Onedrive ist eine Fehlkonstruktion

Aus eigen­nützi­gen Gründen hat Micro­soft seine On­line-Da­ten­ab­la­ge so kon­stru­iert, dass ver­ant­wor­tungs­volle User sie nicht ver­nünf­tig be­nutzen kön­nen. Drei Tipps, wie sich dieses Schwach­stel­le um­ge­hen lässt.

Microsofts Online-Ablage Onedrive ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie dieser Konzern dazu neigt, Produkte so zu gestalten, dass nicht die Anwenderinnen und Anwender den maximalen Nutzen daraus ziehen – sondern eben der Konzern selbst.

Lasst mich an dieser Stelle diese Behauptung begründen:

  • Was ist das Hauptinteresse des Konzerns, Microsoft? Natürlich, dass wir Nutzerinnen und Nutzer möglichst viele unserer Daten in Onedrive haben. Da die monatliche Gebühr, die wir Monat für Monat an Microsoft zahlen, von der Menge des verwendeten Speicherplatzes abhängt, bringt das einen höheren Umsatz und mehr Einnahmen.
  • Was ist unser Interesse als Nutzerinnen und Nutzer, wenn wir einen Dienst wie Onedrive nutzen? Natürlich, dass wir nicht möglichst viele, sondern genau die richtigen Daten in Onedrive haben. Es gibt wichtige Gründe, diese Online-Ablagen nur sehr selektiv zu nutzen, weil diese Daten in die Hände von Ermittlungsbehörden oder auch Betrügern gelangen können.
Das schimpft sich Backup: Wir können nur Hauptordner, nicht Unterverzeichnisse auswählen.

In unserem Interesse wäre eine selektive Synchronisation unserer Daten mit Onedrive: Wenn wir auf unserer Festplatte für jeden einzelnen Ordner angeben könnten, ob er synchronisiert wird oder nicht.

Doch diese Option gibt es nicht: Wenn wir in Infobereich rechts unten bei der Uhr aufs Onedrive-Icon klicken, dann das Zahnrad-Symbol betätigen und Einstellungen wählen, gelangen wir zu den Onedrive-Einstellungen. Hier findet sich die Rubrik Synchronisieren und sichern, in der wir den Abschnitt Wichtige PC-Ordner auf Onedrive sichern zur Verfügung haben. Wenn wir den Knopf Sicherung verwalten anklicken, erscheint ein Dialog, in der wir die Bereiche Dokumente, Bilder, Desktop, Musik und Videos zur Auswahl haben.

Keine allzu privaten Fotos in der Cloud!

Das ist sinnlos: Ich will nicht alle Dokumente sichern, sondern nur die, mit denen ich arbeite. Noch einleuchtender ist die Sache für die Bilder: Fotos, die ich für meinen Job mache, hätte ich gern in meiner Onedrive-Ablage. Sehr private Familienfotos hingegen nicht – denn wir erinnern uns daran, dass ein Vater in Teufels Küche gekommen ist, weil er den Penis seines kleinen Sohnes aus medizinischen Gründen fotografiert hat.

Das macht Onedrive aus meiner Sicht annähernd unbrauchbar. Sollten wir also die Finger von diesem Produkt lassen? Falls wir eine gute Alternative haben, dann scheint mir das sinnvoll. Falls wir aber eh für Onedrive zahlen, weil wir Microsoft 365 abonnieren müssen, dann sollten wir zusehen, dass wir auch etwas für unser Geld bekommen.

Das sind die Strategien, um die Mängel von Onedrive zu umgehen:

1) Alle Dokumente in den Onedrive-Ordner

Im Onedrive-Ordner ist selektive Synchronisation möglich.

Es gibt einen Ordner, für den Microsoft die selektive Synchronisation zulässt: Das ist der Onedrive-Ordner, der standardmässig C:\Users\[Benutzer]\OneDrive\ zu finden ist.

