Stoppt das Nachrichtendienstgesetz!

Das NDG soll dem Nach­richten­dienst neue Möglich­keiten zur Über­wachung geben, via «Kabel­aufklä­rung» vor allem auch im Internet.

Heute wird es in diesem Blog politisch: Ich empfehle nämlich, das Referendum zum Nachrichtendienstgesetz auf nachrichtendienstgesetz.ch zu unterschreiben.

Gründe gegen dieses Gesetz gibt es viele. Der triftigste ist sicherlich, dass es die Unschuldsvermutung umkehrt und jeden Nutzer von elektronischen Kommunikationsmitteln zu einem Verdächtigen stempelt.

Die Wirksamkeit ist nicht bewiesen

Es muss einen auch stören, dass die Wirksamkeit der flächendeckenden Überwachung nicht bewiesen ist. Wie «PC-Tipp»-Redaktorin Gaby Salvisberg in ihrem Kommentar schreibt:

Die BefürworterInnen des neuen Gesetzes bleiben uns immer noch den Nachweis schuldig, ob damit überhaupt ein einziges Verbrechen verhindert werden könnte.

Hohe Kosten bei höchst fragwürdigen Erfolgsaussichten. Da müsste die Sache eigentlich schon klar sein – zumal wir uns immer gern rühmen, in einem freiheitlichen Land zu leben. Wenn man denn eine ehrliche Antwort erwarten dürfte, warum diese Überwachung durchgeführt werden soll, dann müssten die Geheimdienste sagen: «Weil wir es können!» Der Grund für die Überwachung sind die technischen Möglichkeiten – und weil es die anderen auch tun.

Ignoriert wird dabei, wie schädlich die Überwachung für die Gesellschaft ist. Überwachte Menschen verhalten sich potenziell duckmäuserisch und sind weniger bereit, sich aktiv an der Demokratie zu beteiligen.

Die negativen Folgen betreffen alle

Negativ kann die Überwachung für jeden einzelnen sein:

«Einigen Tausend Landsleuten wird, wenn sie ihre Fichen gesehen haben, ein Licht aufgehen: warum du trotz bester Fachzeugnisse nie weitergekommen bist; warum es für eure Familie einfach keine städtische Wohnung gibt seit Jahrzehnten.» Von «Repression» und «negativer Auslese» schreibt Frisch.

Das sagte Max Frisch, nachdem er seine Staatsschutz-Fiche gelesen hatte – die, laut Tagesanzeiger, für Frisch ein «Dokument der Ignoranz, der Borniertheit, der Provinzialität» darstellte.

Die Lehren der Geschichte nicht vergessen

Diese Lehre sollten wir nicht so schnell vergessen – zumal die Überwachungs- und Missbrauchsmöglichkeiten im digitalen Zeitalter mit GovWare, pardon: Staatstrojaner um Welten «griffiger» sind als zu Zeiten der Fichenaffäre.

Alles schon vergessen? (Bild: Wikipedia.org)

Mir stösst sauer auf, das die Behörden unter den Schlagworten Terrorbekämpfung und Schutz der Bevölkerung Gesetze durchsetzen wollen, die mit einer freiheitlichen Gesellschaftsordnung einfach nicht vereinbar sind.

Klar, ich verstehe schon, dass sich kein Verantwortungsträger hinterher vorwerfen lassen will, er habe wichtige Massnahmen versäumt, wenn wirklich «etwas passieren» sollte. Aber das sollte uns nicht dazu verleiten, unsere Handlungen und Gesetze von Angst bestimmen zu lassen. Dann enstehen Dinge wie der unselige Patriot Act, der IMHO die Vorstufe zum Polizeistaat darstellt:

Klar, der unpatriotische Patriot Act geht sehr viel weiter als das Nachrichtendienstgesetz, über das wir hier sprechen. Und er ist zum Teil ausser Kraft gesetzt und durch den «Freedom Act» ersetzt worden – was die Sache nur bedingt besser macht:

Insbesondere die Massenüberwachung der Nicht-US-Kommunikation wird vom USA Freedom Act nicht berührt und somit uneingeschränkt fortgeführt. (netzpolitik.org)

Der vielgehörte Satz «Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit» stimmt halt eben auch umgekehrt: Ohne Freiheit gibt es keine Sicherheit.

Vielfalt schützt

Eine Gesellschaft schützt sich, indem sie ein pluralistisches, friedliches Miteinander von Menschen mit unterschiedlichen Lebensweisen, Kulturen und Ansichten ermöglicht – nicht, indem sie versucht, präventiv alles zu orten und zu scannen, was irgendwie nicht ins Bild passt. Denn das schlägt leicht in Gesinnungsterror um – und dann haben wir den Terror, den wir eigentlich bekämpfen wollten.

Kommentar verfassen