Das unterschätzte Phänomen der Youtube-Blackouts

Bei Youtube kom­men täglich x Qua­dril­lio­nen neuer Videos dazu. Aber es gibt auch ständig Ab­gänge. Lässt sich das Problem quan­ti­fi­zie­ren? Und finden wir heraus, welche Clips sang- und klanglos ver­schwin­den?

Das Internet ist ziemlich vergesslich – und Youtube könnte man fast schon als dement bezeichnen. Viele der Clips, die dort hochgeladen wurden, sind längst wieder verschwunden.

Es gibt Youtuber, die ihre Werke oder gleich das Nutzerkonto löschen. Über die Gründe können wir nur spekulieren: Doch ein Grund wird hoffentlich darin liegen, dass zumindest einige von uns mit dem Alter klüger werden. Da kommt es gelegen, dass sich nicht viele Jugendsünden so leicht beseitigen lassen wie ein unbedachter Youtube-Upload. Und auch die Betreiberin selbst ist nicht unschuldig an dem Phänomen. Sie ahndet Verstösse gegen das Urheberrecht oder die Community-Richtlinien mit der Beseitigung der Corpus Delicti.

Wie gross ist dieser Youtube-Friedhof?

Ich habe versucht herauszufinden, wie gross die Zahl der Videos ist, die über die Klinge springen mussten. Auch interessant wäre, wie das Verhältnis zwischen verfügbaren und verschwundenen Titeln ist. Ich habe weder Zahlen noch überzeugende Spekulationen zu dieser Frage gefunden.

Youtube gibt an, wie viele Videos in einem Kanal fehlen – doch welche das sind, erfahren wir nicht.

Da ich das unbefriedigend fand, habe ich mir meine alten Wiedergabelisten angeschaut. Einige davon habe ich kurz nach meiner Anmeldung bei Youtube angelegt, die ungefähr vor 17 Jahren stattgefunden hat. Nachdem meine erste Euphorie abgeflaut war, habe ich viele von denen nicht mehr gepflegt. In meiner Liste «Alt und abgehangen» finden wir daher Clips, die mindestens 13 Jahre auf dem Buckel haben. In ihr sind noch vierzig Videos vorhanden, während «14 nicht verfügbare Videos nicht angezeigt werden», wie Youtube mitteilt. Wir können bei dieser Stichprobe von einer Verlustrate von 25 Prozent ausgehen.

Lücken und Löcher tun sich auf

Klar: Viele dieser Abgänge sind kein grosser Verlust für die Menschheit. Trotzdem hat das Phänomen einige negative Auswirkungen:

  • Auf Websites und Blogs, wo die Videos eingebettet sind, entstehen hässliche Lücken und Löcher.
  • Und wenn wir Videos als Beleg oder gar als Beweismittel verwenden, stehen wir blöd da, wenn sie uns abhandenkommen.

Darum meine Empfehlung, wichtige Videos immer offline zu sichern. Wir können dafür eine Browser-Erweiterung wie Flash- und Video-Download oder ein alternatives Frontend wie Invidio benutzen (siehe auch: Selbst speichern, was man wirklich braucht).

Zurück zu den Lücken und Löchern: Existiert eine Möglichkeit herauszufinden, worum es bei einem verschwundenen Video ging? Können wir zumindest den Titel oder den Namen des Urhebers herausfinden? Das wäre für eine Einordnung wichtig.

Methoden, um nach verschwundenen Videos zu forschen

Ich habe mich das in letzter Zeit schon einige Male gefragt, nachdem ich auf meinen eigenen Websites anstelle der eingebetteten Clips nur noch ein schwarzes Loch vorgefunden habe. Ein Beispiel von vielen gibt es hier.

Die kurze Antwort ist: Nein, ich habe keine Methode gefunden, die in jedem Fall funktioniert.

Wir können natürlich eine Websuche nach der Original-URL durchführen, wobei die Empfehlung lautet, nicht die ganze Adresse zu verwenden, sondern nur den Teil mit der Video-ID. Wir googeln somit nicht https://www.youtube.com/watch?v=WmPZmmCQZig, sondern v=WmPZmmCQZig. Bei populären Videos dürfte das Fundstellen hervorbringen, die weitere Rückschlüsse zum Inhalt erlauben.

Eine Chance besteht auch bei den bekannten Webarchiven wie Archive.org (Wie man tote Websites ausgräbt).

Und über recovermy.video haben wir die Möglichkeit, bestimmte Youtube-Wiedergabelisten aktiv überwachen zu lassen. Falls ein Video daraus verschwindet, werden wir informiert und erfahren auch, welches Video sich in Luft aufgelöst hat.

Vorsorge treffen!

Es bleibt dabei, dass Youtube selbst keine Informationen zu den gelöschten Clips herausrückt. Ist das sinnvoll? Ich kann damit leben, dass Videoproduzenten auch die Gelegenheit haben wollen, ein Werk zurückzuziehen. Aber der Titel und die Beschreibung – allenfalls auch die Kommentare –, sollten aus dokumentarischen Gründen erhalten bleiben.

Darum ein Tipp: Wenn ein Video für einen Blogpost, einen Artikel oder sonst in einem Kontext wichtig ist, dann unbedingt nicht nur den Link, sondern auch die wichtigsten Metadaten erfassen. Zu denen zähle ich Titel, Beschreibung, Urheber und Veröffentlichungsdatum.

Beitragsbild: Auf manchen Kanälen ist bei Youtube auch mal Sendeschluss (Dall-e 3 mit dem Prompt «Please create me an image with at least twenty different television sets, stapled unevenly on top of each other. Some of the screens show different programs, but about a third of the screens are blank. The background is black and the only source of light are the tvs; rendered in a dark, realistic form»).

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