In den Onedrive-Einstellungen in der Rubrik Konto klicken wir auf Ordner wählen. Es erscheint ein Dialog, in dem alle bei Onedrive gespeicherten Ordner aufgelistet sind. Wir können hier auswählen, welche davon auf unserem Gerät lokal vorgehalten werden. Diese Option soll es ermöglichen, Onedrive auch auf Geräte zu nutzen, deren interner Speicher für den gesamten Cloud-Datenbestand zu klein wäre. Und wie hier erklärt, gibt es auch die Möglichkeit, Dateien nur als Platzhalter anzeigen zu lassen, sodass sie erst bei Verwendung tatsächlich geladen werden.

Wir könnten das Problem lösen, indem wir unsere Datenablage umstrukturieren. Wir lassen den Dokumentenordner künftig links liegen und packen alle unsere Daten in den Onedrive Ordner (C:\Users\[Benutzer]\OneDrive\). Dann wählen wir aus, was synchronisiert werden soll und was nicht.

Allerdings wäre abzuklären, ob es funktioniert, nur lokal vorhandene Ordner abzuwählen – falls nicht, wäre diese Lösung hinfällig. Jedenfalls zeigt sich hier ein grundsätzliches Problem: Onedrive ist im Detail nicht transparent und schwer zu verstehen.

Ich habe diese Lösung gegen meinen Willen ausprobiert, als ich die neue Windows-Sicherungs-App ausprobiert habe. Das hat meinen Unmut gegen Onedrive massiv verstärkt. Das ganze Drama gibt es im Beitrag Microsofts neue Sicherungs-App ist ein Totalschaden zu lesen.

2) Wir fahren zweigleisig

Falls wir die althergebrachte Lösung nicht aufgeben möchten, könnten wir unsere Dateiablage aufteilen:

  • Offline: Die Dateien und Dokumente, die nicht in der Cloud landen sollen, haben wir weiterhin unter C:\Users\[Benutzer]\Dokumente\, unter C:\Users\[Benutzer]\Pictures\, C:\Users\[Benutzer]\Videos\ und C:\Users\[Benutzer]\Music\.
  • Online: Alles, was via Cloud verfügbar sein soll, landet unter C:\Users\[Benutzer]\OneDrive\.

3) Wir verwenden symbolische Links

Der dritte Tipp ist etwas für Nerds. Wir belassen die Datenstruktur, wie sie ist – aber für alle Ordner aus unseren angestammten Dateiablage, die bei Onedrive verfügbar sein sollen, platzieren wir einen symbolischen Link im Onedrive-Ordner¹.

Diese Links dienen als Referenz. Sie sorgen dafür, dass es fürs Betriebssystem und Onedrive so ausschaut, als ob die fraglichen Ordner oder Dateien an der fraglichen Stelle im Dateisystem gespeichert wären. Sie werden entsprechend normal synchronisiert und landen in der Cloud.

4) Wir versuchen unser Glück mit einer Dritt-App

Diese Lösung ist mir vielversprechend. Ich habe derzeit folgende Lösungen, die teils unkonventionell, teils sehr nerdig sind – aber für Leute, die auf eine selbstbestimmte Cloud-Nutzung dennoch ihren Reiz haben mögen:

Fazit: Welches ist die beste Lösung?

Ein guter Kompromiss ist Lösung drei². Sie erlaubt es, die Datenstruktur so beizubehalten, wie wir sie haben wollen. Das sollte die Minimalforderung sein, weil wir uns nicht von Microsoft vorschreiben lassen wollen, wie wir die Festplatte organisieren.

Diese Methode funktioniert okay, aber nicht tadellos. Das Hauptproblem beschreibe ich hier: Die verlinkten Inhalte werden nicht kontinuierlich synchronisiert, sondern nur nach dem Start von Onedrive. Warum das so ist, habe ich bislang nicht herausgefunden. Vielleicht handelt es sich um eine Schikane von Microsoft für Leute wie mich, die Onedrive nicht so nutzen, wie beabsichtigt – doch nach Hanlon’s Razor dürfen wir auch einfach Schlamperei vermuten.

Ich habe auch ausprobiert, ob es mit harten Links (Hardlinks) klappen würde. Das Problem ist allerdings, dass sich die nur für einzelne Dateien, nicht aber für Ordner anlegen lassen.

