mapnificent.net ist ein wirklich hübscher Webdienst, der einmal mehr eindrücklich beweist, weswegen möglichst viele Daten offen sein sollten. Ich habe schon 2017 den Aufruf Werdet Fans von Open Data! gestartet. Bislang leider nicht mit dem durchschlagenden Erfolg, den ich mir erhofft habe. Aber womöglich liegt das auch an mir selbst: Ich reite nicht so oft auf open data herum, wie ich es tun sollte.
Darum hier ein kleiner Tipp, der diesem Begehren Nachdruck verleihen soll. Der Dienst operiert mit offenen Daten aus aller Welt. Im Fall der Schweiz kommen die Daten und offenen Schnittstellen der SBB zum Einsatz, über die ich beim Nerdfunk eine ganze Sendung gemacht habe. Die Idee von Mapnificent ist, uns aufzuzeigen, wie weit man in einer vorgegebenen Zeit reisen kann.
Wie weit komme ich in zwei Stunden?
Ein Beispiel: Man hockt in den Ferien in einem gottverlassenen Kaff irgendwo in einem Land, das man vielleicht besser nicht bereist hätte. Nun hat man das Hotel dort, warum auch immer, schon bezahlt. So überlegt man sich also, dass man nun einen Ausflug machen könnte – eine Stunde mit dem Zug irgendwohin, dann dort ein bisschen bleiben, dann eine Stunde wieder zurück. Welche Ziele kann man in der Zeit ansteuern?
Man wählt dazu erst den Ausgangspunkt. Es gibt in der Liste 130 solcher Punkte zur Auswahl, die allerdings längst nicht den ganzen Globus abdecken. Asien, Afrika und Südamerika sind (fast) unerschlossene Gebiete. Das zeigt, dass der Open-Data-Gedanke noch nicht alle Regionen erfasst hat. In Nordamerika und Europa hat er schon gut Fuss gefasst, sodass Mapnificent in den Gebieten viele Datenquellen anzapfen kann.
Bemerkenswert ist auch, dass man normalerweise auf Städteebene ansetzt. Die Liste führt vor allem Metropolen auf, und zwar von Aachen bis Zagreb. Es gibt auch einige Länder, nämlich Belgien, Israel, die Niederlande, Schweden und die Schweiz. Das sind offensichtlich die Streber-Nationen, die die notwendigen Daten schon flächendeckend anbieten.
Wählbare Dauer für die öV-Fahrt
Als nächstes platziert man eine Stecknadel für den genauen Startpunkt und gibt man über den Schieberegler an, wie lange man sich den öV zumuten mag – man kann von 1 Minute bis 90 Minuten einstellen. Dann erscheint farblich markiert das Gebiet, das man in dieser Zeit bereisbar ist. Man kann übrigens auch mehrere Stecknadeln setzen.

Was nun leider fehlt, ist eine konkrete Reiseanleitung. Man würde nun natürlich gerne direkt einen Zielpunkt auswählen können, um den Fahrplan angezeigt zu bekommen – oder meinetwegen auch gleich das Ticket zu buchen. Aber ich würde davon ausgehen, dass eine solche Funktion schon in Arbeit ist. Falls nicht, wünsche ich mir sie an dieser Stelle nachdrücklich.
Klar, die Selektion nach Dauer der Reise ist nicht die Art und Weise, wie wir typischerweise unsere Destinationen wählen. Wir entscheiden uns für Ausflugsorte, die uns besonders interessieren. Und dann versuchen wir, möglichst schnell dorthinzukommen und planen die notwendige Zeit dafür ein. Aber mir gefällt an Mapnificent die Liebe für die Serendipität. Man findet Dinge, ohne zu suchen. In dem Fall lässt man sich von einem äusseren Faktor leiten. Und einem, der sich oft unserer Kontrolle entzieht – aber der sich trotzdem sehr bestimmend auf unser Leben auswirken kann.
Reiseerlebnisse, die vom Zeitbudget abhängen?
Ich höre nun schon die Einwände der Kritiker: «Ist es nicht Kapitulation, wenn man seine Reiseerlebnisse nicht von den Möglichkeiten und den Interessen, sondern nur vom Zeitbudget abhängig macht?» Klar, so kann man das natürlich sehen. Aber die knappe Zeit ist nun einmal eine Gegebenheiten in unserem Leben. Und mit Mapnificent machen wir das beste daraus, statt beim Warten auf den Anschlussflug vier Stunden am Flughafen zu hocken.
Und das ist mehr Selbstbestimmung, nicht weniger!
Beitragsbild: Das wäre nun einer dieser Strände von Tel Aviv. (rliessum/Pixabay, Pixabay-Lizenz)