Nützliche und fragwürdige Neuerungen von iOS 17 und iPad OS 17

Die Neue­rungen, die Apple im Herbst fürs iPhone und iPad bringen wird, in einem ersten Augen­schein – mit Schwer­punkt Tablet.

Apple hat vor gut einer Woche die öffentlichen Beta-Versionen der künftigen Betriebssystem-Updates freigegeben. Ich gehöre nicht zu den Leuten, die diese Betas gleich auf allen ihren Produktiv-Geräten installieren, während sie in Influencer-Manier zu ihrer Gefolgschaft predigen, man dürfe Beta-Versionen auf «gar keinen Fall auf Produktiv-Geräten installieren». Aber wenn ich Zeit finde und ein Nicht-Produktiv-Gerät griffbereit habe, dann schaue ich mir die Neuerungen gern an.

Das habe ich getan und das sind meine Eindrücke:

Anpassungsmöglichkeiten für den Sperrbildschirm beim iPad

All die Neuerungen rund um den Homescreen, den Sperrbildschirm und die Fokus-Einstellungen finde ich praktisch. Ein sinnvoll eingerichteter Sperrbildschirm wertet das iPhone – wie hier ausführlich beschrieben – deutlich auf.

Das gilt natürlich genauso fürs Tablet. Die Leere auf dem Sperrbildschirm des iPad Pro erschien mir immer wie die reine Verschwendung. Eine so grosse Fläche sollte für sinnvolle Informationen genutzt werden, auch wenn das Tablet bislang kein Always-On-Display hat. Aber schliesslich reicht es, zweimal aufs Display zu tippen, damit das angeht – sodass es auf der Hand liegt, dass dann etwas Nützliches zu sehen sein sollte.

Im Querformat finden in der Spalte am linken Rand einige Widgets Platz. In der Mitte bleibt eine riesige Fläche frei, selbst wenn dort kein auffälliges Fotomotiv erscheint.

Das ändert sich mit iPad OS, und das freut mich. Allerdings erweist sich die Sache als vertrackt: Wir müssen die Widgets fürs Hoch- und Querformat separat konfigurieren: Im Hochformat ist der Bereich auf vier kleine oder zwei grosse Widgets beschränkt. Das ist genauso spartanisch wie beim iPhone.

Im Querformat ist mehr Platz: Dort erscheinen die Widgets als Spalte am linken Rand. Doch auch da lässt sich das grosse Display bei Weitem nicht ausnützen. Und klar, mir leuchtet schon ein, warum das so ist: Es soll ein grosser Teil freibleiben fürs Hintergrundbild. Doch wenn wir kein Kinderfoto oder sonst ein prägnantes Motiv auf dem Bildschirm haben, sollte sich der Raum entsprechend anders nutzen lassen – finde ich. Fazit: Apple hat das noch nicht zu Ende gedacht.

Beitragsbild: Zugegeben, der Sperrbildschirm mit den Wetter-Animationen ist eindrücklich.

Interaktive Widgets und Live-Aktivitäten

Fürs iPhone und iPad wichtig sind die interaktiven Widgets: Bisher konnten die nur Informationen anzeigen. Wenn man sie angetippt hat, hat sich die App geöffnet, damit dort eine Aktion in Gang gesetzt werden konnte. Nun sollen simple Dinge erledigt werden können, ohne dass die App sich in den Vordergrund schiebt. Mit dem Abhaken von Einträgen auf der To-do-Liste funktioniert das schon einwandfrei. Ich freue mich allerdings darauf, meinen Wasserkonsum so erfassen zu können.

Ähnlich funktioniert das mit den Live-Aktivitäten: Beim iPhone bekommen wir es via Dynamic Island mit denen zu tun, aber es ergibt natürlich Sinn, sie auf dem iPad als Widgets anzuzeigen. Und ja, ich sollte diesen Live-Aktivitäten mal einen eigenen Blogpost widmen.

Textvorschläge

Es fällt auf, dass wir es mit vielen kleinen Neuerungen zu tun bekommen. Bei denen finde ich es jeweils schwierig, im Voraus zu sagen, was im Alltag einen Unterschied macht und was völlig nutzlos sein wird. Viel verspreche ich mir von den Verbesserungen bei der Autokorrektur und dem Predictive Text: Den kennen wir von Gmail, wo beim Tippen ein Vorschlag angezeigt wird, wie dieser angefangene Text weitergeführt werden könnte: Tippen wir die Leertaste (oder am Computer Tabulator), wird der Vorschlag übernommen. Das spart Zeit, besonders bei der formalisierten Kommunikation, bei der wir es ständig mit denselben Floskeln zu tun haben.

