Der Saugroboter, der keine Katzen überfährt

Der Roomba j7 von iRobot im Test: Die Ver­bes­se­rungen im Vergleich zum neun­jäh­rigen Vor­gänger sind nicht riesig, aber wichtig genug, um auch wei­ter­hin nicht selbst zu staub­saugen.

Neulich ist Saugbert II gestorben. Und bevor ihr kondoliert: Es handelt sich um einen Saugroboter, nämlich den Roomba 980 von iRobot. Wir haben ihn uns im Winter 2016 zugelegt, als die grosse Neuerung die Anbindung ans WLAN war. Wie damals festgehalten, war die Steuerung per App eine willkommene Neuerung.

Mir liegen keine belastbaren Statistiken zur Lebenserwartung eines Saugroboters vor. Meine Erwartungen hat Saugbert II allerdings übertroffen: Er sorgte fast neun Jahre lang für staubfreie Böden in unserer Wohnung und erfuhr dabei kaum Zuneigung in Form von Wartung und Ersatz von Verschleissteilen. In der App listete er pflichtbewusst auf, welche Arbeit er trotz unserer Vernachlässigung verrichtete: 1128-mal drehte Saugbert II seine Runde. Er war 1575 Stunden unterwegs und hat 46’124 Quadratmeter geputzt.

Das Lebensende hat sich abgezeichnet.

… und natürlich habe ich das in Fussballfelder umgerechnet. Es sind, und das mag überraschen, nicht sehr viele. Nämlich 6,46 Stück. Was uns lehrt, dass Fussballfelder mehr Fläche aufweisen, als man gemeinhin annimmt, was sie als Mass- und Vergleichseinheit untauglich erscheinen lässt.

Früher wars nicht so sauber unterm Sofa

Diese Geduld war ein genügend überzeugender Leistungsausweis, um uns für einen seiner Nachfahren als Ersatz zu entscheiden. Übrigens, erstaunlicherweise auf Initiative meiner Frau. Die traute diesem technischen Fortschritt anfänglich nicht über den Weg. Doch vor allem die Ausdauer, mit der Roboter in den schwer zugänglichen Bereichen unter Sofas, Betten und Tische ans Werk ging, hat sie überzeugt.

Der Nachfolger ist ein Roomba j7, der mit rund 450 Franken (317 Euro bei Amazon) und einen Bruchteil seines Vorfahren kostet (damals 999 Franken). Er ist etwas flacher (8,7 statt 9,2 Zentimeter) und kommt noch besser unter niedrigen Möbeln durch.

Weniger (oder angenehmer) laut

Er ist auch leichter (3,4 statt vier Kilogramm), und mein Eindruck war, dass er sich auch leichter anhört. Das scheint nicht den Spezifikationen zu entsprechen, die für den alten Roboter fünfzig Dezibel und für den neuen 68 Dezibel angeben. Es kann aber natürlich sein, dass der alte über die Jahre lauter geworden ist – siehe Bemerkung zur Wartung oben. Oder es hängt mit meinem individuellen Empfinden zusammen: Ich finde tatsächlich, dass der alte Roboter mit den Anteilen von höherfrequentem Lärm mehr genervt hat als der neue, der eher vor sich hinbrummt.

Wie man sieht, kann der Roboter sich selbst nicht von Staub befreien (und ich war zu faul, das vor der Aufnahme dieses Bildes zu tun).

Die Erfahrung nach ein paar Wochen zum Roomba j7: Er erfüllt seine Pflichten. Er stellt im Vergleich zum Vorgänger kein riesiger Fortschritt dar. Gemäss Herstellerangabe sei die Saugkraft noch einmal höher, was ich aber nicht wirklich beurteilen kann, da schon der alte meine Ansprüche an Staubfreiheit völlig erfüllte.

Die Kamera glotzt in jede Ecke

Der Grundriss unserer Wohnung mit automatisch beschrifteten Räumen, zwecks Privatsphäre teilweise verpixelt.
In der App erscheinen Fotos der hinderlichen Gegenstände und klassifiziert werden.

Eine Neuerung gibt es bei der Navigation zu vermelden. Für Orientierung sorgt nun nicht mehr iAdapt 2.0, sondern eine neue Technologie namens Precisionvision. Die macht sich durch eine Kamera bemerkbar, die es dem Roboter erlauben, Hindernisse wie Kabel, Drähte, Schnüre, Socken, Finken, Spielzeug von Kindern oder Tieren, die Haustiere selbst oder auch deren Hinterlassenschaften zu umfahren. Um derlei Dinge zu erkennen, schaltet der Roomba j7 in dunklen Umgebungen ein LED-Navigationslicht ein. Und lustig: In der App kann man sich Fotos der Dinge ansehen, die Saugbert als Hindernis seiner Arbeit erkannte.

Herumliegende Gegenstände waren alten Modell in der Tat ein Problem. Da wir keine Haustiere besitzen, ist nie eine solche «Hinterlassenschaft» auf einer grösseren Fläche verteilt worden. Es kam aber mehrfach vor, dass meine Kabelkopfhörer ein Raub des Roboters wurden. Wir dürfen jedoch festhalten, dass diese Gefahr ohnehin durch die technische Entwicklung beim Audioequipment gebannt wurde. Sprich: Die meisten Leute haben keine Kabelkopfhörer mehr. Drahtlose Ohrstöpsel müssen sofort aufgehoben werden, weil sonst garantiert einer drauftritt.

Precisionvision hilft dem Roboter auch, sich ein Bild seiner Umgebung zu machen. Bei der ersten Fahrt durch die Wohnung erstellt er eine Karte mit dem Grundriss der befahrbaren Bereiche in der Wohnung. Die ist erstaunlich präzis und zu meiner Überraschung benannte der Roboter sogar die Räume korrekt mit Schlafzimmer, Badezimmer, Büro und Salon. Das ist einerseits überaus praktisch, weil in dieser Karte Sperrbereiche und Reinigungszonen eingezeichnet werden können: Erstere werden gemieden, letztere besonders gründlich behandelt.

Der Datenschutz ist (hoffentlich) gewährt

Andererseits wirft es die Frage nach der Privatsphäre auf. Reuters griff sie 2017 auf. Gegenüber «Techcrunch» sagte iRobot-Chef Colin Angle, man habe keine Pläne, diese Daten zu verkaufen, und das steht auch heute noch so in den FAQ zum Thema:

Verkauft iRobot Kundendaten oder die von Ihren Produkten gesammelten Informationen? – iRobot verkauft keine Kundendaten. Wir hoffen, dass die gesammelten Informationen für die Smarthome-Geräte von Nutzen sind, geben nichts ohne Wissen oder Kontrolle von Kundinnen und Kunden weiter.

Wir als Kundinnen und Kunden müssen das glauben – wie immer, wenn es ums smarte Home und um solche Cloud-Angelegenheiten geht. Ein Argument spricht allerdings dafür, dass sich iRobot dieses Bekenntnis zum Datenschutz ernst nimmt: Zwar könnte der Roboter mit seiner Kamera sehr sensible Informationen sammeln. Doch mit der Hardware selbst lässt sich trotzdem mehr Geld verdienen als mit den Nutzerdaten. Und käme deren Veruntreuung ans Licht, dann würde das eh schon angeschlagene Vertrauen ins smarte Home endgültig zusammenbrechen.

Ach ja, und bevor ihr fragt: Der neue Roboter heisst natürlich Saugbert III.

Beitragsbild: Die Katze bleibt mutmasslich am Leben (Bild: iRobot).

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