Wie nutzlos ist die Windows-Taste?

Auf fast allen Tastaturen von Windows-PCs gibt es einige spezielle Tasten. Braucht es die wirklich? Das fragen wir uns erstens anhand der Menütaste.

Um die Frage im Titel gleich zu beantworten: Nicht so nutzlos wie die Menütaste.

Diese Menütaste steckt rechts neben der Leertaste zwischen Alt Gr und Ctrl. Sie bringt das Menü zum Vorschein, das an der Cursorposition bei einem Rechtsklick angezeigt werden würde. Das ist theoretisch eine gute Idee. Diese Taste könnte ein Wegbereiter für eine konzentrierte Arbeitsweise sein. Zum Beispiel bei Microsoft Office. Da gibt es den Fokusmodus. Er reduziert die sichtbare Benutzerschnittstelle auf das absolute Minimum.

Die minimalistische Ansicht ergibt Sinn

Ich halte das für die sinnvollste Neuerung der letzten Jahre. Man hat keine Bedienelemente vor Augen, sondern nur sein Dokument. Der Knackpunkt ist bekanntlich, dass man diese Bedienelemente nicht so oft benötigt. Sie sind aus Marketing-Gründen prominent platziert: Der Nutzer soll sehen, was die Software alles kann und wie viel Gegenwert er für den Kaufpreis die Softwaremiete bekommt.

Wenn ich einen Text schreibe, dann benötige ich in aller Regel nur ein paar wenige Formatierungsbefehle. Die Momente, bei denen ich in die Menüs abtauche oder das Menüband strapaziere, sind selten: Das passiert dann, wenn ich einem Dokument den letzten Schliff gebe oder dann doch einen Serienbrief produziere (was das letzte Mal ungefähr 2004 vorgekommen ist).

Klar – andere Leute haben andere Bedürfnisse. Aber der Spagat, die unterschiedlichen Ansprüchen und Bedienungsszenarien unter einen Hut zu bringen, ist nun einmal die Herausforderung bei einer Software mit einem universellen Anspruch, so wie Word. Die Amerikaner nennen die Bedienelemente übrigens Screen clutter. Die treffende Bezeichnung würde ich mit Bildschirmmüll übersetzen.

Keine Menüs, keine Symbolleiste – aber wie arbeitet man so?

Also, der Fokusmodus – und die Vollbild-Modi, die es inzwischen bei vielen Programmen gibt, blenden das alles aus. Nun hat man allerdings ein Problem: Man muss entweder die Tastaturkürzel für alle wichtigen Befehle kennen. Oder man wedelt dann doch ständig mit der Maus herum, um die ausgeblendeten Elemente (meist per Wischen an den Rand) wieder einzublenden.

Da käme die Menütaste wirklich gelegen: Man drückt sie – und sieht in einem Kontextmenü die wichtigsten Befehle, die gerade relevant sein könnten. Da man dieses Menü auch hervorragend mit den Pfeil- und der Entertaste bedienen kann, muss man noch nicht einmal zur Maus greifen. Das ermöglicht eine effiziente, gezielte Arbeitsweise.

Das klingt alles toll – und nach einem grossen Widerspruch zu meiner anfänglichen Behauptung, die Taste sei nutzlos. Das Problem ist die Bestückung dieses Menüs. Beispiel Word:

Das Kontextmenü in Word, das auch die Menütaste zum Vorschein bringt.

Zuoberst steht in dem Menü der Ausschneiden-Befehl, der inaktiv ist, weil nichts markiert ist. Darunter der Kopieren-Befehl. Er ist ebenso inaktiv, wenn nichts in der Zwischenablage steckt. Beide Befehle verwendet man sehr viel einfacher und schneller über die Tastaturkürzel Ctrl + x und Ctrl + v.: Die ersten beiden Zeilen sind schon einmal verschenkt.

Nicht zu Ende gedacht

Die Einfügeoptionen darunter könnten sinnvoll sein. Zumindest dann, wenn man nicht eh besondere Tricks fürs Einfügen ohne Format verwendet.

Den Menüpunkt Schriftart brauche ich ganz bestimmt nicht, weil ich konsequent die Formatvorlagen nutze und darum höchst selten eine Schriftart als Direktformatierung zuweise. Das gilt auch für den Punkt darunter, Absatz. Auch die Absatzeinstellungen sollte man nur dann anfassen, wenn man die Absatzvorlagen für sein Dokument bearbeitet: Das passiert entweder vor oder nach dem Schreiben. Die Befehle dazu benötigt man nicht in diesem Menü, weil die gestalterische Arbeit nicht unbedingt im Fokusmodus abhalten muss.

Daraus ergibt sich, dass die Formatvorlagen unbedingt in diesem Menü zur Verfügung stehen müssten. Für Leute, die einigermassen professionell schreiben, sind sie unverzichtbar und müssen so einfach wie möglich zugänglich sein. Stattdessen ist auch dieses Menü mit sinnlosen Dingen zugecluttert.

Als einigermassen nützlich erachte ich erst die Befehle, die ab Menüposition sieben vorhanden sind: Intelligentes Suchen, Synonyme, Übersetzen, Link und Kommentar.

Eine gute Idee, mies umgesetzt

Darum das Fazit: Die Menütaste ist eine hervorragende Idee, die leider ganz mies umgesetzt wurde. Sie zeigt einfach das klassische Rechtsklick-Kontextmenü an. Doch das hat einen anderen historischen Hintergrund und ist nicht auf die konzentrierte, ablenkungsfreie Arbeit zugeschnitten.

Bleibt die Frage: Kann man das Menü wenigstens anpassen? Die Antwort ist ein Nein. Und es kommt noch schlimmer: Das Menü unterscheidet sich nämlich von dem, das bei einem Rechtsklick erscheint. Wenn man mit der Maus arbeitet, erscheint dieses Menü hier, das auch Formatierungsbefehle und die Formatvorlagen anbietet:

Wenn man mit der Maus und der rechten Maustaste operiert, erscheint dieses Menü hier.

Dieses obere Band wäre ungefähr das, was ich brauchen würde. Da ich oft mit Aufzählungen und ähnlichen Dingen arbeite, würde ich Punkte gerne ein- und ausrücken können. Doch eben: Dazu muss ich klicken und kann nicht die Menütaste verwenden.

Mir ist völlig schleierhaft, was sich Microsoft dabei gedacht haben könnte. So ist diese Taste einfach komplett nutzlos. Entweder ist meine Arbeitsweise so anders als die der durchschnittlichen Nutzer. Oder man steht in Redmond auf dem Schlauch.

Wie auch immer: Morgen geht es dann wirklich um die Windows-Taste.

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