Was Onedrive angeht, bleibt die Kritik bestehen: Die Funktionsweise ist nicht mehr zeitgemäss. Sinnvoll wäre, den separaten Ordner aufzugeben und stattdessen im normalen, lokalen Benutzerverzeichnis für jeden Ordner und/oder jede Datei eine Option einzuführen, ob eine Synchronisation stattfinden soll oder nicht. Ich operiere daher derzeit mit Lösung vier, also den Drittdiensten – aber, ohne dass sich ein klarer Favorit herausgeschält hätte.

Fussnoten

1) Diese symbolischen Links sind eigentliche Wunderwaffen: Sie erlauben es uns, Programme auszutricksen, die auf feste Pfade angewiesen sind. Man kann den Trick auch für Dropbox verwenden und es ist möglich, Ressourcen wie Benutzerbücher zu synchronisieren, auch wenn ein Programm diese Synchronisation von Haus aus nicht vorsieht.

Bei Windows werden die symbolischen Verknüpfungen (auch Symlink genannt) an der Eingabeaufforderung über den Befehl mklink erzeugt. Der Befehl, um einen Symlink im Onedrive-Ordner zu erstellen, lautet wie folgt (die kursiven Teile sind Platzhalter für die eigentlichen Ordner):

mklink /j "%UserProfile%\OneDrive\ordner" "Pfad zum Ordner in der Dateistruktur"

Am Ziel darf der fragliche Ordner nicht vorhanden sein. Am Mac verwenden wir entweder das Programm Symbolic Linker (zwei Franken im Mac App Store) oder den ls-Befehl am Terminal:

ln -s [Quelle] [Ziel]

Übrigens: Mit Verknüpfungen bei Windows bzw. Aliassen beim Mac funktioniert es nicht: Onedrive synchronisiert dann nur die Aliasdatei, nicht aber den Inhalt, auf den das Alias verweist.

2) Das müsste inzwischen in der Vergangenheit formuliert sein. Ich habe mich so über Onedrive aufgeregt, dass ich mein Konto entkoppelt und die Onedrive-App gelöscht habe. Dazu in einem eigenen Beitrag demnächst mehr!

Beitragsbild: Microsofts Bauplan für Onedrive – Symbolbild (Qimono, Pixabay-Lizenz).

2 Kommentare zu «Onedrive ist eine Fehlkonstruktion»

  1. Für das Erkennen von Änderungen gibt es FileSystemWatcher. Damit kann eine Anwendung dem Betriebssystem mitteilen, sie möchte bitte über Änderungen an Dateien in einem gewissen Verzeichnis (optional inkl. Unterverzeichnisse) benachrichtigt werden. Das ist sehr effizient. OneDrive wird sich darauf verlassen, denn alle paar Sekunden von allen Dateien im OneDrive-Verzeichnis das Änderungsdatum abzufragen, würde zu viel Last erzeugen.

    Der FileSystemWatcher unterstützt aber leider keine Symlinks. Würde er das, wäre er wesentlich komplexer, da die Ziele von Symlinks auf anderen Dateisystemen liegen können oder es Endlosschleifen geben könnte.

    Du hast es wahrscheinlich schon mitbekommen: Seit wenigen Monaten gibt es einen Windows-Client für Proton Drive. Bei diesem kann man die zu synchronisierenden Verzeichnisse auswählen. Die gesamte Organisation ist etwas anders, die Daten sind nach PC geordnet.

    Evtl. wäre das einen Blick (und einen Test) wert?

    Ich habe mit „Selbst-Hosting“ nahezu aufgehört, habe aber gewisse Vorbehalte gegen Google Mail und Microsoft OneDrive, deshalb habe ich zu Proton gewechselt. Das ist fast wie selbst gehostet. E-Mail, Kalender, Datenablage, Passwortmanager, VPN für CHF 20 / Monat für die ganze Familie. Seit sie SimpleLogin übernommen und integriert haben, kann man direkt aus dem Browser heraus temporäre E-Mail-Adressen erstellen.

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