Juhuu, hat es der Teeologe kurz vor nach Jahresende doch noch ins Blog geschafft. Und zwar mit nicht mit irgendeinem abgestandenen Gebräu, sondern mit einem Getränk, dem selbst medial Kultstatus zugebilligt wird.
Oder ist es bloss ein Hype – vielleicht sogar angefacht durch einen überdrehten Influencer auf Tiktok? So genau weiss der Teeologe das nicht, weil er aus unerfindlichen Gründen immer zuletzt von den neuen Moden erfährt und diese chinesische Video-App bis heute nicht begriffen hat. Doch selbst ihm ist die zunehmende Beliebtheit dieser blaugelben Dosen nicht entgangen: Er verkehrt zwar nicht in der Schweizer Clubszene, wo die Verehrung ihren Anfang nahm und so weit fortgeschritten ist, dass Konkurrent Red Bull die Flügel strecken musste.
Doch längst muss man sich nicht mehr zur Unzeit in ehemalige Fabrikhallen begeben, wo Nebelfluide die Bronchien verkleben und Stroboskoplicht die Netzhäute reizen, um dem Konsum dieses Tranks beizuwohnen. Das passiert inzwischen auch bei Tageslicht und auf offener Strasse, sodass selbst Teeologe dieses Trends gewahr wurde.
Cold brew – kein Widerspruch in sich?
Trotzdem musste der Teeologe eine Gewissensfrage klären, bevor er sein Urteil sprechen konnte: Fällt El Tony überhaupt in sein Zuständigkeitsgebiet? Einerseits stecken Blätter des Mate-Strauchs drin, was dieses Getränk als Tee qualifizieren sollte. Andererseits enthält es Kohlensäure und das Trinkempfinden entspricht eher einer Limonade. Und seine Konkurrenz zu Red Bull macht es zum Energydrink und rückt es in die Lifestyle-Ecke. Diese Eigenschaften verbieten sich für Tees zwar nicht völlig – aber sie sind zumindest ungewohnt für den Teeologen, der am liebsten in warmen Finken auf dem Sofa sitzt.
Überzeugt hat den Teeologen schliesslich das Herstellungsverfahren. El Tony wird per Cold brew-Verfahren hergestellt. Es sei zwar nicht verhehlt, dass der Teeologe das als Widerspruch in sich empfand. Denn braucht es fürs Brauen nicht zwingend Hitze? Er liess sich wie folgt belehren:
Der Begriff «Cold Brew» ist tatsächlich kein Widerspruch in sich, obwohl er auf den ersten Blick so erscheinen mag. Bei dieser Methode wird der Tee nicht im herkömmlichen Sinne «gebraut», sondern kalt extrahiert. Cold Brew Tee wird durch das Einweichen von Teeblättern in kaltem oder Raumtemperatur-Wasser über einen längeren Zeitraum (16 bis 24 Stunden) zubereitet.
Fruchtiger, milder, voller
Wenn wir festhalten, dass es bei der Zubereitung von Tee darum geht, die Geschmacksstoffe aus den Pflanzen zu lösen, dann kann der Teeologe akzeptieren, dass das nicht zwingend mit Hitze passieren muss und daher auch Cold brew als gültige Methode angesehen werden darf. Zumal sie die Vielfalt des Genusserlebnisses erweitert: Die Methode hat einen milderen Geschmack zur Folge, weil kaltes Wasser weniger Bitterstoffe und Tannine extrahiert. Das Aroma ist etwas anders als gewohnt, teils fruchtiger oder auch voller.
Nach dieser langen Vorrede dürfen wir mitteilen, dass der Teeologe El Tony sehr zugetan ist. Zwar hat nach wenigen Schlucken sein Herz ungewohnte Sprünge gemacht und die Frage provoziert, ob die ungewohnte Menge an Koffein ein Vorhofflimmern ausgelöst haben könnte. Doch nachdem die Apple Watch Entwarnung gab, war der Teeologe bereit, das neuartige Geschmacksempfinden in Worte zu fassen:
Der prickelnde Geschmack der Kohlensäure sei ein ungewohntes, aber begrüssenswertes Trinkerlebnis an Gaumen und Zunge. Der Abgang sei ein wenig fruchtig, aber vor allem herb, so wie er es möge.
Kann El Tony der Club Mate ans Leder?
Eine Frage steht jetzt im Raum: Was zieht der Teeologe vor; welche Mate-Variante ist seinen unbestechlichen Geschmacksnerven zufolge die bessere? Dieses neue Trendgetränk aus dem luzernischen Rotkreuz – oder aber die gestandene Club-Mate aus Nürnberg, der sich der Teeologe schon vor zehn Jahren nicht verschliessen konnte?
Das sei auch abhängig von der Tagesform, meint der Teeologe diplomatisch. Dennoch entscheidet er sich für El Tony. Nebst der etwas grösseren geschmacklichen Raffinesse gebe es auch messbare Gründe: El Tony habe mehr Koffein (23 statt zwanzig Milligramm pro hundert Milliliter), aber auch etwas mehr Kalorien (24 anstelle von zwanzig Kilokalorien). Den Ausschlag gegeben hat aber, dass der Teeologie das Team um Saskia von Moos so sympathisch findet …