Ein Spiel für die mit dem virtuellen grünen Daumen

Nennt mich einen Emo, aber das Spiel «Prune» nimmt mich über Gebühr mit: Es geht darum, Bäume wachsen zu lassen, und wenn man scheitert, lastet ein verdorrtes Gerippe auf der Gärtnerseele.

«Prune» (4 Franken im Apple App Store und 3,99 bei Google Play) ist ein Spiel, das mich emotional über Gebühr beansprucht – aber ich habe es schliesslich auch an meine Frau delegiert, unseren Olivenbaum zurückzuschneiden, weil ich selbst ausserstande bin, Hand – und die Baumschere – an übermütige Triebe zu legen. Jawoll, nennt mich einen Emo!

In der Welt von schwarzen und roten Planeten…

Es geht bei dem Spiel genau darum: Bäume so zu schneiden, dass sie optimal gedeihen, genügend Sonne abbekommen und sich um Hindernisse herumranken. In den stark stilisierten Landschaften gibt es Hindernisse: Starke Winde, Planeten, Felsen und Hügelzüge, die das Licht abschirmen. In späteren Levels kommen auch grosse rote Sonnen dazu, die den Baum verbrennen, wenn er ihnen zu nahe kommt. Als virtueller Baumlehrer¹ wählt man erst das Plätzchen für seinen Baum und gibt die grobe Wachstumsrichtung vor.

Die Seitentriebe müssen gezähmt werden

Während der Baum wächst, schneidet man die Triebe, die in eine ungünstige Richtung streben, mit dem Finger ab – indem man senkrecht zum Ast wischt. Durch das Beschneiden der Triebe bringt man den Baum dazu, seine Kräfte in den verbleibenden Ästen zu bündeln, die dann kräftiger und schneller wachsen.

Auf diese Weise bringt man den Baum dazu, so zu wachsen, wie man das gerne möchte – wobei die App hier Natur simuliert. Es kommt somit durchaus vor, dass an der Stelle eines gekappten Triebs ein neuer entsteht, der dann gerne übersehen wird, und die gärtnerischen Bemühungen zunichte macht. Wenn aber alles klappt, dann wächst der Baum ins Licht und bildet Blüten aus. Das Ziel ist, so viele Blüten zu ermöglichen, wie Sterne am Firmament stehen.

… muss ein Baum sich wendig zeigen.

Poetisch und klar in der Bildsprache

«Prune» ist ein poetisches Spiel mit einer klaren Bildsprache und einer reduzierten musikalischen Untermalung – und laut dem Designer Joel McDonald eine Liebeserklärung an die Bäume. Das ist auf alle Fälle gelungen. Die simulierte Lebenskraft hat etwas Anregendes und Ermutigendes. Und es tut jedes Mal ein bisschen weh, wenn man einen Baum fällen muss oder er verbrennt, weil er in die falsche Richtung gewachsen ist.

Und eben: Manchmal klappt es nicht mit der Baumaufzucht.

Fussnoten

1) Nennt sich der Inhaber einer Baumschule Baumlehrer? Sollte es nicht so sein, führe ich die Bezeichnung hiermit offiziell ein.

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