Liedtexte für Mitsängerinnen und Mitsänger

Wer Karaoke-Gelüste verspürt, kann die in einem entsprechenden Etablissement vor Publikum befriedigen. Wer lieber für sich zu Hause in der guten Stube singt, verwendet die Musixmatch-App.

Vorab ein Versprechen: Ich habe nicht vor, irgendjemanden mit meiner Stimme zu belästigen. Zumindest singenderweise nicht. Es reicht völlig, wenn ich das Internet mit Podcasts wie der Verschwörungstheorie der Woche zutexte. Also: Kein Auftritt von mir bei «The Voice of Switzerland».

Bitte die Zeile in fetter Schrift jetzt singen!

Wer nun aber das Bedürfnis verspürt, in den eigenen vier Wänden die Stimmbänder nicht nur zur Interaktion mit Mitbewohnern oder zum Schreien vom Balkon zu verwenden¹, der erhält über die App Musixmatch ein bisschen Coaching. Wenigstens bezüglich Lyrics-Sattelfestigkeit. Die App versieht die Songs aus der iTunes-Mediathek mit Liedtexten. Diese sind in manchen Fällen synchronisiert und tauchen parallel zum Gesang auf dem Display auf. Der hüpfende kleine Ball aus der Karaokebar, der einem bei der Phrasierung helfen soll, fehlt allerdings.

Beim ersten Start werden die Songs analysiert, was ein paar Minutenbruchteile dauert.

Songs synchronisieren

Manche Songs enthalten keine Synchronisation mit der Wiedergabeposition, sondern zeigen den Text als Laufband an, das man dann selbst per Finger durchscrollt. Welche Variante man vorgesetzt erhält, hängt natürlich von der Popularität ab: Abba oder Adele sind natürlich synchronisiert, die (genialen) Texte des Late Great Townes Van Zandt eher nicht. (Ausnahme: The Be Good Tanyas mit ihrem Townes-Van-Zandt-Cover Waiting around to Die ist zeitsynchronisiert). Wer selbst einen Song synchronisieren will, kann das aus der App heraus tun. Einfach auf den Menüknopf mit den drei Punkten tippen und Songtext synchronisieren aus dem Menü wählen.

«Take off that brassiere, my dear.» Mutmasslich eine der besten Liedzeilen aller Zeiten. Barry White als Beispiel, wie nicht synchronisierte Liedtexte erscheinen.

Das Synchronisieren ist einfach: Man sieht den Liedtext Zeile für Zeile und schiebt die Zeile nach oben, sobald sie gesungen wird. Wenn man sich vertut, tippt man eine bereits synchronisierte Zeile weiter oben an, worauf die Wiedergabe dorthin zurückspringt und man einen neuen Anlauf nehmen kann.

Selber Liedtexte synchronisieren.

Songs ohne Liedtexte sind die Ausnahme

Beachtlich ist jedenfalls, dass es zu jedem Song Liedtexte zu geben scheint. Mani Matter, Züri West, Baschi – auch die Schweizerdeutschen Acts sind mit Texten ausgestattet. Bei einer (allerdings nicht zu tiefschürfenden) Suche habe ich nur wenige Songs ohne Texte gefunden. Namentlich die Biermösl Blosn mit dem (genialen) «(Alle Metzger, alle Säu, san gut drauf mit Bayern) Bayern 3». Auch bei Shantel und «Donna Diaspora» und bei «Foggy Dew» von Blaggards musste die App passen. Zugegeben: Um Nieten zu finden, musste ich tief in meine Alternative-Kiste greifen. Wer mag, ergänzt fehlende Texte über community.musixmatch.com. Bei Donatella und ihrem unsterblichen «Lailola» musste ich fehlerhafte Lyrics konstatieren.

Viele Songs sind mit Liedtexten ausgestattet – abr wenn man in die alternative Kiste greift, findet man Ausnahmen.

Fazit: Ich war verblüfft, dass man wirklich zu fast jedem Song die Songtexte angeboten bekommt: Auch zu so exotischen Songs wie «Reykjavik» der katalanischen Folk-Pop Band Els Amics de les Arts. Musixmatch ist eine gelungene App, die Leuten Spass macht, die bei ihren Lieblingssongs gern mitsingen. Wer vorwiegend unter der Dusche performt, sollte allerdings nicht das Musixmatch-Mikrofon kaufen, sondern besser ein wasserdichtes Case fürs iOS-Gerät… Zu bemängeln ist, dass die App in meinem Namen auf Facebook posten will und als Radiomensch wünschte ich mir bei den synchronisierten Lyrics einen Countdown bis zur ersten Liedzeile – dann würde einem die App ganz nebenbei eine Art Intro-Marker liefern.

Karaoke für Stubenhocker

Die App ist kostenlos. Es ist ein Premiumdienst für 5 Franken pro Jahr erhältlich, über die die Werbung ausgeblendet wird und man die Anzeige per AppleTV-Mirroring auf den Fernseher bringt. Und es gibt beim Hersteller ein Mikrofon zu kaufen, mit dem man seine Stimme in den Song hineinkriegt – wobei die Originalgesangsstimme ann eliminiert wird (vermutlich nach dem Out Of Phase Stereo-Verfahren). Die Vocal-Remover-Funktion lässt sich auch mit einem normalen Headset nutzen, indem man aufs kleine Mikrofon-Symbol tippt. Aufnehmen kann man sein Werk aber (zum Glück) nicht. Es gibt eine Suchfunktion, die nicht nur nach Titel und Interpret, sondern auch nach dem Begriff in den Songtexten sucht. Die App kann à la Shazam auch Titel identifizieren.

Fussnoten

1) Ich schreie natürlich nicht vom Balkon. Nicht mal, wenn der Nachbar unten so viel qualmt, dass man denkt, seine Vorhänge stünden in Flammen oder wenn die Jugendlichen von heute mitten in der Nacht im Park vor dem Haus die Hormone spüren.

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