Ein Zeichen gegen Elon Musk

Blue Blocker ist eine Browser-Erwei­terung, die auto­ma­tisch alle Per­sonen mit einem Twitter-Blue-Abo blockiert. Ich verstehe gut, warum Leute das tun – aber es gibt auch Ein­wände.

Zu einer der vielen Wendungen in der Twitter-Saga gehört die erstaunliche Wandlung des blauen Häkchens. Vor der Machtübernahme durch Elon Musk war es ein Statussymbol, eine Art Social-Media-Verdienstorden. Heute ist es eher ein Zeichen dafür, dass sich jemand für wichtig hält und gewillt ist, sich Einfluss zu erkaufen¹.

Das geht so weit, dass manche Twitter-Nutzerinnen Personen mit einem blauen Haken routinemässig blockieren. Das geht ohne Handarbeit: Wir verwenden dafür die Erweiterung Blue Blocker, die es für Google Chrome und für Firefox gibt.

Die Warteschlange mit den Blockierungs-Kandidaten.

Die tut genau das, was sie verspricht. Und das funktioniert so: Personen mit dem gekauften blauen Haken werden automatisch blockiert, sobald einer ihrer Tweets in der Zeitleiste auftaucht. Über diese Aktion informiert ein Popup-Fenster mit einem Undo-Knopf.

Das heisst, wir können die Blockade auch rückgängig machen. Das funktioniert auch dann, wenn wir das Popup-Fenster übersehen: Die Personen landen erst einmal in der Block Queue von wo sie entfernt (Remove) oder von der Sperrung ausgenommen werden können (Never block). Falls wir nichts tun, wird gesperrt.

Sollen die Promis ungeschoren davonkommen?

Wie hart Blue Blocker gegen das blaue Häkchen vorgeht, lässt sich hier einstellen.

Erwähnenswert sind die ausgeklügelten Einstellungen: Wir können die Arbeit von Blue Blocker pausieren, Personen stummschalten, statt zu blockieren und Nutzerinnen mit einer hohen Followerzahl ausklammern. Standardmässig werden Accounts mit mehr als einer Million Follower nicht gesperrt – das natürlich deswegen, weil die sich «Twitter Blue» nicht kaufen mussten, sondern von Elon Musk ungefragt geschenkt erhalten haben. Wir dürfen diese Zahl aber selbst anpassen.

Weg mit den NTF-Avataren!

Lustig auch die erweiterten Optionen. Hier gibt es u.a. die Möglichkeit

  • auch Häkchen-Accounts zu blockieren, denen wir folgen
  • oder die uns folgen.
  • Personen auf die schwarze Liste setzen, die Tweets promoten oder
  • einen NFT-Avatar haben.

So weit, so einleuchtend. Die Frage ist natürlich: Sollten wir das tun?

Es gibt gute Gründe dafür. Twitter Blue ist eine Schande für Twitter und für Elon Musk. Es geht dem Herrn Milliardär um die Monetarisierung seiner teuer erworbenen Plattform, die seit seinem Kauf einen riesigen Wertverlust erfahren hat. Dafür nimmt er billigend in Kauf, dass er extreme Stimmen fördert. Man kann ihm auch unterstellen, dass er das Ungleichgewicht mit voller Absicht fördert, weil viele der Profiteure von Twitter Blue Leute sind, die mit seiner politischen Haltung übereinstimmen.

Ein Zeichen des Protests

Der Einsatz von Blue Blocker ist ein Zeichen des Protests gegen diese mutwillige Beschädigung der Plattform und gegen die unfaire Ungleichbehandlung. Und natürlich vermindert es die Reichweite der Twitter-Blue-Nutzerinnen und -Nutzer: Ihre Tweets, die bevorzugt auch in der Für dich-Ansicht landen, werden weniger häufig ausgespielt, wenn Blue Blocker zum Einsatz kommt. Das dürfte sich auch auf den Mechanismus auswirken, der Tweets mit viel Resonanz noch weiter befördert.

