«Wir meckern über Dinge und tun so, als ob wir es besser wüssten.» Das ist die Ausgangslage beim Podcast Schlecht beraten, den es seit November 2020 gibt und von dem bislang 18 Folgen erschienen sind. Man findet ihn bei iTunes, Spotify, Google und, wie Gott es gewollt hat, auch als RSS-Feed.
Die beiden meckernden Besserwisser sind Marko Ković und Denis Uffer. Ković ist Sozialwissenschaftler und Mitbegründer des 2012 gegründeten Vereins der Schweizer Skeptiker, die sich neuerdings Forum für kritisches Denken nennen. Uffer ist Neurologie und im Vorstand des gleichen Vereins, was einen deutlichen Fingerzeig gibt, welche Themen die beiden ihrem Gemecker unterziehen. Es sind natürlich die Lieblingsgebiete der skeptischen Denker: Verschwörungstheorien und -mythen, Pseudowissenschaften, Aberglaube, Fakenews und mediale Desinformation.
Spätestens an dieser Stelle ist ein Disclaimer angebracht: Ich bin seit fast von Anfang an Mitglied in diesem Verein, weswegen man mir unterstellen könnte, dass ich mit diesem Blogpost hier Vereinsmeierei betreibe. Und ich habe mit Marko Ković 2015 die Sendung Etwas für untern Aluhut zu genau diesen Themen gemacht, die mir noch in guter Erinnerung ist. Dennoch gibt es hier eine neutrale, hochgradig objektive Kritik zu lesen – wie ihr es von mir nicht anders gewohnt seid.
Schneller auf den Punkt
«Schlecht beraten» ist der indirekte Nachfolger des Skeptisch-Podcasts, den ich seinerzeit gerne gehört habe. Im direkten Vergleich gefällt mir das neue Format besser: Es ist etwas kürzer und auch mehr auf den Punkt: Das liegt daran, dass es sich an der Aktualität orientiert, während früher oft allgemeine Phänomene wie Rationalität, aussersinnliche Wahrnehmungen, Gesundheitsmythen oder auch kognitive Verzerrungen behandelt wurden. Das war zwar auch aufschlussreich, gerade das letzte Thema ist mir in guter Erinnerung. Doch das Dabeibleiben ist bei «Schlecht beraten» einfacher, zumal sich die beiden auch um einen lockereren Präsentationsstil bemühen und das mit dem trockenen Humor von Denis Uffer gut funktioniert.
Also, die Themen: wie zuvor erwähnt, es sind diejenigen, die die Gemüter der Skeptiker bewegen – Corona-Proteste, Long Covid, Corona-«Diktatur», Attila Hildmann, Putin-Versteher, Daniele Ganser und Ken Jebsen, um einige der plakativeren Folgen herauszugreifen.
Da Jebsen und KenFM auch Thema im neulich besprochenen Podcast «Cui Bono» war, bietet es sich natürlich an, «Schlecht beraten» an dieser Folge zu messen: Kann die vierzigminütige Folge im Vergleich zur aufwändig produzierten sechsteiligen Reihe standhalten – oder müssen wir zum Schluss kommen, dass die dicken Schlachtschiffe die Konkurrenz aus den Podcast-Gewässern verdrängen werden?
Kajak gegen Podcast-Schlachtschiff
Als Fan des Graswurzel-Podcasts darf ich freudig vermelden, dass sich das kleine Kajak gar nicht so schlecht schlägt. Natürlich wird man mit weniger Details beliefert und muss sich mit einer nüchterneren Präsentation in Form eines Gesprächs mit einigen eingespielten Originaltönen begnügen. Allerdings kommen Ković und Uffer schneller auf den Punkt. Und ihre Vorgehensweise, einige Aussagen Jebsens zu zerlegen, deren Verankerung im Faktischen und die Argumentationsweise zu dekonstruieren, gefällt mir gut. Das funktioniert auch bei Daniele Ganser ausgezeichnet, wo man sich innert kurzer Zeit ein klares Bild machen kann.
Es bleibt natürlich die Frage, ob Ković und Uffer zum Chor predigen oder ob die Podcast-Folgen geeignet wären, um Leuten die Augen zu öffnen. Konkret hatte ich neulich eine Diskussion mit einem Facebook-Freund, der seinen Anhängern unbedingt ein Buch von Wolfgang Wodarg schmackhaft machen wollte. In dem geht es um Corona, und seine Thesen sind in diversen Faktenchecks hochkant durchgefallen. Und in der Jebsen-Folge werden auch ein paar seiner abstrusen Behauptungen widerlegt. Doch weil Faktenchecks in «Mainstream»-Medien für Leute wie meinen Facebook-Freund ein rotes Tuch sind, könnte vielleicht ein «alternatives Medium» wie dieser Podcast weiterhelfen?
Spott für Jebsen, Wodarg und Ganser
Allerdings gebe ich mich keinen Illusionen hin, wie schwierig es ist, Anhänger von Jebsen oder Wodarg bekehren zu wollen. Ich nehme an, dass das nicht das Ziel des «Schlecht beraten»-Pocasts ist: Denn der Spott, den sich die beiden Macher nicht immer verklemmen können, wäre für diesen Zweck kontraproduktiv – so berechtigt er auch sein mag.
Apropos Spott: Amüsant auch die Folge Der astrologische Jahresrückblick, in dem die Prognosen von Kirsten Hanser, Monika Kissling, Elizabeth Teissier fürs Jahr 2020 am Ende ebendieses Jahres unter die Lupe genommen werden. Und auch wenn das Resultat dieser Überprüfung keine Überraschung sein dürfte, so haben sie die Häme verdient. (Auch wenn es schade ist, dass drei Astrologinnen abgewatscht werden und kein einziger Mann eins auf den Deckel bekommt.)
Es bleibt bei meiner Vermutung, dass auch «Schlecht beraten» keine Wunderwaffe gegen Unsinn ist. Trotzdem werde ich den Jebsen-, Wodarg- und Ganser-Fans die entsprechenden Folgen bei nächstbester Gelegenheit gern um die Ohren hauen.
Beitragsbild: Vereinigt euch – aber bitte irgendwo, wo es kein Internet gibt (Markus Spiske, Unsplash-Lizenz).