Wenn Spotify rote Linien überschreitet

Die Autoplay-Funktion soll am Ende eines Albums oder einer Wieder­gabe­liste dafür sorgen, dass die Musik weiter­spielt. Doch die frag­wür­dige automa­tische Musik­auswahl beweist primär, dass Spotify seine Algori­thmen nicht im Griff hat.

Eine wirklich missratene Spotify-Funktion heisst Autoplay. Sie sorgt dafür, dass am Ende einer Wiedergabeliste oder eines Albums nicht Stille einsetzt, wie sich das eigentlich gehören würde. Stattdessen sucht sich der Algorithmus irgendetwas aus, das er abspielen könnte.

Und klar, man könnte das für praktisch halten, weil es einem die Arbeit erspart, selbst einen neuen Inhalt auszugraben. Doch wie es so geht: Es zeigt vorwiegend, dass den Algorithmen nicht zu trauen ist. Diese Autoplay-Funktion hat in meinem Fall nämlich gleich zweimal komplett daneben gelangt:

Meine Tochter hört gerne Kinder-Hörspiele. Wenn ein Hörspiel – beispielsweise Petterson und Findus oder Wickie – durch ist, kam ein anderes. Dummerweise hat der Algorithmus nicht kapiert, dass man bei Hörspielen die Abfolge der Kapitel bedeutsam ist und man nicht mit einem beliebigen Track mitten aus der Geschichte beginnen kann. Das zeigt, dass Spotify nach wie vor keinen vernünftigen Umgang mit gesprochenen Inhalten hat – wie bereits hier und hier kritisiert.

Gepriesen sei der Herr!

Wenns plötzlich wie im Kinder-Gottestdienst klingt.

So weit, so schlecht. Auf die Palme getrieben hat mich Spotify jedoch, als der Autoplay-Algorithmus dazu übergegangen ist, religiöse Kinderlieder zu spielen. Das überschreitet für mich eine rote Linie: Ich will nicht, dass im Kinderzimmer Musik abgespielt wird, in denen die Grossartigkeit des Herrn gepriesen wird.

Ich bin tolerant, was die Bandbreite der Inhalte angeht – siehe auch hier. Aber Musik, die dazu da ist, die Kinder zu missionieren, überschreitet meine Toleranz. Das heisst nicht, dass ich sie verbieten würde, wenn das Kind sie – warum auch immer – hören will. Aber es ist garantiert nicht so, dass ich Spotify erlauben werde, derlei Inhalte hinter meinem Rücken ins Repertoire zu schmuggeln.

Übrigens, auch bei den Hörspielen finde ich es nicht akzeptabel, wenn Spotify ungefragt verwandte Titel aussucht. Ich halte es für wichtig, dass wir Eltern zusammen mit den Kindern besprechen, was man sich anhört und was nicht. Wenn nun ein Algorithmus ungefragt Dinge zur Wiedergabe bringt, unterläuft das die Verantwortung der Erziehungsberechtigten; und das geht einfach nicht. Nachdem ich hier und hier argumentiert habe, dass Spotify die gesellschaftliche Verantwortung auf inhaltlicher Ebene nicht wahrnimmt, zeigt sich, dass auch in technischen Belangen Defizite bestehen: Spotify hat ein offensichtliches Führungsproblem und macht Dinge, ohne sich der Konsequenzen bewusst zu sein.

Bitte schleunigst abschalten!

Kein Autoplay, weil Spotify nicht zu trauen ist.

Immerhin kann man die Funktion abschalten – auch wenn es meines Erachtens besser wäre, wenn Autoplay standardmässig abgeschaltet wäre und nur auf expliziten Wunsch hin zum Zug käme.

Um die Funktion abzuschalten, wendet man sich den Einstellungen zu. In der Rubrik Wiedergabe findet sich die Option Autoplay, die zwei Schalter hat: Auf diesem Gerät steuert die lokale Wiedergabe. Auf anderen Geräten sollte abgeschaltet werden, wenn man Spotify auf vernetzten Lautsprechern verwendet. Diese Option ist für meinen Fall wichtig, da meine Tochter den WLAN-Lautsprecher Jooki benutzt.

Spotify, führ dich nicht wie ein Arschloch auf

Wenn wir schon bei den wichtigen Spotify-Optionen sind: Ich empfehle, die Option Nicht abspielbare Songs ausblenden abzuschalten; siehe dazu Wenn Spotify dir deine T-Shirts klaut. Diese Option hiess früher Nicht verfügbare Songs in Playlists anzeigen. Spotify hat sie nicht nur umbenannt, sondern bei der Gelegenheit auch so umgeschaltet, dass die nicht verfügbaren Songs nicht mehr sichtbar sind, obwohl ich das früher offensichtlich anders konfiguriert hatte. Wenn wir dabei sind: Optionen im Rahmen einer Umbenennung auf einen dem Unternehmen genehmen Standard zurückzusetzen, ist eine Arschloch-Verhaltensweise.

Beitragsbild: Er sieht ein bisschen so aus, als sei er mit Spotifys Autoplay-Auswahl auch nicht zufrieden (Joshua Oluwagbemiga, Unsplash-Lizenz).

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