Android-Apps unter Windows 11: Bitte haben Sie weiterhin Geduld

Als heraus­ra­gen­de Neu­erung führt Micro­softs jüngstem Betriebs­sys­tem auch Smart­phone-Apps aus. Theore­tisch zu­min­dest: Es gibt die Funk­tion bislang nur in den USA und auch dort ist die Auswahl an Apps küm­merlich.

Ich bin dabei, bei Windows 11 mit den Android-Apps herumzuexperimentieren: Das ist eine der grössten Neuerungen in der neuen Version, die Windows-Chef Panos Panay höchstpersönlich mit grossen Worten angekündigt hat – «We’re also pumped to announce that we are bringing Android apps to Windows for the first time», von der bislang aber nicht das kleinste Fitzelchen zu sehen ist.

Denn wenn man sich daran macht, beispielsweise gemäss der Anleitung How to get started with Android apps on Windows 11 eine solche App zu installieren, bleibt man sogleich stecken: Und zwar bei dem Punkt, an dem man die Windows-Komponente Virtual Machine Platform installieren möchte, die leider nicht auftaucht, selbst wenn Windows 11 auf dem neuesten Stand ist.

Vorerst nur in den USA

Die Ursache ist in einem Blogpost von Microsoft zu finden: Er erwähnt en passant, dass diese Funktion erst in den USA zur Verfügung steht. Wie üblich in solchen Fällen gibt es nicht einmal eine Andeutung, wann Nutzer in anderen Ländern zum Zug kommen werden. Das ist eine schwache Leistung, wenn eine der wichtigsten Funktionen eines Updates ohne handfeste Kommunikation auf die lange Bank geschoben wird.

Doch selbst wenn die Nutzer ausserhalb der USA irgendwann mal zum Zug kommen, ist das Happy-End nicht garantiert. Für Android-Apps gelten noch einmal besondere Systemanforderungen, wie Microsoft in diesem Dokument bekannt gibt:

Es gelten zusätzliche Anforderungen: acht GB RAM, ein Solid-State-Laufwerk (SSD) und ein unterstützter Prozessor (Intel Core i3 8. Generation, AMD Ryzen 3000, Qualcomm Snapdragon 8c oder höher).

In der deutschsprachigen Version des Dokuments werden diese  zusätzlichen Anforderungen nicht spezifiziert. Es gibt stattdessen nur folgende vage Formulierung:

Es werden weitere Anforderungen erwartet, die kommuniziert werden, wenn das Produkt in ausgewählten Regionen eingeführt wird.

Mit Verlaub, das ist idiotisch. Wenn jemand jetzt einen Windows-11-Computer kauft, weil er beabsichtigt, Android-Apps auszuführen, sich der zusätzlichen Anforderungen jedoch nicht bewusst ist, dann könnte es passieren, dass er sich ein inkompatibles Modell anschafft. Das wäre massiv ärgerlich.

Wie gross die Gefahr ist, kann ich nicht abschätzen. Meine Vermutung wäre, dass sie klein ist – immerhin: Wer heute einen Computer mit weniger als acht Gigabyte RAM kauft, macht einen Fehler; ebenso, wenn er auf eine SSD verzichtet und stattdessen eine drehende Festplatte wählt.

Neue PCs sollten auch Android gewachsen sein

Auch der Prozessor sollte nicht zum Problem werden: Wenn ich diese Liste richtig lese, dann werden Intel-CPUs ab 2017 unterstützt. Wenn in einem neuen Computer ein älterer Prozessor steckt, ist die Wahrscheinlichkeit gross, dass man übers Ohr gehauen wurde. Dass die Android-Apps nicht zur Verfügung stehen, dürfte daher ein Problem sein, das hauptsächlich beim Update von Windows 10 auftritt.

Ein Pluspunkt von Windows 11: Es ist viel einfacher geworden, an die Systeminformationen heranzukommen.

Wenn man sich nun fragt, ob die Android-Apps unter Windows 11 einen echten Vorteil bringen, landet bei der Besprechung von «The Verge». Dort gibt es eine erste Überraschung. Denn das Angebot besteht nicht aus Hunderttausenden von Apps, sondern nur aus einer Handvoll:

Obwohl in der Vorschau offiziell nur fünfzig Apps verfügbar sind, konnte ich Amazons Kindle-App, die BBC Sounds-App und eine Reihe von Spielen installieren, um zu testen, wie gut Windows 11 mit mobilen Spielen zurechtkommt.

Auch da kann ich mich nur am Kopf kratzen. Was ist der Sinn einer solchen Vorschau, wenn man die Funktion nicht auf breiter Front testet? Es sollte doch darum gehen herauszufinden, welche Apps gut mit Windows 11 harmonieren und wo die Probleme liegen. Das geht aber nur, wenn die Tester möglichst viele Apps ausprobieren und auch exotische Programme examinieren.

Kein Unterschied zu normalen Programmen

Wenigstens haben die Apps, die Tom Warren von «The Verge» installieren konnten, ihn zufriedengestellt:

Sowohl auf dem Surface Pro X (einem Modell mit Arm-Prozessor) als auch auf meiner Intel-Spielekonsole liefen Apps erstaunlich gut. Ich konnte sie neben Word, Chrome und anderen Desktop-Apps ausführen, als ob es sich um normale Windows-Apps handeln würde.

Warren lobt ausserdem die Integration der Apps: Sie erscheinen in der Taskleiste und im Startmenü und in den Suchergebnissen und wirken nicht als Fremdkörper. Das gilt jedenfalls für normale Apps; Spiele hingegen überzeugen nicht:

Als ich versucht habe, vier Android-Spiele mit der Snap-Layouts-Funktion von Windows 11 auf meinem Gaming-PC nebeneinander laufen zu lassen, war eine hundertprozentige CPU-Auslastung die Folge. Das System hing komplett, bis es Sekunden später wieder zum Leben erwachte und die CPU-Auslastung auf den Normalwert zurückging.

Alles in allem ist Warrens Fazit positiv, auch wenn er die Sinnfrage stellt. Die Antwort auf die ist naturgemäss individuell: Wenn jemand seine Arbeit mit Windows-Apps bestreiten kann, dann ist gibt es keinen Grund, sich mit Android herumzuschlagen. Doch wenn der neue Store eine Lücke füllen kann, dann ist das ein echter Vorteil.

Allzu viel sollte man sich nicht erhoffen

Wenn wir in die Mac-Welt schauen, in der man seit anderthalb Jahren auch iPhone- und iPad-Apps verwenden darf, dann war das zumindest für mich nicht bahnbrechend: Da ich den Mac hauptsächlich zum Arbeiten verwende, habe ich Bedarf für Produktivitäts-Anwendungen. Und die gibt es seit jeher eher für den Desktop denn für das Tablet oder Smartphone.

Beitragsbild: Windows 11 ist anscheinend in dieser Position stecken geblieben (Jen Theodore, Unsplash-Lizenz).

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