Groundhog Day mit Krieg

Als Zeitreise-Fan komme ich um den Film «Edge of Tomorrow» mit Tom Cruise nicht herum. So fulminant er auch inszeniert ist, der Plot lässt mich enttäuscht zurück.

«Edge of Tomorrow» (Wiki, IMDB, Amazon Affiliate) ist ein Film, der hier unvermeidlicherweise besprochen werden muss: Schliesslich geht es um eine Geschichte, die den normalen, linearen Ablauf der Zeit unterbricht. Und dieses Blog hat sich den Geschichten verschrieben, die in der einen oder anderen Form die Naturgesetze ausser Kraft setzen.

Aliens…

In diesem Film von 2014 ist es Tom Cruise, seines Zeichens klein gewachsener Scientologe, der sich mit den grossen wissenschaftlichen Konstanten unseres Universums anlegt. Allerdings völlig unerwartet, und ohne dass er es überhaupt wollte. US-Major Bill Cage dient zwar im Militär, ist aber dennoch kein mutiger Mensch, sondern ein ausgemachter Feigling. Als PR-Offizier will er nicht an die Front, um dort den Mimics heimzuleuchten – denn das könnte gefährlich werden. Die Mimics sind Aliens, die zwar besiegbar scheinen. Aber trotzdem keine sonderlich freundlichen Erscheinungen sind.

Sein Vorgesetzter hat jedoch kein Musikgehör, sondern lässt ihn an die Front verfrachten. Dort hat er keine andere Wahl, als am D-Day 2.0 bei der Invasion gegen die Mimics teilzunehmen, und, unbeholfen wie er ist, im Kampf zu fallen. Nun ist er aber nicht tot, wie man es erwarten könnte, sondern erwacht am Tag zuvor genau da, wo er schon einmal erwacht ist – im Feldlager, das die Invasion in der Normandie plant. Er muss erlebt sein Schicksal noch einmal und kann, trotz halbherziger Versuche, auch seinem Tod nicht entgehen.

Tom Cruise ist kein Bill Murray und in Punxsutawney herrscht kein Krieg

Das erinnert sehr an Groundhog Day (Wiki, IMDB, Amazon Affiliate), ausser, dass Tom Cruise kein Bill Murray ist und in Punxsutawney kein Krieg herrscht. In vielen, vielen Wiederholungen seines Todes erfährt Bill Cage, dass die Aliens gar nicht so harmlos sind, wie die Menschheit glaubt. Sie manipulieren die Zeit, können durch die Methode der Wiederholung die Schwächen auskundschaften und die optimale Gegenstrategie aufstellen.

… noch mehr Aliens…

Er trifft auf Rita Vrataski (Emily Blunt) alias «Full Metal Bitch», mit der er die Gelegenheit wahrnimmt, seine Soldaten-Skills markant zu verbessern. Sie teilt sein Schicksal: Sie war auch einmal in einer solchen Zeitschlaufe gefangen, und sie erklärt, wie es dazu kam: Cage hat unabsichtlich einen Alpha-Mimic umgebracht und sich mit seinem Blut infiziert. Dieses Blut ist es nun, das dazu führt, dass Cages Zeitwahrnehmung zurückspringt, wie die Nadel auf einer verkratzten Schallplatte.

Sie weiss auch, dass zur Beendigung der Scharade die Ermordung des Omega-Mimic notwendig ist. Dieses Ziel gilt es nun zu erreichen – und zwar mit allen Mitteln, wozu auch eine zwangsweiser Reset Cages in Form eines Kopfschusses gehört, falls ein weiterer Anlauf nötig ist. Cruise tut, was zu tun ist, und mehr soll nicht gespoilert werden. Ausserdem ist der Film gegen hinten noch etwas kruder als am Anfang.

Solide Geschichte, gutes Popcorn-Kino, enttäuschender Schluss

Fazit: Eine solide konstruierte Geschichte, in der die Elemente auftauchen, die man von einem Groundhog-Day-haften Trial and Error-Szenario erwartet: Ausloten diverser Möglichkeiten, Nutzen des prinzipiell unendlichen Zeitbudgets durch Training und Recherchen, subtiles Oszillieren zwischen Altbekanntem und neuen Wendungen. Der Film ist optisch beeindruckend und ein echter Popcorn-Kino-Knaller, in dem auch die handelsübliche Menge an Romantik noch Platz findet.

… und ein bisschen Heititei.

Der Schluss ist nichtsdestotrotz enttäuschend: Statt durch eine raffinierte Manipulation des Zeitablaufs gelangt Cage durch Waffengewalt ans Ziel, indem der Omega-Mimic weggeballert wird. Klar, das ist die bewährte Problemlösungsstrategie des Actionfilms. Aber halt einfach langweilig. Das Ende, bei dem er der eigentlich toten Rita Vrataski wieder begegnet, ergibt grad gar keinen Sinn. Es wirkt so, als ob es nach einem unerfreulichen Testscreening hinten angeflanscht worden wäre.

Verdun? Warum Verdun?

Ratlos liessen mich auch die Anspielungen an den Ersten Weltkrieg (die Schlacht von Verdun) und den Zweiten Weltkrieg (Invasion in der Normandie). Die weckten die Hoffnung auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Krieg, die – natürlich – nicht erfüllt wurde. So wirkten sie reichlich aufgesetzt. Aber immerhin können sich die geschichtsbewussten Zuschauer klug fühlen und die nicht-geschichtsbewussten Zuschauer haben immerhin den Namen Verdun schon einmal gehört…

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