Der Teeologe ist zurück. Mit einem Tee, der bei seinem Namen keinen esoterischen Schabernack betreibt, sondern die Funktion umreisst. Er heisst Good Night Tea, was keinen allzu grossen Raum für Anwendungsfehler lässt: Man trinkt ihn vor dem Zubettgehen als flüssiges Bettmümpfeli. Es erleichtert womöglich das Einschlafen und beschert im Idealfall schöne Träume. Und wenn nicht, dann wars trotzdem die bessere Wahl als der Zubettgeh-Schnaps.
Jedenfalls ist eines klar: Wenn einer ihn zum Frühstück nimmt und infolgedessen im Büro schläft, bis er von den Kollegen fürs Mittagessen geweckt wird, dann ist er ein bisschen selber schuld. Oder er kann kein Englisch. Warum man ihn nicht einfach in Deutsch mit Gute-Nacht-Tee angeschrieben hat, erschliesst sich mir nicht. Ist es noch immer so, dass alles, was in Englisch beschriftet ist, doppelt so cool sein muss?
Wenn man sieht, wie unsere Detailhändler, namentlich Migros und Coop, mit Anglizismen um sich werfen, muss man es vermuten. Je banaler das Prodüktlein, desto höher die Wahrscheinlichkeit, dass irgend eine komische Namenskreation stolz auf der Verpackung prangt, die aus einem wirren Sprachmix aus Deutsch und Englisch besteht. Das gilt natürlich auch, je lifestyliger das Produkt sein soll.
Oder auch nicht. Man erinnert sich an den Klassiker der Migros: Das Produkt namens «Handy Power», das die Sache ad absurdum führt. Das ist kein besonders leistungsstarkes Mobiltelefon – denn es hiess schon so, als es hierzulande noch nicht üblich war, tragbare Kommunikationsgeräte mit einem Denglisch-Ausdruck zu bezeichnen, der einem englischen Muttersprachler ein verständnisloses Kopfschütteln abnötigt. Es handelt sich um ein Putzmittel, das praktisch und schnell griffbereit sein soll – womit die Migros für einmal ein ungewöhnliches Sprachverständnis unter Beweis stellt.
Denn normalerweise sind die englischen Bezeichnungen plump bis schlicht falsch. Da macht sich der «Blick» über einen Grammatikfehler lustig: Migros hatte Fensterplatz im Englischunterricht. Und die «Aargauer Zeitung» ist der Sache hart recherchierend auf den Grund gegangen: Cheese statt Käse: Englische Bezeichnungen verärgern Kunden – das sagen Coop und Migros dazu.
Die Etikette ist schuld!
Da geben die Marketingmenschen übrigens zu, dass es um lifestylige Hipness gehe. Aber natürlich wird auch das unvermeidliche Argument mit der Mehrsprachigkeit dieses Landes angeführt:
Andere Produkte, wie etwa das beanstandete Sandwich von Betty Bossi, würden dann Englisch beschriftet, wenn das Produkt in der Verpackung gut zu erkennen sei und es auf der Etikette zu wenig Platz gebe, um das Produkt dreisprachig anzuschreiben.
Auf dem beanstandeten Sandwich stand übrigens «Pumpkin, Feta & Pomegranate».
Also, zurück zum Tee, dessen Schachtel ganz offensichtlich genug Platz für Gute Nacht, Bonne nuit und Buona notte bieten würde. Er kommt in lavendligen Violetttönen daher, weil Lavendel eine der Zutaten ist. Zum Glück mit 14 Prozent Anteil nicht die Hauptzutat. Denn dann würde das Gebräu mutmasslich viel zu sehr nach Entspannungsbad riechen.
Es süssholzwurzelt
Die Zutat, die man sofort herausschmeckt, ist die Süssholzwurzel. Die ist für sich allein aber auch relativ penetrant und etwas pelzig auf der Zunge. Darum wird sie nebst dem Lavendel mit Zitronengras, Lindenblüte,
Orangenschalen, Fenchel, Brombeerblättern und indischem Basilikum abgerundet. Das Resultat ist relativ dezent, ansatzweise vollmundig und angenehm zu trinken. Süssholz muss man trotzdem mögen, sonst ist dieser Tee keine gute Wahl.
Also: Der Good Night Tea in Bioqualität ist für 3.20 Franken beim Migros erhältlich. Er ist keine schlechte Wahl, wenn man einen gefälligen Abendtee sucht. Ich mag es aber auch vor dem Zubettgehen gerne etwas herber. Darum bleibt meine Empfehlung der Tee für echte Kerle: Nämlich der Hopfentee. Und ja, ich meine damit wirklich den Tee, und nicht die Hopfenkaltschale.