Bei der Bildbearbeitung bekommt die KI eine Vier

Photo AI von Topaz will Fotos auf «ma­gi­sche Weise» per­fek­tio­nieren. Ich habe getestet, ob sie wirk­lich der Harry Pot­ter unter den Bild­bear­bei­tungen ist – oder doch eher der Gil­de­roy Lock­hart.

Wieder eines dieser parapsychologischen Programme: Photo AI von Topaz verspricht, wir Nutzerinnen und Nutzer könnten auf «magische Weise» sowohl Bildqualität als auch Auflösung von Fotos verbessern. Der Schlüssel dazu ist, natürlich, die künstliche Intelligenz. Sie verschafft dem Programm, so behauptet es der Hersteller, ein «tiefen Verständnis vom Inhalt der Bilder».

Als Harry-Potter-Kenner lasse ich mich von angeblicher Hexerei nicht beeindrucken. Aber dass eine KI hilfreich bei der automatischen Bildkorrektur nützlich sein könnte, das kann ich mir gut vorstellen: Denn es macht einen Unterschied, ob ein Algorithmus dumpf anhand der Gradationskurve und anderer Bildparameter agiert oder ob die Korrekturen auf die abgebildete Szene angepasst werden können.

Aber natürlich machen wir am besten die Probe aufs Exempel.

1) Die Entwackelung

Als Erstes setze ich Topaz Photo AI jenes Foto vor, das ich für meinen Test der Unblur-Funktion des Google Pixel 8  benutzt habe.

Im direkten Vergleich liefert Google ein besseres Resultat. Google schafft es, die Verwackelung zumindest im Gesicht der beiden Frauen fast vollständig zum Verschwinden zu bringen. Bei Topaz ist sie zumindest bei der Frau links noch deutlich sichtbar.

Die Beseitigung der Bewegungsunschärfe gelingt Topaz Photo AI nicht so gut wie Google.

Gut gefällt an der Software von Topaz die Möglichkeit die Steuerungsmöglichkeiten. Zwar nimmt die Photo AI die Korrekturen automatisch vor. Doch wir können die Modifikationen steuern und anpassen. Die Arbeitsschritte sind am rechten Rand ersichtlich. Beim Anklicken erscheinen pro Modul einige Parameter:

  • Beim Entrauschen (Remove Noise) können wir aus drei Stärkestufen auswählen und über die Regler Strength, Minor Deblur und Original Detail Einfluss nehmen.
  • Bei der Option zur Wiederherstellung der Gesichter (Recover Faces), die in diesem Fall entscheidend fürs Ergebnis ist, stellen wir über den Schieberegler Strength die Stärke ein. Im Bereich Selection dürfen wir die Gesichter auswählen, die behandelt werden sollen.

Via Add Enhancement lassen sich manuell weitere Verbesserungsmodule dazuschalten. Zur Auswahl stehen:

  • Entrauschen (Remove Noise)
  • Schärfen (Sharpen)
  • Belichtungskorrektur (Adjust Lightning)
  • Farbkorrektur (Balance Color)
  • Generatives Retuschieren (Remove)
  • Text erhalten (Preserve Text)
  • Upscale (Hochrechnen)
Zum Vergleich: Das holt die «Unblur»-Funktion von Google aus dem gleichen Bild heraus.

2) Farb- und Belichtungskorrektur

Einen zweiten Testlauf nehme ich mit einer Nachtaufnahme vor. Ich füge manuell Korrekturen für Farbe und die Belichtung hinzu. Das Resultat mit Standard-Einstellungen gefällt mir gut. Die Software eliminiert den extremen Rotstich und bringt auch den Lichtkegel eines Autos in dieser Langzeitbelichtung schön zur Geltung.

Bei dieser nächtlichen Langzeitbelichtung erzielt Topaz Photo AI beträchtliche Verbesserungen.

3) Farbstimmung

Im dritten Beispiel geht es um eine Gegenlichtaufnahme, in der es darum geht, die Abendstimmung zu verstärken. Dazu soll der Hintergrund etwas dunkler werden, aber, ohne dass die Person im Vordergrund in der Dämmerung versinkt. Das lässt sich nur erzielen, indem Subjekt und Hintergrund getrennt behandelt werden.

Das ist mit Topaz Photo AI unkompliziert möglich: Im Modul Adjust Lighting schalten wir auf die Rubrik Selection um. Dann haben wir bei Auto Mask die Möglichkeit, den Hintergrund auszuwählen (Background). Nebenbei bemerkt: Als weitere automatische Auswahlbereiche stehen auch Sujet (Subject), Portrait, Landsape, Sky und None zur Auswahl.

Photo AI erzielt bei dieser Gegenlichtaufnahme eine Verbesserung, doch das Resultat ist längst nicht perfekt.

Das erspart es uns, die Hauptperson von Hand zu maskieren. Die automatische Freistellung überzeugt mich aber nicht. Um die Person entsteht eine unschöne weisse Kante.

Die Person im Vordergrund wird automatisch freigestellt; aber der weisse Saum ist störend.

Ausserdem ist es unbefriedigend, nur den Hintergrund abzudunkeln, ohne Person im Vordergrund nicht auch anzupassen. Es gibt zwar die Möglichkeit, bei Topaz Photo AI das Modul Adjust Lighting zweimal zu platzieren und bei Auto Mask in der einen Instanz Background und in der anderen Subject auszuwählen. Da unter Controls aber nur die Stärke der automatischen Korrektur reguliert werden kann, bringt das letztlich nichts.

Dieses Resultat überzeugt nicht. Aber ich erlaube mir einen Vergleich mit der Arbeit von Photolemur. Diese Software hat vor sechs Jahren das genau gleiche Versprechen gemacht; nämlich eine vollautomatische Bildkorrektur.  Photolemur hat mich damals nicht überzeugt. Im Vergleich stellt Topaz Photo AI ein deutlicher Schritt nach dar. Wenn wir nochmals sechs Jahre warten – wer weiss, vielleicht sind diese Autopiloten dann perfekt.

Für die Software legen wir 199 US-Dollar hin. Das finde ich zu teuer. Ich fände einen Preis unter hundert Dollar angemessen.

Übrigens, noch ein Dankeschön für den Tippgeber: Rolf, der Topaz als Kommentar zu meinen Tipps zur Foto-Entwackelung genannt hat.

Beitragsbild: Statt uns mit Foto-Rettungsversuche abzumühen, können wir auch einfach behaupten, das müsse so sein (Alex Gruber, Unsplash-Lizenz).

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