Ich gehöre zu der «Wickie und die starken Männer»-Generation. Nicht nur das. Ich hatte während Jahren in meinem Kinderzimmer ein selbst gemaltes Wickie-Wandgemälde im Format «larger than life» über dem Bett, bis selbiges von meiner kleinen Schwester übermalt wurde – übrigens nicht aus Bosheit oder Wickiefeindlichkeit, sondern gegen Bezahlung, weil ich die Wickie-Begeisterung als Teenager naturgemäss abgelegt habe.
Trotz meiner Ablösung vom Helden meiner Jugend bin ich unzweifelhaft ein Experte, was androgyne Wikingerjungen angeht. Ich hatte auch ein geschnitztes Holzschwert aus Handarbeit und ein Karton-Wikingerschiff, das leider im Entenweiher hinter unserer Scheune untergegangen ist. Also: Ich = Sachverständiger und eidg. nicht-dipl. Wickieologe.
Die spinnen, die Österreicher
Als solcher muss ich nun mit steigender Irritation ein zunehmendes Wickie-Revival konstatieren. Michael Anführungszeichen-Bully-Abführungszeichen Herbig will die Zeichentrickserie verrealfilmen. Und die Österreicher haben den Titelsong von Christian Bruhn in leicht abgewandelter Form zu ihrer EM-Hymne umgedichtet: «Hicke und die starken Männer – der Schlachtruf». Oder der besoffenste Österreicherwitz aller Zeiten in Liedform.
Temporäre Verkindskopfung
Lieber Bully, liebe Österreicher: Werdet erwachsen. Manche Dinge sollte man ruhen lassen. Die seligen Kindertage sind für immer vorbei. Auch wenn Fussballfieber unter Federführung von Trix und Flix zu einer temporären Verkindskopfung führen. Es ist trotzdem so: Ihr lebt heute in der Welt der Grossen, Ihr müsst am Morgen aufstehen, Verantwortung übernehmen, Geld verdienen, Hypotheken zahlen (schliesslich seid Ihr keine Amis), Steuern löhnen, dem Chef Paroli bieten, Euren Kindern Markenklamotten und PSPs kaufen, fürs Alter vorsorgen und Euch seelisch auf den Vierzigsten vorbereiten. Flashbacks in die Hosenscheisser-Ära sind keine Lösung.