Wie die Petersilie noch schärfer wird

Unkompliziertes und qualitativ einwandfreies Focus Stacking mit Helicon Focus: Das Programm erweitert den Schärfebereich bei Makro-Aufnahmen.

Neulich habe ich mich mit Langzeitbelichtungen bei Tageslicht beschäftigt und mir die Frage gestellt, ob es nicht auch möglich wäre, ein Zeitraffer-Video zu einer einzigen Langzeit-belichteten Aufnahme zu verdichten. Zu diesem Zweck habe ich mit einigen Programmen experimentiert, mit denen sich Bildreihen verschmelzen lassen.

Wenn man mehrere Bilder zu einem zusammenbaut, nennt sich das Image Stacking. Diese Technik wird zu zwei unterschiedlichen Zwecken angewendet:

Exposure Stacking

Es ist dazu da, aus vielen verrauschten flauen Aufnahmen ein kontrastreiches Bild herauszuholen. Es wird in der Astrofotografie betrieben, wo – je nach Motiv – Dutzende oder Hunderte Bilder zusammengerechnet werden, um das Bildrauschen loszuwerden und das Motiv herauszuarbeiten. Auch manuelle HDR-Aufnahmen sind eine Variante dieser Technik; hier werden verschieden belichtete Aufnahmen zusammengefügt, sodass auf diese Weise der Dynamikbereich über das hinaus erweitert wird, was der Bildsensor hergibt.

Focus Stacking

Makroobjektive bilden konstruktionsbedingt nur einen schmalen Bereich scharf ab. Das ergibt die typische Bildwirkung, die wir mit Makroaufnahmen verbinden. Sie hat einen gewissen Reiz, doch manchmal stört sie auch, weil in einem Bild nicht so viel erkennbar ist, wie es unter Umständen wünschenswert wäre.

Wenn also ein grösserer Bereich scharf abgebildet werden soll, als mit der kleinsten Blende möglich ist, dann hilft das Focus Stacking weiter. Bei dieser Methode werden Bilder mit unterschiedlichem Fokus zusammengefügt, um den Bereich der Schärfentiefe auszuweiten.

Eine gute Gelegenheit, sich Helicon Focus zu besorgen

Soweit die Theorie. Ich habe mir einige Programme angesehen, die das Stacking beherrschen, und an dieser Stelle soll es um Helicon Focus 8 gehen. Es gibt dieses Programm für Windows und Mac. Es kostet in der Lite-Version 31 Franken für ein Jahr und 120 Franken für die Lizenz auf Lebenszeit. Die Pro-Version schlägt mit 58 Franken pro Jahr und 209 Franken für die unbegrenzte Lizenz zu Buch. Und, nebenbei bemerkt, stammt der Hersteller aus der Ukraine, sodass jetzt eine gute Gelegenheit wäre, die Software zu kaufen, falls man mit ihr geliebäugelt haben sollte.

Um die Pointe vorwegzunehmen: Ich habe meine ursprüngliche Idee, eine Langzeitbelichtung aus einem Video zu erstellen, nicht hinbekommen. Das sollte einen nicht wundern, weil das «Focus» im Namen schon darauf hinweist, wozu die Software gedacht ist. Und diesen Zweck erfüllt sie brillant und so unkompliziert, dass man sich diese Software auch als Hobbyfotograf merken sollte – auch wenn man nicht auf Makrofotografie spezialisiert ist.

Um die Software auszuprobieren, habe ich meine Nikon D7000 mit dem Makroobjektiv auf ein Petersilbüschel gerichtet, eine Videoaufnahme gestartet, am Fokusring gedreht, um den Schärfebereich vom ersten Blättchen im Vordergrund bis zum letzten Blättchen im Hintergrund zu verschieben, und dann die Aufnahme gestoppt.

Es funktioniert trotz meiner Schlampigkeit

Und ja: Das habe ich genauso salopp gemacht, wie ich es hier beschreibe. Ich habe mir weder die Mühe gemacht, die Kamera aufs Stativ zu stellen, noch habe ich besonders sorgfältig oder langsam am Fokusring gedreht. Um ehrlich zu sein: Ich habe nicht damit gerechnet, dass bei einer fast schon schluderigen Arbeitsweise etwas Vernünftiges herauskommt.

Das ist das erste Bild für den Fokus Stack, bei dem der Schärfepunkt vorne sitzt.

Aber Helicon Focus 8 hat mich verblüfft: Nicht nur ist das Resultat überzeugend, das Erstellen des Focus Stack hat auch keine fünf Minuten gedauert: Ich habe das Video aufs Programmfenster gezogen, woraufhin es ohne weitere Umstände importiert und Frame für Frame in einzelne Bilddateien zerlegt worden ist: 150 Bilder in einem Video von gut sechs Sekunden.

Das ist das letzte Frame, bei dem auf das hinterste Blättchen scharf gestellt ist.

Die Einzelbilder erscheinen am rechten Rand. Ich habe am Anfang und am Ende der Aufnahme einige Bilder abgewählt, weil die während der Zeit zwischen dem Drücken des Aufnahmeknopfs und dem Drehen am Fokusring entstanden sind und entweder verwackelt oder unverändert sind. Das geht ganz einfach, indem man die unerwünschten Bilder in der Liste rechts markiert, dann mit der rechten Maustaste anklickt und Ausgewählte Bilder deaktivieren aus dem Kontextmenü auswählt. Wenn man sie nicht mehr braucht, kann man sie mit Bilder entfernen auch löschen.

Aus 96 wenig scharfen ein einziges, ganz scharfes Bild zaubern

Auf diese Weise sind 96 Bilder übrig geblieben. Alles, was ich jetzt noch tun musste, war auf Rendern zu klicken – und voilà, nach etwa sechs Sekunden Rechenzeit war der Fokus-Stack fertig. Die gerenderten Bilder erscheinen in der Leiste am unteren Rand. Man kann, wenn man möchte, mit den verschiedenen Rendermethoden und unterschiedlichen Einstellungen experimentieren, aber was mich angeht, hat mich das Resultat mit den Standardoptionen schon so überzeugt, dass ich es durch einen Rechtsklick aufs Bild und Speichern exportiert habe.

Die Anwendung hat zwar jede Menge Optionen, aber ich kam mit den Standard-Einstellungen über die Runden.

Fazit: Das macht Spass und ist fast schon zu einfach. Natürlich – mit der Videomethode hat das resultierende Bild nur Full-HD-Auflösung. Wenn das nicht ausreichen sollte, müsste man aller Faulheit zum Trotz trotzdem mit Einzelfotos arbeiten. Das macht etwas mehr Aufwand, und man bekommt es mit der Herausforderung zu tun, den Fokusbereich so zu verschieben, dass immer genügend Überlappung vorhanden ist. Im Video entstehen automatisch genügend Frames, dass keine Lücken entstehen.

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