Lob und Kritik für Apple Health

Fitness- und Gesund­heits­daten auf dem iPhone zu sam­meln, hat sich bewährt. Trotzdem ist diese zen­tra­le Daten­bank aus­bau- und ver­bes­se­rungs­fähig.

Eine der tollsten Erfindungen, die Apple in den letzten Jahren gemacht hat, ist … nicht die Computerbrille. Die Vision Pro muss sich erst noch bewähren. Nein, ich meine Healthkit als zentrale Ablage für Fitness- und Medizindaten – und die Idee, das Smartphone zu einer Art Gesundheits-Hub weiterzuentwickeln.

Das ist zwar naheliegend, weil das Smartphone zu einem persönlichen Begleiter geworden ist, das auch mit Fitnessarmbändern, den smarten Uhren und all den anderen Wearables korrespondiert. Trotzdem hätte dieses Unterfangen auch scheitern können: Denn diese Daten sind nicht nur sehr begehrt, sondern eben auch sehr persönlich und besonders heikel.

Aber Apple hat es seit Einführung der Health App 2015 in iOS 9 geschafft, sich des Vertrauens von uns Nutzerinnen und Nutzern für würdig zu erweisen. Und auch die Dritt-Unternehmen haben sich auf Healthkit eingelassen.

Schutz vor Datenverlust

Das hat die Situation im Vergleich zu den Anfangszeiten des Quantified Self beträchtlich verbessert. Ich habe 2013 damit angefangen, doch die Daten, die ich mit dem Jawbone Up-Armband und der Moves-App gesammelt haben, sind zusammen mit diesen Produkten selbst im Orkus verschwunden¹. Schade – aber heute bietet Apples Gesundheits-Plattform ein wirksamer Schutz vor Datenverlust. Denn selbst wenn der Hersteller eines solchen Gadgets verschwinden sollte, bleiben die Daten dank Synchronisation mit Healthkit erhalten.

Via Health habe ich eine Statistik, die fast zehn Jahre zurückreicht. In den Anfangszeiten ist sie wohl lückenhaft. Ich kann nicht mehr hundertprozentig nachvollziehen, woher die Daten jeweils stammten. Trotzdem finde ich es toll, die Entwicklung über einen längeren Zeitraum nachverfolgen zu können. Das erlaubt Rückschlüsse auf die Veränderungen beim Lebenswandel und zeigt unmissverständlich, dass bei mir die Gamification verfangen hat und ich zu denen gehöre, die sich dank der Schrittzählerei tatsächlich mehr bewegen.

Darum könnten meinetwegen noch viel mehr Daten in diese Health-App fliessen. Ich denke besonders an die medizinischen Daten. In einer idealen Welt würde das – nach meiner Vorstellung – so funktionieren: Wenn ich eine Untersuchung bei meinem Arzt machen lasse, sollte ich hinterher die Resultate in digitaler, maschinenlesbarer Form erhalten und sie durch einen simplen Importvorgang in meine Health-App verfrachten. Von dort aus könnte ich sie auch an einen Spezialisten weitergeben, was effektiv einem elektronischen Patientendossier entsprechen würde.

Eher bürokratischer Wahnsinn als informationelle Selbstbestimmung

An dieser Stelle besteht die Gefahr einer uferlosen Diskussion darüber, wie ein solches Dossier aussehen müsste und wer es betreiben sollte. Wer dagegen ist, dass ein Privatunternehmen diese Informationen hütet, sollte hier nachlesen, wer das in der Schweiz tut. Es gibt inzwischen ein halbes Dutzend Anbieter für solche Dossiers. Sie haben so klingende Namen wie Cara, Emedo, Esanita, Abilis und Sanela, und wenn ich beim einen oder anderen nachlese, wie die Prozedur zur Eröffnung des Dossiers aussieht, dann erweckt das bei mir eher den Eindruck von bürokratischem Wahnsinn als von informationeller Selbstbestimmung. Wenn das der Massstab ist, würde ich mein Patientendossier doch lieber auf meinem eigenen Raspberry Pi hosten.

Ich bin vom Thema abgekommen. Ich wollte noch kurz erklären, was ich an Apple Health bislang nicht so gelungen finde. Das ist die Health-App selbst. 2015 habe ich geschnödet, diese App sei ein Witz. Inzwischen ist es etwas besser geworden. Trotzdem sehe ich ein grosses Verbesserungspotenzial: Konkret wünsche ich mir eine Startseite, auf der ich sowohl die Datenquellen als auch die Darstellung frei wählen und konfigurieren kann.

Die Health Stats-App liefert einen schnellen Überblick

Die Health Stats-App verrät: In den letzten zehn Jahren bin ich einmal um die Erde spaziert.

Immerhin gibt es Dritt-Apps, mit denen sich gewisse Mankos ausbessern lassen. Ich empfehle nach wie vor Health Fit, auch wegen Auswertungsmethoden wie der Heatmap oder der Eddington-Skala.

Und einen Download wert ist auch die Health Stats-App. Sie zeigt auf der Startseite diverse Werte aus der Sammlung der Fitnessdaten: Anzahl Schritte, Gesamtdistanz fürs Rennen und Spazieren, Anzahl Stufen, Intensitätsminuten, Kalorienverbrauch, plus die Daten zu einzelnen Sportarten wie Laufen, Schwimmen, Velofahren und Fitnesstrainings.

Der Clou ist nun, dass wir über den Knopf rechts oben das Zeitintervall für die Auswertung wechseln dürfen: Nebst Heute und Gestern stehen auch aktuelle Woche, Monat, Quartal, Jahr, sowie die letzten sieben, dreissig, neunzig und 365 Tage zur Auswahl. Mit Lifetime sehen wir den ganzen Datenbestand und via Custom Range dürfen wir eine eigene Zeitdauer wählen.

Gute Velo-Zeiten, schelchte Velo-Zeiten …

Wenn wir einen Eintrag antippen, sehen wir eine Aufschlüsselung über die gewählte Zeitdauer: Bei Tag erfolgt die in Stunden, bei Lifetime nach Jahren.

Die App ist kostenlos, aber in der Gratisvariante stehen nur die Ansichten Tag und Lifetime zur Auswahl. Für die Vollversion zahlen wir 15 Franken als einmaliger In-App-Kauf. Mit der Vollversion können wir auch wählen, welche Datensets angezeigt werden und welche nicht.

Zwei Kritikpunkte:

  • Es sollte möglich sein, in der App die Datenquellen auszuwählen und andere auszuschliessen. Da ich phasenweise die Garmin-Uhr und die Apple Watch parallel benutzt habe, wurden während etwa anderthalb Jahren Aktivitäten doppelt aufgezeichnet – und das verfälscht das Bild doch gewaltig.
  • Ausserdem fehlt ein Widget: Ich würde gerne zwei, drei dieser Datensätze auf dem Homescreen sehen.

Fussnoten

1) Um präzise zu sein: Die Moves-Daten habe ich noch, weil ich sie als alter Backup-Neurotiker damals rechtzeitig exportiert habe. Sie liegen in einer Json-Datei auf meiner Festplatte und könnten theoretisch in Apple Health importiert werden, wenn man sich dafür die passende Importschnittstelle zurechtschustern würde. Aber das ist ein Projekt für die Pensionierung.

Beitragsbild: Was wäre der Sport ohne die Daten, die dabei gesammelt werden (Fitsum Admasu, Unsplash-Lizenz)

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