Bäume pflanzen statt Facebook klicken

Die App Forest hält eine wunderbare Methode bereit, uns davon abzuhalten, am Handy herumzudrücken.

Ich würde mich nun nicht gerade als Tree hugger bezeichnen. Aber ich mag Bäume, und habe damals, als unser Hausbaum umgesägt wurde, böse gebloggt und ein Tränchen verdrückt. Naja, vielleicht bin ich doch ein Baumumarmer.

Links: Während der Regen (abschaltbar) plätschert, wird man zur Arbeit angehalten.
Rechts: Der Wald, nach drei erfolgreichen Konzentrationsübungen.

Jedenfalls empfehle ich heute die App Forest (2 Franken für Android und das iPhone), bei der man virtuelle Bäume für einen realen Zweck pflanzt. Die App soll einen daran hindern, sich mit dem vermaledeiten Smartphone ständig selbst abzulenken. Das funktioniert wie folgt: Man verrät der App, ob man ein kleines Pflänzchen oder einen grossen Baum wachsen lassen will und legt den entsprechenden Samen in die Erde. Von der Art der Pflanze hängt ab, wie lange die ungestörte Wachstumsphase dauern wird – von einer Viertelstunde bis zu zwei Stunden kann man einstellen.

Während dieser Wachstumszeit darf man die App nicht verlassen. Wenn man es tut, dann geht der Baum innert Kürze ein und man hat eine Baumleiche in seinem Wald. Lässt man den Baum hingegen in Ruhe, bis die gewählte Zeit abgelaufen ist, dann darf man sich über einen ausgewachsenen, grünen Baum in seinem Wald freuen. Sowohl die toten als auch die gesunden Bäume bleiben erhalten.

Konzentration. Konzentration!

Der gute Zweck dieser App ist, einen zum konzentrierten Arbeiten zu verleihen: Statt wie wild durch die Apps zu zappen und mal bei Facebook reinzuschauen und einen Tweet rauszuhauen, soll man das Telefon in Ruhe lassen. Das ist ein kleverer Ansatz, finde ich. Es wird keine technische Barriere errichtet wie zum Beispiel mit StayFocusd für Chrome. Diese Browser-Erweiterung blockiert Websites wie Facebook, wenn man nicht seine Zeit vertrödeln sollte. Das funktioniert aber nicht so richtig, weil wir alle mehrere Browser auf dem Rechner haben und dann halt einfach mit Firefox mit unseren geschwätzigen und faulenzenden Facebook-Freunden abhängen. Und beim iPhone würde er noch weniger funktionieren, weil eine technische App-Sperre vom Betriebssystem aus kommen müsste und nicht von einer einzelnen App verhängt werden kann.

Bei Forest motiviert man sich selbst. Das ist kein Ansatz, der für jedermann funktioniert. Aber ich weiss, dass er mir ganz gut taugt. Ich habe den Ehrgeiz, einen grünen, gesunden Wald zu züchten und kein trauriges Waldsterben zu veranstalten. Mit meinen Schrittzählern entwickle ich geradezu eine Obsession deswegen – ich habe es 2016 geschafft, mein Ziel an 365 Tagen zu erreichen. (Was aber nicht entsprechend dokumentiert werden konnte, weil die Withings-Uhr mal einen Batteriewechsel benötigt hat, der mehrere Tage dauerte. Das ärgert mich heute noch.)

Mit den Münzen, die man als Belohnung obendrein erhält, kann man sich virtuelle Zitronenbäumchen kaufen (und viele andere Sorten) oder aber echten Wald anpflanzen.

Mit seinen Bäumen verdient man auch Münzen. Die kann man in weitere virtuelle, aber auch in echte Bäume investieren. Die werden von Sponsoren über die Nonprofit-Organisation Trees for the Future in Entwicklungsländern und überall auf dem Globus gepflanzt.

Zwei Franken wert

Fazit: Eine wirklich charmante App, die die zwei Franken allemal wert ist. Ich werde sie gerne nutzen und auch Anrufe ablehnen, wenn das Antworten einen Baum töten würde. (Ich weiss allerdings nicht, ob schon das Klingeln allein eine Gefährdung darstellt. Eventuell, weil sich die Telefon-App dann automatisch in den Vordergrund drängt. Auf der Website des Herstellers habe ich leider keine FAQ gefunden, in der diese elementare Frage behandelt werden würde – und ich wollte keinen meiner Bäume riskieren, um es herauszufinden. Vielleicht stelle ich die Frage mal an @forestapp_cc.


So sieht ein Wald aus, wenn einer sehr produktiv gearbeitet hat.

Wenn man nach seinem Baum sieht, dann erhält man übrigens den Bescheid, man solle ihn gefälligst in Ruhe lassen. Gelegentlich sieht man auch die Aufforderung, mit dem Phubbing aufzuhören. Das wiederum ist ein Zusammenzug von phone snubbing, der sich so recht nicht nach Deutsch übersetzen lässt. Die «Berliner Zeitung» schlug «Telebrüskierung» vor. Das zündet aber nicht so richtig…

Man kann aber, während die App ihren Countdown herunterzählt, beruhgende Audio-Tracks laufen lassen, zum Beispiel «Wald im Regen». Damit erfüllt Forest einen ähnlichen Zweck wie Noisli, nur etwas nachdrücklicher.

Es gibt Forest übrigens nicht nur für Android und das iPhone, sondern auch für Chrome und Firefox.

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