Tröten mit Stil

Welches ist die beste Smart­phone-App für Masto­don? Ich schicke Tootle for Mastodon ins Ren­nen: Diese App besticht durch die viel­sei­tigen Dar­stel­lungs­mög­lich­keiten; doch sie hält auch eine üble Fuss­angel bereit.

Mastodon, die schon länger existierende Twitter-Alternative, erlebt dank Elon Musk einen zweiten Frühling. Ich habe meinen schon etwas älteren Account reaktiviert und nutze ihn mit zunehmendem Spass: Die Gemeinschaft dort fühlt sich so an wie die sozialen Medien am Anfang: nach Gemeinschaft und nicht nach Kommerz, Grabenkämpfen und Rechthaberei.

Ich bin gespannt, ob das so bleibt oder ob die Konfrontation auch bei Mastodon bzw. dem Fediversum Einzug halten wird. Einerseits besteht die Gefahr, wenn die Plattform weiter wächst, weil dann die Idee der Zusammengehörigkeit verloren geht. Andererseits gibt es im Fediversum, wie in unserer Radiosendung besprochen, keinen Einfluss von Algorithmen, die die Verweildauer erhöhen und die kommerziellen Aspekte befördern sollen.

Das bleibt abzuwarten. Bis dahin wäre zu besprechen, welche App am besten für Mastodon geeignet ist: Ich habe die offizielle App installiert, wenn man so sagen darf. «Offiziell» bedeutet, dass sie von der Mastodon gGmbH¹ bereitgestellt wird, die auch Mastodon selbst entwickelt. Es gibt sie fürs iPhone und Android.

Die offizielle Mastodon-App ist kein Geniestreich

Mit dieser App werde ich nicht so richtig warm: Ich finde die Darstellung zu wenig übersichtlich und auch nicht kompakt genug. Von den Benachrichtigungen hat nicht einmal ein halbes Dutzend auf einer Bildschirmseite Platz – das ist für mich zu wenig. Ausserdem vermisse ich die Wischgesten, die ich bei den einschlägigen Twitter-Clients praktisch finde.

Darum habe ich nach Alternativen Ausschau gehalten; und ich werde mir erlauben, hier im Blog die eine und andere zu besprechen. Denn die Geschmäcker sind verschieden – und die optimale App ist entscheidend für den Spass beim Mastodonisieren (Tooten?)².

Deutlich besser: Tootle for Mastodon

Im Vergleich dazu stellt Tootle for Mastodon die Benachrichtigungen viel kompakter dar.

Also, heute geht es um Tootle for Mastodon. Diese App gibt es nur fürs iPhone und iPad, Bei ihr fällt auf, dass sie mehr Ansichten zur Verfügung stellt als die offizielle App: In der Rubrik Home gibt es die eigene Timeline zu sehen. Es gibt die Rubrik DM mit den Direktnachrichten.

Der eigentliche Clou sind indes die beiden Rubriken Local und Federated. Falls ich das richtig verstehe, finden sich in der ersten alle Toots der eigenen Instanz und in der zweiten quasi die öffentliche Zeitleiste: Wenn wir uns dort einklinken, sehen wir, was sich in der Nachbarschaft bzw. im Fediversum abseits unserer eigenen Blase tut: Wir können uns hier die Zeit vertreiben oder auch gezielt über den eigenen Tellerrand hinausschauen.

Die Timeline filtern

Tootle stellt diverse Filter bereit, mit denen wir die durchfliessenden Nachrichten beschränken: Es gibt die Möglichkeit, nur Toots mit Anhängen (also meistens Bildern) zu sehen, heikle Inhalte (warned or sensitive contents) auszublenden oder aber nur diese heiklen Inhalte sichtbar zu machen. Ich nehme an, diese zweite Darstellung ist für die Administratoren gedacht, denen auch die Aufgabe der Moderation zufällt.

Wir können auch nach einem oder mehrerer Accounts filtern. Es ist es möglich, Antworten oder aber auch die Boosted Toots – in der Twitter-Terminologie würden wir von Retweets sprechen – auszublenden. Über ein Eingabefeld filtern wir nach Worten. Mit einem Minus vor dem Wort werden entsprechende Tweets ausgeblendet. Und schliesslich können wir, juhuu!, auch Filter mit regulären Ausdrücken formulieren.

Die vielseitigen Filter

Die Stärke von Tootle for Mastodon: Die vielen Reiter, die auch mit individuellen Filtern bestückt werden können.

Das ist mal ein echt nützliches Werkzeug, zumal wir solche Filter auch als eigene Rubrik in der Symbolleiste ablegen können. Dabei gibt es allerdings eine Fussangel, auf die ich gleich noch zu sprechen komme.

Zu bedenken ist, dass diese Filter nur für die gerade geladenen Toots gilt und keiner globalen Suche entsprechen. Es gibt in Tootle auch ein Suchfeld, aber dazu stellt die App klar, dass diese Suche nur verfügbar ist, wenn die Instanz die optionale Volltextsuche unterstützt. Die globale Suche im Fediversum scheint ein heisses Eisen zu sein: Jedenfalls heisst es auf fedsearch.io, das Projekt sei wegen des Widerstandes der Admins auf Eis gelegt worden. Das ist verständlich, weil eine solche Suche über alle Server hinweg eine konstante Last auf die Server bringen würde. Aus Nutzersicht ist es überaus bedauerlich, weil uns so eine ergiebige Recherchequelle versagt bleibt.

Schliesslich gibt es eine Rubrik Notifications, in der die Benachrichtigungen angezeigt werden, die wir auch nach Erwähnungen (Mention), nach neuen Followern (Follow) und nach Others filtern. Others zeigt uns an, wenn jemand einen unserer Toots favorisiert oder geboostet hat. Ach ja, und natürlich können wir über die App auch einen Toot absetzen.

Benachrichtigungen, Favoriten und fremde Instanzen

Diese unterschiedlichen Darstellungen sind die grosse Stärke von Tootle: Es ist wie erwähnt möglich, einen Filter auch als Eintrag der Symbolleiste hinzuzufügen. Diese Symbolleiste bearbeiten wir über das Icon Tabsetting: Über das können wir Reiter hinzufügen; und zwar stehen folgende Möglichkeiten zur Auswahl:

  • Unsere Favoriten
  • Listen
  • Tags
  • Weitere Accounts

Mit den Einstellungen bei Tabsetting ist die erwähnten Fussangel verbunden: Es ist hier auch möglich, Rubriken (Reiter) auszublenden. Doch wenn wir das tun, dann gibt es keine Möglichkeit mehr, diese Funktion zurückzuholen. Ich habe es ausprobiert und es nur geschafft, indem ich die App gelöscht und neu installiert habe.

Fussnoten

1) Kein Tippfehler: Das Kürzel steht für gemeinnützige GmbH, und die Mastodon gGmbH ist in Berlin domiziliert.

2) Ich bin mir noch unschlüssig, welches die passende Vokabel für die Beschäftigung mit Mastodon ist – und wie entsprechend eine einzelne, via Mastodon abgesetzte Nachricht heissen müsste. Ich habe seinerzeit die Bezeichnung «Mastodonisieren» geprägt, aber die geht offensichtlich nicht leicht über die Zunge. Vielerorts ist von «to toot» bzw. einem «Toot» die Rede, aber auch das ist ein eher schräger Anglizismus. Über die deutsche Übersetzung «Tröt» müssen wir auch nicht diskutieren. Es bleibt daher nur abzuwarten, was sich etabliert.

Beitragsbild: Ein junges Mastodon, erzeugt von Midjourney.

Kommentar verfassen