Misch mal Zärtlichkeit ins Musikprogramm

Lassen sich Wiedergabelisten automatisch erzeugen, wenn man einer Software sagt, in welcher Stimmung man ist? Die Moodagent-App probiert genau das – was gemischte Gefühle erzeugt.

Musik, die zur Stimmung passt – dafür kann man sich einen privaten DJ anheuern, Wiedergabelisten in Handarbeit erstellen oder eine App verwenden, die von sich behauptet, Musik stimmig mischen zu können. Ich habe gestern über Moodagent geschrieben: Das ist eine Spotify-App, die Musik nach vier Kategorien ausliest und einige Modifikationsmöglichkeiten bietet.

Es gibt von moodagent.com auch eine App, die Musik nach einem ähnliche Prinzip auswählt – wobei man das Resultat deutlich feiner steuern kann als in der Spotify-App. Nach dem Start der stehen die fünf Schieber Sensual, Tender, Happy, Angry und Tempo zur Verfügung. Diese zieht man per Finger von der Nullstellung auf voll – wobei es ungefähr sechs Zwischenstufen gibt. Die App mixt dann eine Playlist, die zu den Vorgaben passt. Wenn es keine Musik zu der Vorgabe gibt, modifiziert Moodagent die Vorgabe auf brauchbare Einstellungen.

Wut, mit etwas Zärtlichkeit ergibt Rammstein.


Die Prämisse von Moodagent lautet: Ein Algorithmus ist in der Lage, die Stimmung eines Titels treffend zu erfassen. Stimmt das? Meine Erfahrungen sind zwiespältig. Das Moodagent zu der (gestern als widersprüchlich bezeichneten Kombination von 100% Happy und 100% Angry eine Lösung vorschlägt, fand ich verblüffend – vor allem, weil der Vorschlag passt: Es handelt sich nämlich um «Surfin’ bird» von den Trashmen. Dieser Titel ist gewissermassen die Quadratur des musikalischen Stimmungskreises: Wütend und fröhlich zugleich.

Glückliche Wut mit The Trashmen.

Sind die Berner die Könige der Sinnlichkeit?

Andere Vorschläge sind weniger einleuchtend: «About a girl» von Nirvana soll halbglücklich sein? Nicht die Spur – für diesen Titel fehlt die Depressed-Kategorie. Wenn ich sinnlich und zärtlich bis zum Anschlag hochziehe, schlägt er mir «Haubi Songs» von Züri West und «Dr Eskimo» von Mani Matter vor. Mit allem Respekt vor den Bernern, aber die Könige der Sinnlichkeit sind sie in meinem Universum nicht.

Strittige Empfehlungen.

Man kann sich auch darüber streiten, ob die vier Kategorien wirklich ausreichen, um die Vielfalt einer gut dotierten Musiksammlung zu erschliessen. Da ich finde, dass viele Musiker dann gut sind, wenn sie unglücklich sind und leiden, sollten mindestens auch die Kategorien Dejected und Suicidal vorkommen.

Musikempfehlungen aus dem iTunes Store

Trotzdem; die App sei empfohlen: Als Ergänzung zu Genius und zu den eigenen Wiedergabelisten leistet sie gute Dienste. Es ist auch möglich, sich weitere Empfehlung zu einem Titel anzeigen zu lassen, die über iTunes gekauft werden können und einzelne Titel oder Interpreten auszuschliessen – wohl ein Eingeständnis davon, dass manche Titel falsch verortet werden.

Gespielt wird die Musik nicht direkt in der Moodagent gespielt, sondern über die Musik-App von iOS. Beim ersten Start spricht die App davon, dass die Titel synchronisiert werden. Das bedeutet, dass die «Stimmungsdatenbank» mit der Musiksammlung verglichen wird. Falls Songs nicht gefunden werden, teilt die App das mit und bietet an, diese über den Desktop Profiler analysieren zu lassen.

Fehlende Songs mit dem System Profiler profilieren.

Nach einer aufwühlenden Woche empfehle ich nur eines: Sich mit der Angry-Playlist auf eine schweisstreibende Velorunde zu machen…

One thought on “Misch mal Zärtlichkeit ins Musikprogramm

  1. Geniale Software, habe es auch gleich mal getestet und bin aber überrascht wie gut die Titel zur jeweiligen gewählten Stimmung passen. Zwar schon mehr eine Spielerei aber an sich eine tolle Idee. Wird sich wohl gerade bei der jüngeren Generation schnell verbreiten.

    “Wut, mit etwas Zärtlichkeit ergibt Rammstein.” Haha, als ich das gelesen hab ist mir fast der Kaffee aus der Nase gelaufen.

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