Die Tücken eines Männerschädels

Anhand eines Fotos von meinem Kopf teste ich drei Methoden, um Fotomotive automatisch freizustellen, d.h. vom Hintergrund zu befreien. Für den Vergleich treten die Website remove.bg, die App Depth Background Eraser und Adobe Photoshop an.

Neulich habe ich im Beitrag Da weinen Bildbearbeiter vor Glück! eine raffinierte Methode vorgestellt, um Bilder vom Hintergrund zu befreien. Das Freistellen ist bekanntlich eine häufige und ungeliebte Tätigkeit bei der Bildbearbeitung. Häufig, weil man nicht um sie herumkommt, sobald man ein fotografiertes Objekt isoliert verwenden oder bearbeiten möchte. Und ungeliebt, weil es aufwändig und schwierig ist, Objekte mit feinen Strukturen sauber vom Hintergrund zu trennen.

Die vorgestellte App Depth Background Eraser erledigt die Aufgabe selbsttätig, aber nicht ganz perfekt. Und sie ist nur bei Bildern mit Tiefeninformationen einsetzbar, nicht bei beliebigen Fotos. Das schmälert den Praxisnutzen gewaltig. Denn natürlich haben die 99,9 Prozent der Fotos, bei denen man irgendetwas freistellen müsste, keine Tiefeninformationen.

Auch Photoshop stellt automatisch frei

Aber es gibt Alternativen. Der Befehl Auswahl > Motiv in Photoshop, der automatisch nach dem Motiv sucht und es maskiert. Funktioniert mittelprächtig. Oder aber die Website remove.bg, die kostenlos und in fünf Sekunden den Hintergrund entfernt. Klingt toll – aber taugt es etwas?

Zum Test habe ich ein Foto hergenommen, das auch in diesem Video hier vorkommt. Es ist ein Selfie, was nicht unbedingt von meiner Eitelkeit herrührt, sondern mit dem Umstand zu tun hat, dass es ein einigermassen alltägliches Motiv sein soll und ich es niemandem ausser mir zumuten kann, in diesem Blog derart zur Schau gestellt zu werden.

Ein einfaches Motiv, das trotzdem nicht ganz ohne Tücke ist

Mein Haupt ist ein vergleichsweise einfaches Motiv, da die Zeiten, wo es von einer wilden Löwenmähne geschmückt wurde, vorbei sind. Trotzdem gibt es eine offensichtliche Falle: Ein glänzender Schädel verschmilzt leicht mit dem Hintergrund. So ein Motiv lässt sich allein anhand der Pixel nicht vernünftig freistellen: Man muss die Form eines menschlichen Kopfes kennen und wissen, dass der typischerweise einigermassen rund ist.

Darum braucht es hier entweder feine Tiefeninformationen oder aber genügend menschliche oder künstliche Intelligenz, um die Kopfform ohne klare Linien im Bild richtig zu rekonstruieren. Das wäre allerdings leicht: Die Kontur lässt sich ausreichend genau erahnen, um sie präzise genug abzustecken.

Kein klarer Sieger, kein eindeutiger Verlierer

Von oben nach unten: Original, Remove BG, Depth Background Eraser, Photoshop.

Um die Pointe vorwegzunehmen: Keiner der Kandidaten macht das wirklich gut. Ich habe die freigestellten Bilder zur Verdeutlichung mit einer schwarzen Kontur hinterlegt, und da sieht man in allen drei Fällen eine Art Giebel auf meinem Kopf, den es so nicht gibt – mein Schädel ist zwar kein Vorbild an Symmetrie und Ebenheit, aber vor allem diese fast schon zinnenhafte Erhebung gibt es definitiv nicht. Die Bilder zeigen von oben nach unten das Originalfoto und die Resultate von Remove BG, Depth Background Eraser und Photoshop.

Es fällt auf, dass alle drei Resultate fast identisch ausgefallen sind: kein eindeutiger Sieger, kein klarer Verlierer.

Enttäuschend ist natürlich vor allem, dass Depth Background Eraser sich nicht vom Feld abhebt. Offensichtlich sind die Tiefeninformationen nicht so fein, dass sich damit die Lücken bei den sichtbaren Pixeln stopfen liesse. Trotzdem halte ich dessen Resultat bei der Betrachtung in voller Auflösung für das beste.

Photoshop liefert eine vergleichsweise unsaubere, hügelige Kante. Und Adobes Bildbearbeitung stellt auch den linken Brillenbügel frei, der ebenfalls Licht reflektiert und daher so ausschaut, als ob er zum Hintergrund gehören würde. Was er natürlich nicht tut. Und: Keiner der drei Kandidaten hat gemerkt, dass auch beim Ohrring etwas Hintergrund durchscheint.

So gesehen ist der kostenlose Webdienst von remove.bg gar nicht so schlecht: Das Resultat kann sich mit dem Photoshop-Automatismus messen – und das ist doch mal eine Ansage. Allerdings verringert er die Auflösung stark. Das Bild ist nur noch 375 × 500 Pixel gross, während das Original 2160 × 2880 Pixel aufweist. (Warum es nicht die Original-Auflösung der iPhone-Kamera hat, ist mir nicht klar geworden. Ob Dropbox beim Hochladen die Bilder herunterrechnet? Das wäre natürlich schlecht.)

Die Freistellungs-Website funktioniert nur bei Gesichtern

Remove.bg funktioniert gemäss FAQ nur mit Gesichtern, nicht (wie Photoshop) auch mit anderen Sujets. Und offenbar arbeiten die Macher daran, die maximale Auflösung zu erhöhen. Ich könnte mir vorstellen, dass man für den Download von höher aufgelösten Fotos dann einen Obolus entrichten muss – jedenfalls würde ich es so machen, wenn ich diese Webanwendung monetarisieren müsste.

Beitragsbild: Hier ist es noch etwas schwieriger herauszufinden, wo der Kopf aufhört und der Hintergrund anfängt (Brett Sayles/Pexels, CC0)

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