Ein aktiver Beitrag gegen die Internetzensur

Snow­flake ist eine raf­fi­nier­te Er­wei­te­rung zum Tor-Netz­werk, die es Menschen in Un­rechts­staa­ten erlaubt, auf blockierte In­for­ma­tio­nen zu­zug­rei­fen. Wir alle kön­nen uns an dieser Methode be­tei­ligen.

Neulich bin ich auf Twitter dem Projekt Snowflake begegnet. Es eröffnet Menschen in Russland, dem Iran und anderen in anderen Ländern mit einer starken staatlichen Internetzensur den Zugang zu Quellen, die sie normalerweise nicht ansteuern könnten – oder bei denen sie befürchten müssten, dass am nächsten Tag der Geheimdienst oder die politische Polizei vor der Tür steht.

Snowflake tut das auf eine maximal unauffällige Weise. Und an dieser Stelle kommen wir ins Spiel, die wir nicht der Zensur unterworfen sind. Wir haben nämlich die Möglichkeit, die von freier Information abgeschnittenen Menschen zu unterstützen.

Wie wir das tun, erkläre ich gleich. Doch hier die Hintergründe: Snowflake stammt von den Leuten, die auch Tor betreiben. The Onion Router ist bekanntlich ein Menschenrecht, ein effektives Mittel gegen Zensur¹ und eine Anonymisierungslösung, die ihren Zweck gut erfüllt.  Deswegen wollte mir der Sinn und Zweck von Snowflake erst nicht so recht einleuchten.

Ein unauffälliger Zugang zum Tor-Netzwerk

Doch inzwischen glaube ich, den Unterschied verstanden zu haben²: Das Ziel ist, eine der Schwächen von Tor auszubügeln. Die besteht darin, dass die Tore zu Tor relativ gross und auffällig sind. Anders gesagt: Ein Regime, das das freie Internet systematisch unterdrückt, kennt die regulären Einstiegspunkte des Onion Routers. Es hat die Möglichkeit, die zu blockieren oder auch zu registrieren, wer sich dorthin verbindet.

Um dieses Risiko zu beseitigen, nutzt die neue Methode temporäre Proxys – die sogenannten Snowflakes – als Einstiegspunkte. Sie leiten den Datenverkehr weiter zum regulären Tor-Netzwerk. Da die Snowflakes von Freiwilligen betrieben werden, sind sie kaum zu erkennen und zu blockieren: Denn auch Putin kann nicht alle Schneeflocken im Blick behalten, wenn die weisse Pracht in der Taiga vom Himmel rieselt.

Damit die Verbindung zum Proxy wiederum nicht auffällt, werden die Daten mittels WebRTC verschleiert. Das ist ein offenes Protokoll für Echtzeitdaten, das häufig für Webanrufe benutzt wird und in diesem Kontext den Anschein erweckt, als würde der Nutzer oder die Nutzerin telefonieren.

Eine Browser-Erweiterung installieren – und schon sind wir mit dabei

Es funktioniert!

Und wie angedeutet: Wir Internet-User in sicheren Ländern können Nutzerinnen und Nutzern in Russland oder dem Iran eine Hand reichen und Putin und den Sittenwächtern im Iran ein Schnippchen schlagen, wie es Kollege Daniel Schurter so treffend formuliert hat. Dazu betreiben wir ein eigenes Schneeflöckchen.

Das ist simpel: Wir müssen lediglich eine Browser-Erweiterung installieren. Die gibt es für Firefox, für Google Chrome und für Microsoft Edge. Einmal installiert, reicht es, die Erweiterung einmal anzuklicken und die Einwilligung zur Teilnahme am Projekt zu bestätigen.

Das war es schon, danach läuft die Software autonom. Im Pop-up zeigt Snowflake an, wenn jemand mit dem Proxy verbunden ist. Und es gibt einen Schalter, mit dem wir die Erweiterung temporär deaktivieren, wenn wir zum Beispiel selbst in Russland unterwegs sein sollten.

Fazit: Eine wirklich gute Sache! Und ein Beleg, wie toll das Internet noch immer ist.

Fussnoten

1) Mit Zensur ist hier echte Zensur gemeint, nicht das Gejammer mancher Leute, die Widerspruch auf Facebook mit der Unterdrückung ihrer Meinung verwechseln.

2) Und falls nicht, weiss ich, dass einige meiner Leserinnen und Leser solche Dinge besser durchdringen und mir auf die Sprünge helfen können.

Beitragsbild: So ungefähr schreibt man Internetzensur auf Russisch (Stable Diffusion).

2 Kommentare zu «Ein aktiver Beitrag gegen die Internetzensur»

  1. Das heißt aber auch, falls ich das richtig verstanden habe, dass ich dann auch jedem Terroristen im Iran, Rußland etc. die Möglichkeit biete, über meinen „Snowflake“ zu interagieren, bzw. staatliche Kontrollen ( wie z.B. Polizei) zu umgehen, oder?

    1. Wie das so ist mit guten Technologien: Sie können für schlechte Zwecke und in böser Absicht genutzt werden. Aber wollen wir deswegen unsere Grundrechte aufgeben? Der Schutz der Privatsphäre ist ein fundamentales Menschenrecht, das auch digital gelten muss. Im Fall von Russland geht der Terrorismus oft vom Staat aus, darum sticht dort das Argument IMHO sowieso nicht.

Kommentar verfassen