Die Volkskrankheit Nummer eins ist weder Rückenschmerzen noch Sodbrennen – nein, worunter die allermeisten leiden, ist ein betrüblich schlechtes Erinnerungsvermögen für Namen und Personen. Wer oft in unterschiedlichen Kreisen verkehrt und es häufig mit neuen Bekanntschaften zu tun bekommt, der kennt das Problem: Man begegnet jemandem und kann sich partout nicht daran erinnern, bei welcher Gelegenheit man sich kennenlernte.
Phil Libin, der Erfinder der Sammel-Web-App Evernote, hat mit Evernote Hello eine App entwickelt, die als Gedächtnisstütze für Gesichter und Menschen dienen soll. Statt bei einer Begegnung bloss Visitenkarten auszutauschen, macht man ein Foto der Person und registriert Kontaktdaten. Das kann man selbst tun – es beim Hinzufügen aber auch die Möglichkeit, das Smartphone seinem Gegenüber in die Hand zu drücken und ihn sich selbst fotografieren zu lassen. Falls die Person im Adressbuch erfasst ist, kann man die Daten auch von dort hinzufügen.
Die Mimik abbilden
Das Smartphone erfasst beim Fotografieren nicht nur ein Foto, sondern deren vier. Diese werden dann als eine Art Daumenkino abgespielt und reflektieren so auch die Mimik der Person – deutlich aussagekräftiger als ein statisches Bild. Natürlich werden auch Zeit und Ort gespeichert, und man kann einen Kommentar zur Person und zum Anlass selbst eintragen. Trifft man eine Person dann später wieder, fügt man ihrem Eintrag eine Begegnung hinzu. So ergibt sich quasi eine persönliche Begegnungs-Historie.
Die Daten sind nicht nur auf dem Telefon gespeichert, sondern landen automatisch auch im eigenen Evernote-Konto. Dort wird eine Notiz gespeichert, in der steht, wann und wo man eine Person getroffen hat und in der auch die Portrait-Bilder und Kontaktinformationen aufgeführt sind.
Begegnungen dokumentieren
Die Idee hinter Evernote Hello überzeugt auf Anhieb. Begegnungen auf diese Weise zu dokumentieren, ist deutlich hilfreicher als der rituelle Visitenkartentausch. Die Visitenkarten sind, ohne Kontext der Begegnung, oft nicht sonderlich nützlich und neigen dazu, in der Schreibtischschublade zu verstauben. Die App dagegen bringt Gesichter mit Orten und Begebenheiten in Verbindung, was der Erinnerung überaus dienlich ist.
Der Nachteil ist ebenfalls klar: Jemanden nach seiner Visitenkarte zu fragen, ist nicht im Geringsten aussergewöhnlich. Ihn zu bitten, sich mit per Smartphone zu fotografieren und seine Mailadresse und das Twitter-Handle zu erfassen, dagegen schon. Das könnte in Nicht-Smartphone-affinen Kreisen für Unbehagen sorgen. Mittelfristig dürfte diese zeitgemässere Form der Identifikation zweifellos ihre Anhänger finden.