Der Font ist die Botschaft

Die «Greta Grotesk» und vier weitere politische Schriften – also Com­puter­fonts, die schon von sich aus eine be­stimm­te Ideo­logie trans­por­tie­ren.

Können Buchstaben politisch sein? Klar, werden die meisten nun sofort sagen – zumindest, wenn diese Buchstaben dazu verwendet werden, eine politische Botschaft zu transportieren. Also  irgend eine Pamphlet, Manifest, eine Streitschrift oder ein Aufruf, eine Deklaration – und was es sonst noch so gibt.

Aber ich meine nicht den Inhalt, sondern die Buchstaben selbst. Und natürlich – auch da gibt es «politische» Fonts.

Das jüngste Beispiel ist die «Greta Grotesk». Das ist die digitalisierte Schreibschrift von Greta Thunberg, die anhand ihrer Schulstreik-Plakate entstanden ist. Die Geschichte lässt sich auf fastcompany.com nachlesen:

Die Schrift wurde vom ehemaligen Kreativdirektor und Ausbilder an der School of Visual Arts, Tal Shub, zusammen mit einem Team von Mitarbeitern seiner klimaorientierten Designfirma Uno entworfen. Die Gruppe war von Gretas Aktivismus inspiriert und wollte ihn mit dieser Schrift hochleben lassen. «Vom ersten Moment, als ich ihr Schild sah, war ich wirklich beeindruckt von dem kühnen Design und der Klarheit der Botschaft», sagt Shub. «Es schien mir nur richtig, die Buchstaben der kraftvollen Worte, die diese Bewegung initiierten, für jedermann zugänglich zu machen».

Da nicht alle Buchstaben auf Gretas Plakaten zu finden waren, mussten die Schriftgestalter einige Zeichen dazu erfinden.  Zum Beispiel fehlte das M. Das wurde anhand des Ws extrapoliert. Das O musste fürs Q herhalten.

Es sieht zumindest authentisch aus

Ob das dazu ausgedachte Strichlein so passt, wissen nur Greta und ihre Lehrer, die abseits von Schulstreiktagen handschriftliche Dokumente von ihr gesehen haben. Aber auf mich wirkt es authentisch – eine ausladende Girlande würde nicht zum restlichen Erscheinungsbild der Schrift passen.

Die Greta Grotest – ein Beispiel.

Die Greta Grotesk gibt es als Gratis-Download – und sie funktioniert bei Windows und Mac. Und mit einem kleinen Trick bekommt man sie auch aufs iPad oder iPhone.

Zum Stichwort der politischen Typografie habe ich seinerzeit auch für den Publisher ein Beispiel vorgestellt. Der Beitrag ist leider nicht mehr online, darum zitiere ich mich hier selbst:

Die «Gilbert» ist eine der ersten Farbschriften überhaupt – und sie ist vom Fleck weg so etwas wie eine typografische Ikone geworden. Sie ehrt nämlich den amerikanischen Künstler Gilbert Baker, der am 31. März 2017 gestorben ist. Er hat die Regenbogenfahne entworfen, die weltweit als Symbol für Frieden, Aufbruch und Toleranz verstanden wird. Baker hat sie 1978 für den Gay Freedom Day entworfen und sie ist auch ein Symbol für die Lesben- und Schwulenbewegung.

So ist die «Gilbert» natürlich eine politische Schrift. Sie sei für markante Schlagzeilen und Parolen gemacht, die auf Plakaten und Transparenten prangen, die an Kundgebungen und Protesten geschwenkt werden, heisst es auf typewithpride.com.

Auf der Website gibt es auch die Schrift zum Download.

Was sonst gäbe es noch für politische Schriften? Zum Beispiel die «Communist», die man bei fontsquirrel.com herunterladen kann. Oder die gotischen Fonts, gelegentlich auch «Jackboot Fonts» genannt, mit denen man «Mein Kampf», aber keine Friedensbotschaft setzen könnte.

Die kleine Hand des Dondald T.

Oder schliesslich auch «Tiny Hand», die digitalisierte Handschrift von Donald Trump. Sie basiert, zumindest gemäss diesem Beitrag von buzzfeednews.com auf den handschriftlichen Notizen des Potus, die offenbar bei einer Debatte abgelichtet worden sind:

Ich war nicht nur von der eigentümlichen Übergabe der Notizen beeindruckt, sondern auch von der eigentümlichen Art, wie Trump das Alphabet schreibt. In diesem Moment war mir klar – wie es Ihnen, lieber Leser, sicherlich auch Ihnen klar sein muss –, dass ich eine Schrift nach der Handschrift von Donald Trump anfertigen musste.

Besorgen kann man sie sich via Dropbox.

Beitragsbild: Leider der falsche Font! (Markus Spiske, Unsplash-Lizenz)

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