Kapitalismus meets Web 2.0 ist die Idee bei empireavenue.com auf den Punkt gebracht. Als Mitglied dieser kanadischen Community will man reich und mächtig werden. Die Mittel dazu sind die Mittel des Web 2.0: Publizieren, kommentieren, interagieren und micro-bloggen.
Wie geschickt man sich verhält, ist im Börsenkurs ersichtlich. Ausserdem erhält man anhand des «Activity score» einen Titel verliehen und kann sich Auszeichnungen («achievements») verdienen.
Konkret funktioniert Empire Avenue so: Man meldet sich an und startet mit einem Grundkapital, das in der virtuellen Währung «Eaves» in der eigenen Tasche steckt. Dieses Geld investiert man in andere Teilnehmer, indem man deren Aktien kauft. Selbst ist man ebenfalls ein handelbarer Wert. 10’000 Anteile hat man zu vergeben, die dann sogleich auf grosses Interesse stossen: Schliesslich hat man als Anfänger einen geringen Börsenwert (9.76 Eaves, um genau zu sein) und ein grosses Wachstumspotential.
Jeder Tweet zählt
Um diesen Börsenwert zu steigern, sollte man umgehend seine anderen Netzwerke mit Empire Avenue verbinden: Facebook und Twitter, aber auch Flickr, Youtube, Instagram, Foursquare und das eigene Blog. Die Aktivitäten auf diesen Plattformen fliessen unmittelbar in den Wert ein. Je mehr man veröffentlicht und je grösser das Publikum ist, desto stärker steigt der Wert.
Der Kurs steigt auch dann, wenn man andere Nutzer dazu bewegen kann, die eigenen Aktien zu kaufen – möglichst, indem man seine Freunde und Bekannte auf Empire Avenue lotst und die Nutzerschar der Plattform vergrössert.
PS: Falls du Empire Avenue ausprobieren möchtest, investier’ doch bitte ein paar Eaves in MRCLICKO – der Autor dieses Beitrags bedankt sich schon im Voraus!
Einnahmen erzielt man im Spiel von den Dividenden, die die eigenen Beteiligungen ausschütten. Auch das Freischalten einer Auszeichnung wird mit «Eaves» belohnt. Natürlich kann man auch Aktien verkaufen, um an Eaves zu kommen.
Spekulation in der Blogosphäre
Um erfolgreich zu sein, sollte man auf möglichst vielen Plattformen aktiv sein und regelmässig posten. Auch auf Empire Avenue muss man sich häufig blicken lassen und sein Portfolio pflegen – was nicht ganz einfach ist, da die Website selbst unübersichtlich bis wirr daherkommt. Unter Search > Recent Arrivals finden sich die Neuankömmlinge, die man zu günstigen Preisen und mit potenziell guten Gewinnchancen in den ersten Tagen erwerben kann.
Da es viele User gibt, die nur schnell hineinschauen und sich wieder verabschieden, sollte man allerdings nicht zögern, wenig performante Titel schnell wieder zu verkaufen. Unter Local Arrivals sind Schweizer Nutzer zu finden und unter Leaders > Daily Change sind bei Top Daily Gainers die Leute zu finden, die stark zugelegt haben. Das sind die Leute, in die ein Investment sich lohnen könnte. Die iPhone- und iPad-App sind im Vergleich zu der Website übrigens einfacher zu nutzen.
In Blogs wird – erstaunlicherweise – häufig über Empire Avenue geschnödet: «Marktplatz der Eitelkeit», schreibt etwa netzwertig.com: «Ein weiteres Instrument zur Messung des Bekanntheitgrads von digitalen Selbstdarstellern». Man kann natürlich kritisieren, dass Empire Avenue virtuelle Eaves gegen reales Geld verkauft – 50 US-Dollar sind für 120’000 Eaves zu bezahlen.
Einer gesellschaftlichen Strömung Ausdruck verleihen
Aber wenn man darüber hinwegsieht, reflektiert Empire Avenue sehr schön die Mechanismen, die auf sozialen Plattformen wie Facebook, Twitter oder Google Plus spielen: Aufmerksamkeit ist das höchste Gut und wer viel Aufmerksamkeit auf seine Beiträge zu ziehen vermag, gilt als Mogul. Genau das versucht die kanadische Plattform abzubilden – auch wenn ein Softwarealgorithmus nur Quantität und nicht Qualität messen kann.
So ist Empire Avenue genau wie «Monopoly» in den 1930er Jahren eine Reflexion seiner Zeit und verleiht in Form eines Spiels einer gesellschaftlichen Strömung Ausdruck…
MyEmpireFree (iPhone, iPod touch und iPad, ab iOS 4.0), kostenlos im App Store.