Als ob das iPad von einem Dämon besessen wäre

Fast niemand kennt die Funktion «Geräte in der Nähe steuern», die es am iPhone und iPad gibt – dabei ist sie prak­tisch und hat auch Scha­ber­nack-Poten­zial.

Es gibt eine tolle kleine Funktion am iPhone, iPad und der Apple Watch, die fast niemand kennt – die aber einen grossen Nutzen und auch beträchtliches Schabernack-Potenzial hat. Sie heisst Geräte in der Nähe steuern.

Sie findet sich in den Einstellungen bei Bedienungshilfen im Abschnitt Physisch und motorisch (auch bei der Uhr):

Die Knöpfe zur Fernbedienung eines anderen Apple-Geräts.

Die Platzierung in diesem Menü weist auf den Sinn und Zweck dieses Features hin. Es ist dazu da, Nutzerinnen und Nutzer zu unterstützen, die Probleme mit der Touch-Bedienung haben. Wir können für sie Aktionen auslösen, ohne ihnen das Gerät aus den Fingern zu nehmen – also diskret und so, dass es nicht bevormundend wirkt.

Für viele der Bedienungshilfen gilt, dass sie auch für Menschen ohne entsprechende Beeinträchtigung nützlich sein können: Schon vor bald zwanzig Jahren habe ich in einem Interview festgestellt, dass die Erfahrungen behinderter Nutzerinnen und Nutzer die Nutzerfreundlichkeit für alle verbessert.

Steuern lassen sich auf diese Weise andere iPhones und iPads, die via iCloud mit dem gleichen Account angemeldet sind. Es gibt sechs Knöpfe, die folgende Funktionen auslösen:

  • Zurück (wie ein Druck auf den Home-Knopf)
  • App-Uschalter (App-Switcher)
  • Mitteilungszentrale öffnen
  • Kontrollzentrum
  • Siri starten
Praktisch: Die Befehle für die Medienwiedergabe, mit denen man am Kinder-iPad zum nächsten Video wechselt.

Einfluss auf die Medienwiedergabe nehmen

Der sechste Knopf öffnet ein Menü, in dem es auch Knöpfe zur Steuerung der Medienwiedergabe gibt: Wiedergabe/Pause, Nächster Titel, Vorheriger Titel, Lauter und Leiser.

Stellt sich die Frage: Was können Nutzerinnen und Nutzer damit anfangen, für die die Funktion nicht gedacht ist? Ich sehe drei Möglichkeiten – mit fliessenden Übergängen zwischen Punkt zwei und drei:

  1. Für Screencasts können komplexe Vorgänge von zwei Leuten bzw. mit einem Hilfsmittel gesteuert werden – besonders das Starten und Stoppen der Wiedergabe ist praktisch. Und wenn ein Gerät mit einer richtigen Kamera abgefilmt wird, lassen sich Aktionen auslösen, ohne dass Hände und Finger im Bild sind.
  2. Wenn das Kinder-iPad im Einsatz ist, das Kind aber auch auf mehrere Aufforderungen hin die Lautstärke nicht zurückdrehen will, dann können wir das selbst tun, ohne dass das Kind uns davon abhalten könnte. Oder, wenn ein Quatsch-Video läuft, springen wir zum nächsten Clip, der hoffentlich besser ist.
  3. Wir können Leuten weismachen, das Apple-Gerät sei von einem Dämon besessen.

An dieser Stelle ein Hinweis auf die Schaltersteuerung. Sie ist für Menschen gedacht, die mit dem Touchscreen oder auch mit einer Maus oder Trackpad nicht zurechtkommen. Sie können die Apple-Geräte (iPhone, iPad, Mac und Apple TV) über andere Eingabemethoden bedienen, zum Beispiel über eine Art Joystick. Auch via Kamera, d.h. mit Kopfbewegungen oder über die Stimme ist eine Bedienung möglich.

Jeder Knopf lässt sich auch aus der Ferne betätigen

Per Schaltersteuerung stehen Befehle zur Auswahl, mit der das Gerät vollständig fernbedient werden kann.

Es ist beeindruckend, was Apple an Möglichkeiten bereitstellt. Es gibt auch die Methode, ein anderes Apple-Gerät für die Schaltersteuerung zu verwenden, was ebenfalls eine Art Fernbedienungs-Möglichkeit ergibt.

Wenn die Schaltersteuerung auf einem Gerät aktiviert ist, dann erscheinen bei den anderen Geräten im erwähnten Menü Geräte in der Nähe steuern weitere Befehle: Mit Zurück und Weiter wechseln wir von einem Bedienelement auf dem Bildschirm zum nächsten; das aktive wird jeweils durch einen blauen Rahmen markiert. Über Auswählen aktivieren wir es, worauf über ein Popup-Fenster die verfügbaren Aktionen erscheinen. Mit Aktivieren betätigen das selektierte Bedienelement. Auf diese Weise ist es möglich, das Gerät komplett fernzusteuern – allerdings natürlich deutlich langsamer als per Touch.

Ein praktischer Nebeneffekt besteht darin, dass in der Benutzeroberfläche visualisiert wird, welche Steuerelemente vorhanden sind und welche Interaktions-Möglichkeiten es gibt: Allenfalls ist das interessant für ein Screencast, weil so die Interaktionen sichtbar werden. Bei der normalen Bedienung ist das oft schwierig, da für den Zuschauer schwer sichtbar ist, wo welche Touch-Operation ausgeführt wird.

Eine Alternative dazu ist die Option, die Touch-Punkte zu visualisieren. Bei Android gibt es dafür eine Option in den Entwicklereinstellungen unter Eingabe. Bei iOS und iPad OS gibt es die leider nicht – beim Antippen werden die Schaltflächen markiert, was in Videos allerdings nur schwer zu erkennen ist. Ich habe in meinen Screencasts jeweils Pfeile verwendet – aber eben, die Schaltersteuerung eröffnet auch eine Möglichkeit.

Weitere Informationen finden sich im Beitrag Schaltersteuerung als Bedienungshilfe für dein iPhone, iPad oder deinen iPod touch in der Supportdatenbank von Apple. Die Option Andere Geräte für die Schaltersteuerung verwenden ist hier beschrieben. Eine ausführliche Anleitung gibt es auch hier.

So präsentiert sich die Schaltersteuerung am Zielgerät, hier am iPad.

Beitragsbild: Nein, es geht alles mit rechten Dingen zu (Alexandru Manole, Pixabay-Lizenz).

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