Neulich habe ich den Explorer als eines der Highlighs von Windows herausgestrichen. Und ja: Dieses Programm erfüllt seinen Zweck und hat auch ein paar versteckte Stärken.
Trotzdem soll die Frage erlaubt sein: Ginge es nicht auch besser? Und moderner? Denn im Kern ist der Explorer seit Windows 95 der alte geblieben. Klar, mit Windows 8 wurde die Menüleiste durch das Menüband (den Ribbon) ersetzt, und es gab einige neue Funktionen wie die Bibliotheken. Aber das ist, auf 25 Jahre gesehen, doch ziemlich bescheiden.
Zum Beispiel warten wir noch immer auf die Möglichkeit, Browserfenster auch als Reiter darzustellen. Beim Mac wurden die immerhin schon 2013 mit Mavericks (10.9) eingeführt. Da wäre es so langsam an der Zeit – auch wenn es mit Groupy eine Shareware gibt, die genau diese Funktion nachrüstet. Ich habe sie ausführlich vorgestellt und auch lange Zeit benutzt – dann aber wieder mit ihr aufgehört, weil die Reiter eben doch nicht so nahtlos funktionieren, wie wenn sie direkt ins Programm integriert wären.
Das ist ein guter Grund, Files zu testen. Es handelt sich bei dieser App um ein alternatives Dateiverwaltungsprogramm, das es kostenlos im Microsoft Store gibt. Es verwendet das neue Gestaltungsparadigma namens Fluent Design und hat eine moderne, übersichtliche Oberfläche. Und eben: Man kann Reiter verwenden.
Navigation und Dateiaktionen in einem Arbeitsschritt
Legt man einen neuen Reiter an, dann zeigt er die Favoriten-Ordner, Laufwerke und die zuletzt verwendeten Dateien. Die geöffneten Reiter erscheinen am oberen Rand.
Natürlich kann man eine Datei per Maus auf einen Reiter ziehen, um sie zu verschieben oder zu kopieren. Praktischerweise öffnet sich der Reiter, wenn man per Drag&Drop eine oder mehrere Objekte daraufbewegt. Das Gleiche gilt auch für Ordner: Man kann somit gleichzeitig durch die Verzeichnisstruktur navigieren und Dateien verschieben. Irrsinn, dass das beim Explorer nicht geht!
Falls man lieber wie früher beim Dateimanager zwei Fenster nebeneinander hätte, ist das ebenfalls möglich. In den Einstellungen bei Multitasking aktiviert man die Option Geteilte Ansicht. Dann steht über den Knopf Mehr Optionen (mehr zu dem weiter unten) auch der Befehl Neues Panel zur Verfügung, über den man eine zweite Dateiansicht einblendet.
Unter der Reiterleiste gibt es ein Adressfeld, das wie der Original-Explorer eine Brotkrumen-Navigation anzeigt. Es dient auch als Eingabefeld, in das man direkt hineintippen kann. Daneben findet sich der Knopf für die Suche.
Auch für Cloudablagen?
Am linken Rand erscheint eine Leiste mit Favoriten und Laufwerken, in der auch die Bibliotheken einblendbar sind (siehe unten).
Einmal sind während meines Tests auch Cloud-Laufwerke aufgetaucht, sodass die Hoffnung besteht, dass hier in einer zukünftigen Version auch die Datenbestände von Onedrive, vielleicht auch von Dropbox, iCloud oder Nextcloud direkt zur Verfügung stehen könnten. Die Leiste blendet man über den Knopf links oben ein- und aus.
Rechts unterhalb der Suchleiste finden sich vier Knöpfe:
- Der erste enthält die Selection options, mit denen man alle Dateien auswählt, die Auswahl aufhebt oder umkehrt.
- Die Display Options erlauben es, die versteckten Dateien sowie die Dateierweiterungen ein- und auszublenden, und es gibt die Ansichten Detail und Kachel, sowie Raster in klein, mittel und gross.
- Über Vorschaupanel anzeigen erscheint eine Leiste am rechten Rand, die eine Dateivoransicht, sowie Detailinformationen zum ausgewählten Dokument anzeigt.
- Über Mehr Optionen öffnet man einen neuen Reiter oder ein neues Fenster, was allerdings schneller mit
Ctrl
+t
bzw.Ctrl
+n
geht.
In den Einstellungen darf man Anpassungen vornehmen und zum Beispiel die Bibliotheken zum Vorschein bringen, die standardmässig ausgeblendet sind.
Noch nicht ganz alltagstauglich
So weit, so gut. Ein paar Kritikpunkte gibt es auch: Die Files-Apps war bei meinem Test nicht sehr zuverlässig, sondern blieb immer mal wieder hängen oder reagierte nicht mehr auf Klicks. Zum Beispiel ist das reproduzierbar beim Rechtsklick passiert.
Ich kann daher nicht erklären, welche Optionen man über das Kontextmenü zur Verfügung hat. Meine Vermutung ist, dass man einen Ordner den Favoriten hinzufügen könnte. Denn nur mit einer individuellen Anpassung, ergibt diese Liste einen Sinn – aber ich habe keine andere Methode gefunden, mit der das möglich wäre.
Mit diesen Mankos ist Files für mich leider nicht alltagstauglich. Ich stelle das Programm trotzdem vor, weil es auf anderen Windows-Systemen vielleicht zuverlässiger läuft. Ausserdem gibt es ein hervorragendes Vorbild ab, falls Microsoft irgendwann auf den Gedanken verfallen sollte, eines der zentralen Programme des Betriebssystems auf ein zeitgemässes Niveau zu heben. Lassen wir uns überraschen, ob das innert nützlicher Frist passieren wird – und ob die nächste Version des Windows-Explorers eine erkennbare Ähnlichkeit mit Files haben wird.
Denn, nebenbei bemerkt, ist Files Open-Source. Die Quellen gibt es hier, die Dokumentation da.
Beitragsbild: Jetzt muss sich Redmond nur noch um die Ballabnahme kümmern (RF._.studio, Pexels-Lizenz).
eine sehr leichte Alternative ist: Explorer++
Minus Punkte: Volltextsuche nicht möglich