Ein Armutszeugnis für Windows und Microsoft

Erst gabs grosse Worte, dann einen klamm­heim­li­chen Rück­zieher: Binnen Jahres­frist ver­schwin­den die Android-Apps aus dem Be­triebs­system. Das ist eine Pleite mit An­sage.

Es war eine der grossen Neuerungen von Windows 11: die Öffnung für Android-Apps. Der Chefentwickler, Panos Panay, hatte die und andere neue Funktionen im Januar 2022 als «eine neue Ära des PCs» angekündigt.

Ein Geniestreich von Microsoft? Es klang zumindest danach, als ob Microsoft eine raffinierte Methode entdeckt hätte, um das App-Angebot im eigenen Store auf einen Schlag massiv auszuweiten. Denn der konnte damals nicht einmal ansatzweise mit der Konkurrenz mithalten.

Doch aus dem Geniestreich ist ein Rohrkrepierer geworden – und ein weiterer Eintrag in der langen Liste jener Flops, die die Tech-Konzerne still und leise unter den Teppich gekehrt haben: Microsoft hat nämlich in einem verschämten Artikel mitgeteilt, das Windows Subsystem for Android (WSA) werde per 5. März 2025 eingestellt.

Über die eigenen Marketing-Versprechen gestolpert

Ich kann nicht behaupten, dass ich überrascht wäre. Im Gegenteil: Das war eine Pleite mit Ansage. Die interessante Frage ist an dieser Stelle, wie es so weit kommen konnte, wo ein dahergelaufener Blogger mehrfach auf die Probleme aufmerksam gemacht hat (und ja, ich spreche von mir):

  • Ich habe im März 2022 darauf hingewiesen, dass es nichts bringt, eine Neuerung gross anzukündigen und sie fast ein Jahr lang zu vertrödeln.
  • Als die Android-Apps im Januar 2023 auch hierzulande ausprobiert werden konnten, kam ich zum Schluss, dass der Windows-Berg ein Android-Mäuslein geboren habe. Der Amazon Appstore, den Microsoft als Bezugsquelle für die Android-Apps auserkoren hatte, war mühsam in Betrieb zu nehmen und er enthält ein, Zitat von damals, «lachhaftes Angebot».
  • Wenn man einen echten Nutzen aus dem WSA ziehen wollte, brauchte es noch viel mehr Aufwand. Man musste sich durch die Hintertür einen brauchbaren App-Store installieren und dafür tief in den Eingeweiden des Betriebssystems herumwühlen.
Der Amazon-Appstore hatte keine einzige App zu bieten, die den Aufwand gerechtfertigt hätte.

Doch selbst mit List und Tücke war das Resultat nicht richtig befriedigend. Das lag daran, dass Microsofts WSA ohne die Play-Dienste von Google auskommen musste. Das brachte es mit sich, dass viele Apps nicht richtig oder überhaupt nicht funktionierten.

Wie kommt Microsoft dazu, eine gute Idee derart dilettantisch umzusetzen? Für mich ist es klar wie Klossbrühe, dass zwei Voraussetzungen hätten gegeben sein müssen, dass dieses Unterfangen zum Erfolg geworden wäre:

  1. Die Installation einer Android-App müsste genauso einfach sein wie die einer Windows-App.
  2. Und es müsste eine für die Nutzerinnen und Nutzer sofort sichtbare Ausweitung des Angebots mit sich bringen.

Eine Chance vertan

Fazit: Eine Chance vertan. Microsoft hätte die Gelegenheit gehabt, den fliegenden Wechsel zwischen einem Android-Telefon und einem Windows-Computer zu erleichtern. Das wäre ein riesiges Bedürfnis. Es gibt zwar die Smartphone-Link-App, aber die ist nicht das Gelbe vom Ei. Es wäre perfekt, die Möglichkeit zu haben, wichtige Apps eins zu eins unter beiden Systemen zu betreiben und Daten via Cloud überall zur Verfügung zu haben.

Wenn man einen alternativen Store zum Laufen bekommt, ist das WSA ganz praktisch.

Und ja, Microsoft hat sich mit dem WSA an Entwicklerinnen und Entwickler gerichtet. Wie gross der Nutzen für die war, kann ich nicht beurteilen. Anscheinend war er nicht so gross, dass ihnen die Leute in Redmond diese schlechte Neuigkeit nicht zumuten würden. Es bleibt die Frage, warum man nicht – Achtung, schlimmes Marketing-Buzzword voraus – die Extrameile gegangen ist und das WSA zu einem Feature für die breite Masse weiterentwickelt hat. Der Aufwand wäre ich Vergleich zum Gesamtprojekt wohl bescheiden ausgefallen und die Erfolgschancen hätten sich beträchtlich erhöht.

Aber es bleibt die Erkenntnis, dass es nicht viel bringt, sich Software von anderen Plattformen «auszuleihen». Nur die nativen Apps sind in der Lage, optimal mit dem Betriebssystem zu interagieren, Dinge wie das Dateisystem adäquat zu verwenden und bei der Benutzerfreundlichkeit und Leistung zu überzeugen.

Beitragsbild: Panos Panay, der Android aus Windows rauskickt (Dall-e 3).

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