Selbst verwende ich Twitter Blocker bislang nicht (bzw. nur zu Testzwecken): Ich finde weiterhin, dass ich allein entscheide, wer blockiert wird und wer nicht. Es gibt meines Erachtens auch legitime Gründe, Twitter Blue zu verwenden, sodass ich das nicht als ausreichendes Kriterium ansehe. Aber ich erlaube mir auch, jederzeit auf diesen Entscheid zurückzukommen.

Und klar: Vielleicht wird demnächst der Wechsel zu Threads von Meta die adäquate Form des Protests sein: vor allem, wenn diese Alternative so gut ist, dass wir unser Twitter-Konto ohne schlechtes Gewissen löschen können. Das bleibt abzuwarten, zumal Threads hierzulande noch nicht offiziell lanciert worden ist. Aber natürlich werde ich mir selbst einen Augenschein verschaffen. Ich habe mir inzwischen einen eigenen Augenschein verschafft und bin skeptisch.

Fussnoten

1) Das deswegen, weil zum Abo von Twitter Blue nicht bloss der blaue Verifizierungs-Haken gehört, sondern auch eine Bevorteilung durch den Algorithmus. Siehe dazu: Wie Elon Musk sich auf Twitter die Promis gefügig macht.

Beitragsbild: Dabei sieht er so hübsch aus! (Patrice Bouchard, Unsplash-Lizenz)

4 Kommentare zu «Ein Zeichen gegen Elon Musk»

  1. Von Twitter zu Threads zu wechseln, wäre ein krasser Fall von „der Feind meines Feindes ist mein Freund“. Jahrelang wurde Facebook (zu Recht!) als Datenkrake kritisiert, die Übernahmen von WhatsApp und Instagram wurden bedauert, es gab unzählige Artikel, die Alternativen empfohlen haben. Und jetzt, wo ein Spinner Twitter übernommen hat, ist das gemütliche Nest von Meta eine Alternative?

    Aus meiner Sicht ist Mastodon oder sonst was aus dem Fediverse die Alternative.

    Aber ich bin mir bewusst, dass das vielen Leuten zu kompliziert ist und da hat Threads sicher gute Chancen, indem sie gleich die Übernahme der Instagram-Kontakte anbieten können. Der Rest scheint den meisten Leuten nicht so wichtig zu sein. WhatsApp haben nach der Übernahme von Facebook auch keine zehn Prozent deinstalliert, obwohl das Geschrei sehr gross war.

    1. Sollte Threads ein Erfolg werden – was mit der Anbindung an Instagram nicht auszuschliessen ist – wäre meiner Meinung nach eine Aufspaltung des Meta-Konzerns unumgänglich. Dann würde echte Wettbewerb herrschen und Nutzerinnen und Nutzer hätten eine Wahlfreiheit.

      1. Das wäre eine Möglichkeit. Oder aber die Gerüchte stimmen und Threads wird kompatibel zum Fediverse. Dann hätte man die Wahlfreiheit zwischen „einfach, mit Tracking und Werbung“ und „selbstgehostet“. Alle könnten kommunizieren, so wie bei E-Mail. Das wäre wunderbar, aber ich glaube nicht so recht daran. Ich sehe die Vorteile für Meta nicht, Threads zu öffnen. Auf die paar Mastodon-Benutzer können sie verzichten.

  2. Bevor ich Tweets (also 99% Replies) kommentiere oder sie mir im Details antue, schaue ich immer in die Profile. Bei den Blues sowieso. Meistens sind es ja erbärmliche Accounts mit 150 Followern, welche grösstenteils aus dem selben Universum stammen oder offensichtlich Fake und Sex-Sellers sind.
    Besonders spannend sind für mich jeweils die «Auszeichnungen», wenn die besonders extremen Profile zu gefühlt > 90% von einem bekannten, ehemaligen NR der SVP aus dem Kanton Zürich gefolgt werden. Ich würde also eher gern ein Addon haben, das alle Tweets von Profilen, welchen ZAC folgt, mit einem blinkenden Banner «Bullshit» kennzeichnet. 😇

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