihren Kin­der­wunsch erfüllt.

Lohnt es sich nach zehn Jahren noch, für Netflix zu bezahlen? Das Gegenargument sind die ständigen Preisaufschläge. Für weitere Treue sprechen die guten Serien, die es im Angebot immer noch gibt. Wie Befruchtet (Skruk im Original; Baby Fever in Englisch), eine Comedyserie aus Dänemark um die Ärztin Nana (Josephine Park), die in Kopenhagen ihr Geld damit verdient, Menschen ihren Kinderwunsch zu erfüllen. Sie zeichnet sich durch ein lockeres Verhältnis zur Wahrheit aus. Das ist ihr in ihrem Beruf – zumindest anfänglich – eine grosse Hilfe. Sie erteilt ihren Klientinnen und Klienten die Ratschläge immer aus einer scheinbar persönlichen Perspektive und erfindet dazu ad-hoc die passenden Kinder.

Doch in Tat und Wahrheit ist die Fruchtbarkeitsärztin kinderlos: Sie hat ein schwieriges Verhältnis zu ihrer Mutter (Tammi Øst), die sich die Dinge ebenfalls so zurechtbiegt, wie es für sie am besten passt: Die gescheiterte Beziehung zu Nanas Vater verarbeitete sie zu einem Schlager, der ihr einen ESC-Sieg einbrachte, während sie Offenheit ihrer Tochter gegenüber in dieser Sache nicht für notwendig hielt. Als nun Nana feststellt, dass ihre biologische Uhr viel schneller tickt als normal, verfällt sie nach einem Saufgelage mit ihrer Freundin Simone (Olivia Joof Lewerissa), sich aus der benachbarten Samenbank das Sperma ihres Exfreunds und Noch-Schwarms Mathias (Simon Sears) zu besorgen und es sich eigenmächtig zuzuführen.

Unerwartet trifft Nana auf Mathias.

Mal schnell zum Röhrchen greifen

Und ja, das klingt nach einer Wendung, die die Drehbuchautoren (Nikolaj Feifer und Amalie Næsby Fick) nicht nur mit ein bisschen Tension, sondern mit voller Gewalt an den Haaren herbeigezogen haben. Es gehört aber zu den Stärken dieser Serie, dass sie uns dazu bringt, uns auf die Ereignisse einzulassen, selbst wenn wir sie als alles andere als wahrscheinlich taxieren würden. Die Glaubwürdigkeit beruht auf zwei Pfeilern: Erstens die zugeneigte Erzählweise, die nicht in Klamauk oder ins Lächerlichmachen abgleitet. Und zweitens die tolle Leistung von Josephine Park, mit der sie die Hauptfigur verkörpert. Das Minenspiel, der oft skeptische Gesichtsausdruck, die stille Verzweiflung: toll.

Nana ist so sympathisch, dass wir Zuschauer ihr ihre extreme Grenzüberschreitung schnell verzeihen und mit ihr mitleiden, wie sie wilde Haken schlägt, um bloss nicht vor Mathias mit einem Geständnis rausrücken zu müssen. Und es ist auch eine Stärke der Serie, dass sie es schafft, die Geschichte in einer zweiten Staffel weiterzuspinnen – hier allerdings mit einer Intrige, bei der unser Wohlwollen auf eine deutlich stärkere Probe gestellt wird. Denn die Intrige, die Nana gegen Mathias’ Freundin Lucia (Trisha Fernández) anzettelt, ist schon mehr als hinterhältig. Dafür spielt das Baby in dieser zweiten Staffel hervorragend: Wie es in der einen Szene genau im richtigen Moment einen grossen Schwall seines Mittagessens wieder von sich gegeben hat, muss mit einem Schauspielpreis gewürdigt werden!

Josephine Park als Ärztin Nana.

Fazit: Die Dänen haben in der letzten Zeit einiges zu meiner Fernsehunterhaltung beigetragen. Nebst Skruk empfehle ich auch gerne Borgen und, schon etwas älter, Die Brücke.

Beitragsbild: Auf die Perspektive kommt es an – und wir Zuschauerinnen lassen uns gern auf Nanas ein (Screenshot Netflix).

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