Allerdings: In Deutsch habe ich diese Textvorschläge bislang nicht gesehen, obwohl sie gemäss dieser Übersicht hier auch bei uns zur Verfügung stehen wird. Das muss aber während der Betaphase natürlich noch nicht der Fall sein.

Weitere kleine Verbesserungen

Zu den kleinen Verbesserungen, auf die ich mich freue, gehört …

  • natürlich die Transkription von Textnachrichten bei iOS 17.
  • Bei Facetime können wir mittels Gesten gewisse visuelle Effekte auslösen – was vielleicht lustig ist, vielleicht aber auch nicht.
  • Und dass das iPhone im gesperrten Zustand bzw. beim Laden mehr aus dem Querformat macht, ist genauso sinnvoll wie überfällig.
  • Mit Name Drop lassen sich via Airdrop Kontaktdaten unkompliziert austauschen. Auch so etwas, das es seit zehn Jahren geben könnte.
  • Karten können auch offline benutzt werden, was ich bei meinen Smartphone-Reisetipps schon lobend erwähnt habe.
  • Und es gibt eine Tagebuch-App namens Journal. Das entspricht einem Bedürfnis, wie ich bei meinem Test von Moleskine Journey festgestellt habe. Den Test dieser App gibt es im Beitrag Das Tagebuch des 21. Jahrhunderts.

Die neue Health-App beim iPad

Eine der Apps, die es bislang nicht fürs iPad gab, ist Health. Mit iOS 17 ändert sich das. Für mich ist es nicht zwingend, die Gesundheitsdaten auf dem Tablet zur Verfügung zu haben. Das Smartphone als persönlicheres Gerät ist zur Verwaltung medizinischer Daten ideal. Viele Leute rechnen gesundheitsbezogene Informationen zu der sensiblen Sorte. Und die wollen wir nicht unbedingt auf allen Geräten und überall abrufbereit haben, sondern nur auf denen, die wir voll unter Kontrolle haben. Bei Tablets, die im Familienverbund genutzt werden, ist das nicht der Fall.

Die neue Health-App: Warum bloss lassen sich die Grafiken nicht bildschirmfüllend anzeigen?

Darum sehe ich diese Neuerung kritisch: Wenn man die Health-Daten einmal synchronisiert hat – und sei es versehentlich –, gibt es keine offensichtliche Möglichkeit, die wieder zu entfernen. Am sichersten klappt das vermutlich, wenn man sie löscht.

Es gibt auch Gründe, die App am Tablet zu nutzen: Bekanntlich hält sie allerlei Statistiken und Auswertungen bereit. Und die kommen auf dem grösseren Bildschirm besser zur Geltung. Ich verstehe aber nicht, warum Apple diesen Vorteil nicht gnadenlos ausspielt. Warum kann ich die Diagramme nicht antippen und im Vollbild anzeigen? Das wäre auf dem iPad Pro phänomenal – gerade, wenn wir mit unseren Fortschritten prahlen wollen.

Fazit: Ist Stage Manager schon geplatzt?

Es wird wohl kein grossartiges Jahr, was die Updates fürs iPad und iPhone angeht. Das wundert auch nicht, da Apple sich mit der Vision Pro und Vision OS eine riesige Bürde ans Bein gebunden hat. Trotzdem gibt es einige gute Neuerungen – aber auch fatale Unterlassungssünden.

Stage Manager, noch zu iPad-OS-16-Zeiten. Wo steckt er jetzt?

Zu letzterem zählt ohne Zweifel Stage Manager. Ich habe vor einem Jahr prophezeit, dass es diese iPad-Neuerung schwer haben wird. Nun finde ich sie in der Beta von iPad OS 17 noch nicht einmal mehr. Ich gehe nicht davon aus, dass Apple sie bereits wieder in die Tonne geklopft hat, denn selbst der Touchbar als schnell in Ungnade gefallene Invention waren ein paar Jährchen vergönnt. Es dürfte sich um ein Problem der Beta-Version handeln, zumal Apple in der Ankündigunt von iPad OS 17 erwähnt: Es werde «flexiblere Layouts» geben, mit denen sich «Fenster flexibler bewegen und in der Grösse anpassen lassen».

Trotzdem: Stage Manager ist weit davon entfernt, eine echte Alternative zu den herkömmlichen Fenstermanagern zu sein. Falls Apple es ernst mit dieser Erfindung meint, müsste sie im iPad-OS-17-Update eine gewichtige Rolle spielen. So habe ich den Eindruck, dass es nur ein Versuchsballon war, der vielleicht bereits wieder geplatzt ist – auch wenn wir den Knall noch nicht gehört haben.

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